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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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karierten Wollhemd, einer dunklen Arbeitshose und abgetragenen Wanderstiefeln sah er aus, als käme er geradewegs aus dem Busch. Dr. David L. |49| (Dave) Mech war gekommen, um uns zu begrüßen. Mech war der Leiter des International Wolf Center und einer der renommiertesten Wolfsexperten der Welt. Peter fiel die Kinnlade herunter, und ich musste kurz schlucken. Mech war der Zeus auf dem Olymp der Wolfsforscher, und die Studenten rissen sich darum, in seine Seminare zu kommen. Er war einer der ersten Wissenschaftler, die wilde Wölfe erforschten, und verbreitete die Aura eines Menschen, der es gewohnt war, bewundert zu werden. Dass er sich »herabließ«, uns zu besuchen, betrachteten wir als große Ehre. Ehrfürchtig hingen wir an seinen Lippen.
    »Wir wollen den Wölfen ihre eigenen Namen lassen und vermeiden, einen persönlichen Bezug zu ihnen aufzubauen«, erklärte er mit einem freundlichen Lächeln.
    Das verstand ich nicht. Warum konnte man nicht wissenschaftlich arbeiten und trotzdem einen persönlichen Bezug zu den Wölfen haben? Doch ich hatte keine Zeit mehr, meine Frage zu stellen, denn jetzt bekamen wir genaue Instruktionen für die bevorstehenden Aufgaben.
    Obwohl wir noch nie einen Blick auf Wölfin 369 geworfen hatten, war sie uns schon bald vertraut. Möglich machte das die Technik. Die Wölfin trug ein Radiohalsband mit einem Sender, dessen Signale wir über einen Empfänger orten konnten. So ließ sich genau feststellen, wo sie sich befand. Die unterschiedliche Signalstärke und Häufigkeit gaben Auskunft darüber, was sie tat. Ob sie schlief, wanderte oder fraß.
    Mech erzählte von seiner Arbeit. Er verbrachte wohl mehr Zeit unter Wölfen als irgendein anderer Mensch auf der Welt. Für seine Studenten war er eine lebende Legende.
    »Es ist nicht leicht, einen Wolf zu besendern«, erklärte er. »Zunächst einmal müssen wir dieses extrem scheue und intelligente Tier einfangen. Dafür nehmen wir das hier.«
    Er zeigte uns ein Fangeisen, wie ich es bisher nur aus Trapperfilmen kannte. Mech sah unsere entsetzten Blicke.
    »Keine Sorge. Schaut genau hin. Wenn der Wolf auf diesen Kontakt tritt«, er deutete auf einen Teller in der Mitte der |50| Falle, »schnappt der Bügel zu und hält den Fuß fest. Fühl mal. Im Gegensatz zu anderen Fallen sind hier die Bügel mit Hartgummi verkleidet. So kann sich der Wolf nicht verletzen.«
    Das Angebot, die Konstruktion selbst mit der Hand auszuprobieren, lehnte ich aber dennoch ab. Trotz der Erklärung von Mech gefiel mir die Fallensache nicht. Gab es keine Alternative?
    »Wenn wir die Wölfe schützen wollen, müssen wir wissen, was sie tun. Dazu brauchen wir das Radiohalsband. Nur so können wir ihnen folgen und erfahren unter anderem, welche Entfernungen ein Wolf am Tag oder in der Nacht zurücklegt, wie dicht er sich dabei menschlichen Behausungen nähert und wo seine bevorzugten Wanderwege sind«, antwortete der Experte. »Es gibt auch andere Methoden, Wölfe einzufangen«, fuhr er fort. »Unsere europäischen Kollegen arbeiten mit Fangnetzen, in die man die Tiere treibt, und in Kanada werden die Wölfe vom Hubschrauber aus mit einem Narkosegewehr betäubt. Das ist in unseren dichten Wäldern nicht möglich.«
    »Wir kontrollieren ständig unsere Fallen«, versuchte nun Dan seinerseits zu beruhigen. »Finden wir einen Wolf, wird er betäubt. Dann geht alles ganz schnell. Er wird vermessen und gewogen. Wir untersuchen seine Zähne und den allgemeinen Gesundheitszustand. Durch die Blutentnahme können wir mit DNA-Untersuchungen seine Verwandtschaft zu anderen Wölfen feststellen.«
    Dan Groebner und Dave Mech zeigten uns Bilder von einer solchen Prozedur. Der Wolf war riesig im Vergleich zu Mech, der ihn im Schoß hielt. »Zum Schluss legen wir dem Tier sein Radiohalsband mit der Registriernummer um. Die Batterien des Halsbandes halten normalerweise etwa fünf Jahre. Danach fällt es irgendwann einfach ab. Wenn wir fertig sind, entfernen wir uns leise, um den Wolf beim Aufwachen nicht zu verängstigen.« An das Halsband gewöhne sich das Tier schnell, versicherten die Biologen. Fortan könne nun jeder seiner Schritte verfolgt werden.
    |51| Dan führte uns zu dem zum Forschungslabor umgebauten Van. Das Auto war mit einem Sammelsurium aus technischen Geräten, Thermoskannen, Müsliriegeln, warmen Jacken und Mützen vollgestopft, es blieb gerade noch Platz für zwei Stühle und eine umgedrehte Holzkiste als Sitzgelegenheit. Aus dem Lautsprecher ertönten ein

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