Wolfskrieger: Roman (German Edition)
den Rand der Siedlung erreicht hatte, blieb er noch einmal stehen und hob den Becher. Der Mann, der Haariks Banner trug, deutete auf ihn, worauf ungefähr vierzig Krieger im Laufschritt den Berserkern folgten.
Er ritt weiter und hörte hinter sich den Spott der Feinde. Nun begann der gefährlichste Teil seines Plans. Wenn er sich dem Wald näherte, musste er die Berserker aufschließen lassen. Er stieg ab und hob abermals den Becher.
»Feiglinge!«, schrie er. »Feiglinge!« Ausgeklügelte Beleidigungen waren auf dem Schlachtfeld ohnehin nicht vonnöten, da niemand die Muße zum Zuhören hatte. Das Pferd geriet in Panik und rannte weg. Jetzt konnte Vali nicht mehr fliehen. Er musste Erfolg haben, sonst würde er sterben.
Ein Haufen von sechs oder acht Berserkern folgte Bjarki den Hügel herauf. Sie waren schon gefährlich nahe, zwei Speere landeten neben dem Weg in der Böschung. Vali drehte sich um, als sie schrien, heulten und mit den Waffen auf ihn deuteten. Allerdings hatten sie angehalten. Vali hob einen Speer auf und schleuderte ihn zurück, doch im Eifer des Gefechts übertrieb er es und warf viel zu weit. Egal, er hatte sein Ziel erreicht. Die Berserker nahmen die Verfolgung wieder auf.
So schnell er konnte, rannte er durch den Hohlweg. Der Vorteil, den er seinen eigenen Leuten bieten wollte, wirkte sich nun vorübergehend auch zu seinem eigenen Nachteil aus, denn er hatte nicht viel Platz zum Ausweichen und bot den Gegnern ein gutes Ziel.
Er war nur leicht bekleidet, doch das galt auch für die Berserker. Sie waren jedoch große und schwere Männer, und er konnte schneller als sie durch den Hohlweg laufen. Wieder blieb neben ihm ein Speer im Sand stecken, dann traf sogar eine Axt seinen Rücken, glücklicherweise aber nur mit dem Stiel. Sie waren dennoch sehr nahe, denn eine Axt konnte man lange nicht so weit werfen wie einen Speer. Hoffentlich war der Schildwall schon aufgebaut, wenn er die Hügelkuppe erreichte.
Das war der Fall. Dreißig Männer blockierten in vier Reihen den Weg. Jetzt erst wurde ihm klar, dass er keinen Ausweg mehr hatte. Er wollte ihnen nicht befehlen, ihm Platz zu machen, weil sie die Reihen möglicherweise nicht mehr schnell genug schließen konnten. Er sah sich um. Die Berserker waren höchstens noch zwanzig Schritte hinter ihm.
»Speere runter!«, rief er, als er auf die Wand zurannte.
Bragi stand vorn. Er drückte vier oder fünf Speere nach unten, bis die Spitzen zum Boden zeigten.
Vali holte das Letzte aus seinen Beinen heraus und rannte aus Leibeskräften. Da bemerkte er eine Baumwurzel, die aus der Wand des Hohlwegs ragte. Er hielt darauf zu, stellte einen Fuß darauf und sprang über die Köpfe seiner Männer hinweg. Mitten in der hinteren Reihe kam er wieder herunter und riss dabei drei Männer um.
»Speere hoch!«, rief Bragi. »Speere hoch!«
Die Waffen zielten wieder nach vorne, derweil die Berserker sich heulend näherten. Einer der Jungen in der ersten Reihe wurde ohnmächtig, als er die Angreifer sah. Die Hintermänner schleiften ihn an den Beinen zurück. Valis Schwert war nirgends zu entdecken, doch er hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Er legte den Helm an, nahm den Schild und drängte sich wieder nach vorn, um die Lücke zu schließen. Hier war kaum Platz, eine Waffe zu schwingen, was aber keine Rolle spielte, da Vali sowieso keine hatte.
»Einen Speer, einen Speer!«, rief er, doch niemand hörte auf ihn. Also musste er sich mit dem Schild begnügen, bis er sein Sax oder eine andere Waffe fand. Er packte die Riemen direkt hinter dem Schildknauf. Bragi konnte mit dem Schild tatsächlich zuschlagen, doch Vali hatte diesen Kniff nie herausbekommen. Es kam darauf an, hatte der alte Mann erklärt, den Schild nicht zu schwingen, sondern das ganze Gewicht hinter die Hand zu legen und kurz und heftig zuzustoßen, nicht weiter als eine Handbreit. Vali hatte oft gesehen, wie Bragi beim Trinken Wetten gewonnen und Männer umgestoßen hatte. Jetzt wünschte er sich, er hätte besser aufgepasst.
Hinter ihnen kreischten die Frauen und Kinder, die Berserker heulten, seine eigenen Männer stießen Verwünschungen aus und klapperten mit den Waffen. Es herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. Die hinteren Reihen, durch Valis Ankunft etwas in Unordnung geraten, schleuderten ihre Waffen. Zwei Speere, eine kleine Axt und ein paar Steine flogen den Feinden entgegen. Ein Speer traf das Bein eines Berserkers. Der Mann versuchte zwar weiterzulaufen, war aber stark
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