Wolfskrieger: Roman (German Edition)
lassen. Schließlich richtete er den Mann auf und legte ihn quer über den Sattel eines Pferds. Unter dem Bauch des Tiers verband er die Füße mit den Händen und schlang ihm noch einmal das Seil um die Hüfte. Dann verknotete er das Seil am Sattelknauf und an der Hinterpausche. Der Wolfsmann war schlaff, als sei er tot. Vali verschnürte ihn gut, damit er nicht herunterfiel.
Als er mit seinem Werk zufrieden war, band der Prinz die Zügel des zweiten Pferds an seinen Sattel, stieg auf und trat den Heimweg an. Irgendwo in den schwarzen Bergen hörte er die Wölfe rufen. Im Trab ritt er das Tal hinunter. Je schneller er dieses Land verließ, desto besser.
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Eine Verlobung
D ie Neuigkeit von seiner Rückkehr breitete sich wie ein Lauffeuer aus, kaum dass er die äußeren Gehöfte passiert hatte. Als er Gabelbarts Halle erreichte, hatten sich die Einwohner von Eikund schon in großer Zahl versammelt.
Er war auf direktem Weg geritten, ohne bei Disa haltzumachen. Allerdings hatte er den ersten Einwohner, der ihm begegnet war, nach ihr gefragt und erfahren, dass es ihr sehr schlechtging. Er hielt es für besser, ihr im Augenblick keinen Besuch zuzumuten, und beschloss zu warten, bis sich die Aufregung, die mit seiner Ankunft einherging, wieder gelegt hatte. Er schickte allerdings einen Boten, der sie über seinen Erfolg unterrichten sollte. Alle Kinder der ganzen Gegend rannten vor ihm her, riefen und johlten und nannten ihn einen Helden. Einige berührten sogar den Wolfsmann, als er vorbeikam, oder warfen mit Dreck und verfluchten ihn. Frauen stießen Verwünschungen aus und schlugen ihn mit Stöcken. Vali musste ihnen befehlen, damit aufzuhören, denn sie verschreckten auch die Pferde. Die Männer standen mit verschränkten Armen da, schüttelten die Köpfe und lachten. Sie hatten Vali anscheinend falsch eingeschätzt und waren froh, sich geirrt zu haben. Endlich hatte er etwas getan, das sie verstanden. Ein oder zwei Bauern kamen mit Messern und riefen, sie wollten den Wolfsmann auf der Stelle töten. Vali zog das Schwert, und sie wichen zurück. Sie wollten ihm den Ruhm streitig machen, dachte er. Wenn sie einen Wolfsmann töten wollten, dann sollten sie doch ausziehen und selbst einen fangen.
Für den Heimweg hatte Vali zwei Wochen gebraucht. Die Rückreise war in gewisser Weise schwerer gewesen als der Hinweg. Als er Eikund verlassen hatte, war er wie betäubt gewesen und hatte sich über die Richtung keine Gedanken gemacht. Auf dem Rückweg fehlte ihm diese Hilfe, und er musste sich den Weg selbst suchen. Allerdings erkannte er das Land wieder, durch das er schon einmal gereist war, und im üppigen Sommer waren seine Spuren deutlich zu sehen – Hufabdrücke seiner Pferde, angeknabberte Büsche und Pferdeäpfel, wo er gelagert hatte. Es gelang ihm sogar, die Reise abzukürzen und sich von Fischern über einige Fjorde rudern zu lassen. Als sie seinen Gefangenen sahen, wollten sie nicht einmal eine Bezahlung annehmen, sondern waren froh, dass er sie von dem gefährlichen Räuber befreit hatte.
Es hatte praktische Schwierigkeiten gegeben. Nach einem Tag war der Wolfsmann wieder aufgewacht, und Vali hatte sich gezwungen gesehen, das Pferd, das der um sich tretende Mann nervös machte, etwas strenger zu führen. Vali hatte mit dem Mann geredet, woraufhin er sich beruhigt und sein Schicksal hingenommen hatte wie ein wildes Tier. Die Wölfe hatten ihn begleitet. Tagsüber hatte er nichts von ihnen gesehen, obwohl er ständig das Gefühl gehabt hatte, beobachtet zu werden. In der langen Dämmerung hatte er sie jedoch in den Bergen gehört und damit gerechnet, dass der Wolfsmann antwortete. Vali wusste, dass es Hexer gab, die angeblich Wölfe befehligten. Er hatte beschlossen, seinen Gefangen zu töten, falls er um Hilfe rief, doch der Wolfsmann hatte geschwiegen.
Außerdem hatte es sich als mühsam erwiesen, am Abend die Pferde abzurüsten und den Wolfsmann jeden Morgen wieder in den Sattel zu setzen. Von diesen Schwierigkeiten abgesehen, war die Reise jedoch glatt verlaufen. Wenn sie an Gehöften vorbeigekommen waren, hatte Vali um Proviant gebeten. Die Bauern hätten ohnehin jeden Reisenden versorgt, doch beim Anblick des Räubers, den der Prinz gefangen hatte, waren sie so begeistert gewesen wie die Fischer und hatten großzügig die besten Speisen aufgetischt. So hatte Vali häufig gut gegessen.
Anfangs war er fast schadenfroh gewesen, weil der Wolfsmann sich auf dem Sattel einige Stellen wundgerieben
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