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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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bei einem Fest die Gäste begrüßt, statt wie ein Krieger im Feld. Er redete mit jemandem – es war eine höchst seltsame Gestalt. Einen solchen Mann hatte Vali noch nie gesehen. Offensichtlich ein Fremder, denn er trug eine blaue Jacke, ein blaues Hemd und ebensolche Hosen, alles mit roten Borten versehen. Auf dem Kopf hatte er eine blaue Kappe, die sich oben zu einem vierzackigen Stern verjüngte, der ein wenig nach vorn überhing. Wer war der Mann? Was hatte er mit den Dänen zu tun? Wenn die Schilderungen zutrafen, konnte er von den Walmenschen im Norden kommen, die angeblich Hexer waren.
    Der König deutete nach links und rechts und wog seine Möglichkeiten ab.
    »Er muss angreifen«, murmelte Vali. »Er muss angreifen.« Dabei wusste er genau, dass Haarik genug Zeit hatte, ein Essen zu kochen, sich auszuschlafen und sie am nächsten Morgen einzukreisen. Einer der dänischen Jarle fuchtelte mit beiden Armen herum und deutete hinter den Hügel. Wenn er dort einen Bogen schlug oder auch nur zehn Männer schickte, war es um sie geschehen. Egal, was passieren würde, sie waren sowieso schon so gut wie erledigt, aber wenn sie überhaupt eine Aussicht auf Erfolg haben wollten, dann lag sie in einem frontalen Angriff. Auf einmal beobachtete Vali etwas Schönes. Der dänische König schüttelte den Kopf, lachte und klopfte dem Jarl auf die Schulter. Er war zu stolz, um es vernünftig anzupacken. Er wollte durch den Hohlweg angreifen.
    Der König setzte den Helm auf und nahm einen Speer.
    »Komm schon«, sagte Vali. »Komm schon.«
    Auf einmal aber setzten sich einige feindliche Kämpfer ab. Eine Gruppe ging nach links, die andere nach rechts. Ungefähr fünfzig blieben, wo sie waren. Wo war der König? Sein Banner wehte noch, doch er selbst war verschwunden. Vali hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Die Zahlen waren jetzt etwas günstiger, doch sie mussten damit rechnen, dass ihnen die Feinde bald in den Rücken fielen. Was sollten sie tun? Beim Hnefatafl gab es einen »fliegenden Angriff«, was bedeutete, dass man überraschend losschlug, selbst wenn der Gegner in einer besseren Position war. Wenn man das Überraschungsmoment nutzte, gelang es dem Gegner nicht mehr, seine gefährlichsten Figuren ins Spiel zu bringen. Hier war es genau das Gleiche. Sie hatten keine Zeit, sich eine raffinierte Taktik auszudenken. Sie mussten einfach nur die Feinde vor ihnen töten, bevor die anderen von hinten angriffen.
    Bragi, der eingezwängt neben Vali stand, bemerkte dies offenbar auch.
    »Es scheint so, als müssten wir eine schnelle Entscheidung suchen, Herr.«
    Vali nickte. Er ließ sich lieber von den Dänen gefangen nehmen und als Sklave verkaufen, als einen weiteren Abend in Bragis Gesellschaft zu verbringen, aber die Treue des Mannes und dessen Fähigkeiten beeindruckten ihn. Er hatte die Situation sofort richtig eingeschätzt – instinktiv und ohne darüber nachdenken zu müssen wie Vali.
    Bragi fuhr fort: »Du bist der Sohn deines Vaters. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, aber so ist es. Es gibt seit Jahren Gerüchte, dass er dich auf der Insel im Westen gekauft und nichts Gescheites für sein Geld bekommen hätte.«
    »Du alter Schmeichler«, sagte Vali, und sein Lächeln war aufrichtig.
    »Du kannst sicher verstehen, warum die Leute das dachten. Schließlich bist du ja ein hässlicher schwarzhaariger Bastard«, sagte Bragi.
    Vali sah zu den Feinden hinüber. Die vorderen hatten schon die Schwerter gezogen. Gleich würde es losgehen.
    »Bragi«, sagte er.
    »Ja, Herr?«
    »Falls wir nach Walhalla kommen …«
    »Ja, Herr?«
    »Setz dich nicht neben mich.«
    Der alte Mann lachte, bis ihm die Tränen kamen. »Du bist ein König, junger Herr, ein echter König.«
    Bragi hatte ihm einmal erklärt, es sei eine edle Sache, im Kampf zu sterben, und Vali hatte das für den üblichen Unsinn gehalten, doch jetzt spürte er die warme Sonne im Gesicht, roch den Rauch des brennenden Dorfs, spürte das Gewicht des Speers in der Hand, und er glaubte einen Moment lang selbst daran. Hier gab es eine Kameradschaft, die er noch nie empfunden hatte, eine Verbundenheit mit seinen Gefährten, die nichts mit dem kleinlichen Gedanken zu tun hatte, ob er sie gut leiden konnte oder nicht.
    Ein Brüllen ertönte, laut wie ein Erdrutsch: Die Feinde griffen an. Sie schrien Schwüre an den Donnergott Thor und an Tyr, den Gott des Krieges. Der Name Odins kam ihnen nicht über die Lippen. Sie waren keine Berserker, und der

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