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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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Sie lebten schon seit Jahren im selben Gebiet, und so konnte ich regelmäßig sowohl ihre Paarungen im Winter als auch deren »Ergebnis« im Frühjahr über einen längeren Zeitraum hinweg verfolgen. Ich kannte die Wölfe wie meine eigene Familie. Hatte beobachtet, wie sie als Welpen aus der Höhle krochen, erwachsen wurden und schließlich selbst Nachwuchs bekamen. Wolf Nummer 480 stammte aus der Leopold-Wolfsfamilie und war im Winter 2003 in das Lamar Valley eingewandert, wo er den Platz des verstorbenen Druid-Leitwolfes 21M übernahm. 21M hatte mit seiner Gefährtin 42F Berühmtheit erlangt, nachdem über die beiden mehrere National-Geographic-Filme gedreht worden waren. Als neuer Druid-Leitwolf kümmerte sich 480M mit seiner Partnerin, Wölfin Nummer 569 F, liebevoll um den Nachwuchs, sorgte für ausreichend Nahrung und schwang sich, wenn Gefahr drohte, zum mächtigen Verteidiger seiner Familie auf.
    Er war ein sehr großer schwarzer Wolf. Mit zunehmendem Alter bekam er – genau wie auch Menschen – ein graues Fell. Ich freute mich darauf, ihn wiederzusehen.
    Die Kälte war vergessen.
    »Ich fahr noch ein Stück weiter. Mal sehen, ob ich die Signale der anderen finde«, verabschiedete sich Rick, stieg in sein Auto und verschwand.
    Ich schaute ihm nach und fragte mich, ob ich ein solches Leben wie er führen könnte, das ausschließlich auf ein einziges Ziel gerichtet ist. Es gehören sehr viel Leidenschaft und Herzblut dazu, sich einer Sache so sehr zu widmen.
    Rick kennt jeden einzelnen Wolf; sein Aussehen, seine Persönlichkeit, die Verwandtschaft. Seit er 1996 zum Wolfsprojekt kam, hat er weder einen Tag Urlaub genommen, noch war er jemals krank. Er lebt in einer kleinen Blockhütte in Silver Gate. Von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang ist er auf der Suche nach Wölfen. Hat er welche entdeckt, holt er sein kleines Klappstühlchen aus dem Auto, stellt das Spektiv auf und spricht detaillierte Beobachtungen in einen digitalen Rekorder. Abends überträgt er diese Aufnahmen in seinen Computer.
    |78| »Meine Notizen über die Wölfe haben inzwischen mehr Seiten als die Bibel«, berichtete er einmal stolz.
    Stets umringt von interessierten Touristen, beantwortet der Biologe mit Engelsgeduld selbst die verrücktesten Fragen.
    In einem meiner ersten Wolfssommer in Yellowstone stand ich neben ihm und beobachtete eine Gruppe Wölfe in der Ferne. Ein Auto hielt, und eine Frau eilte aufgeregt zu Rick: »Können Sie mir sagen, wann die Wölfe rausgelassen werden?«
    Ich riss die Augen auf und wartete gespannt auf die Reaktion des Biologen. Dieser gab der Dame völlig ruhig und freundlich die Kurzversion der Geschichte der Wiederansiedlung und erklärte ihr, warum die Wölfe nicht »rausgelassen« werden müssten. Zufrieden stieg sie in ihr Auto. Wir hörten noch, wie sie ihrem Mann erklärte, dass hier »wirklich echte wilde Wölfe« seien.
    Für mich war es die größte Ehre, als Rick mich fragte, ob ich im Wolfsprojekt mithelfen wolle. Als ich mein Funkgerät mit den einprogrammierten Rufnummern von McIntyre übernahm, fühlte ich mich, als hätte ich einen Orden erhalten.
     
    Es wurde heller, und ich konzentrierte mich wieder auf die Suche nach Wolf 480. Nach und nach tauchten die anderen Wolfsbeobachter auf. Sie hatten über Funk mitgehört, wo ich war, und kamen zur Unterstützung. Im Laufe der Jahre sind wir Freunde geworden. Wir alle treffen jährlich etwa zur selben Zeit in Yellowstone ein: im Winter zur Paarungszeit der Wölfe und im Frühjahr, wenn die Welpen geboren werden. Dies sind die spannendsten Zeiten für uns. Der »harte Kern« der Wolfsbeobachter ist ein bunt gemischtes Grüppchen. Viele verbringen jeden Tag ihres Jahresurlaubs hier, andere sind so fasziniert von den Wölfen, dass sie zu Hause alles aufgegeben haben und ganz hierhergezogen sind.
    Carol und Mark Rickman aus Colorado kommen seit vielen Jahren ins Lamar Valley. Mark ist Anästhesist in einem großen Krankenhaus in Pueblo und läuft in seiner Freizeit Marathon. |79| Seine Frau Carol arbeitet im Labor von Marks Krankenhaus und jobbt als Freiwillige im Zoo von Pueblo. Auf dem Nummernschild ihres Autos steht »Wolf 39 F«, die Halsbandnummer ihrer Lieblingswölfin.
    »Wir haben Unmengen von Geld für Hotels ausgegeben. Da wir nirgendwo unsere beiden Hunde mitnehmen konnten, beschlossen wir schließlich, ein Haus in Silver Gate zu kaufen«, erzählen sie. Mehrmals im Jahr verbringen die beiden dort ihre knappe Freizeit gemeinsam mit ihren

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