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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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Bären zu retten, es gab den Menschen, die es kauften, auch das Gefühl, etwas Gutes zu tun.
     
    »Haben Sie keine Angst vor den Wölfen?«
    Diese Frage wird mir immer wieder gestellt.
    »Nein. Ich habe keine Angst vor Wölfen.«
    »Auch nicht, wenn die Hunger haben? Oder wenn sie Junge bei sich haben?«
    »Auch dann nicht.«
    Ich hatte noch nie Angst vor Wölfen. Ich weiß, dass die Wölfe viel mehr Angst vor mir haben. Wenn ein Wolf in meine Nähe kommt, empfinde ich immer ein ehrfürchtiges Staunen. Und auch eine leise Trauer, weil ich weiß, dass es nicht gut ist für ihn, wenn
er
keine Angst vor
mir
hat.
    |147| Seit vielen Jahren halte ich mich in Wildnisgebieten auf. Einen Winter lang lebte ich an der kanadischen Grenze in einer Blockhütte mitten im Wolfsterritorium. Fast jede Nacht hörte ich die Wölfe heulen und fand am Morgen danach ihre Spuren im Schnee in der Nähe meiner Cabin. Wenn das Nordlicht besonders schön war, schlief ich in meinem warmen Schlafsack im Freien, begleitet vom nahen Gesang der Wölfe.
    Angst habe ich dabei nie gehabt. Im Gegenteil, sosehr ich mir auch wünschte, einen Wolf zu sehen, ich bekam den scheuen Beutegreifer kaum zu Gesicht. Nur ganz selten einmal, in hellen Vollmondnächten, sah ich einige dunkle Schatten über den zugefrorenen See huschen.
    Eines Morgens fand ich auf einer Schneeschuhwanderung einen frisch getöteten Hirsch. Er war bereits aufgerissen. Die Innereien dampften noch warm in der Kälte. Im Schnee sah ich viele Wolfsspuren. Ich musste die Wölfe also aufgescheucht haben. Ich war allein, und da waren mindestens fünf große, hungrige Wölfe, die mich mit Leichtigkeit hätten töten können, wenn sie es gewollt hätten. Warum waren sie also fortgelaufen, statt mich anzugreifen und ihre Beute zu verteidigen? Einen Bären hätte ich nicht so leicht verjagen können.
    Können Wölfe eine echte Bedrohung für Menschen sein? Haben sie jemals Menschen angegriffen? Es ist eine uralte Frage, beladen mit Aberglauben und Ängsten.
    Unzählige Fachleute beteuern immer wieder leidenschaftlich, dass die Raubtiere dem Menschen nicht gefährlich werden können. Selbst in entlegensten Gebieten, in denen Wölfe nur sehr wenigen Menschen begegnen, scheinen sie instinktiv zu wissen, dass man die Zweibeiner besser in Ruhe lässt. Dass sie übermächtige Kreaturen sind, die auf sichere Distanz gemieden oder toleriert werden müssen.
    Dennoch gibt es immer wieder Vorfälle, bei denen wilde Wölfe Menschen angreifen. Fast immer sind sie vorher gefüttert worden. Am 19. Mai 2009 wurde in der Nähe des Old Faithful Geysirs ein einjähriger Wolfsrüde von Parkbeamten getötet. Das Tier hatte mehrmals Menschen auf Fahrrädern |148| und Motorrädern gejagt und wurde als »Gefahr« eingestuft. Der Wolf war ein neugieriges Jungtier aus der Gibbon-Meadow-Wolfsfamilie. Zuerst näherte er sich im März Touristen im Midway Geysir Basin. Dann tauchte er am Old Faithful, einem der berühmtesten Geysire des Parks, auf. Er suchte immer wieder die Nähe von Menschen oder Autos. Bei einem normalerweise sehr scheuen Tier ist das ein Zeichen dafür, dass es gefüttert worden ist. Park Ranger versuchten vergeblich, den Wolf mit Feuerwerkskörpern und Gummikugeln fortzujagen. Er kehrte immer wieder zurück. Dann entschloss sich die Parkverwaltung, ihn zu töten.
    Der Aufschrei in der Wolfsgemeinde war groß. Drohbriefe und Hassmails trafen ein. Aber Schuld am Tod des Wolfes waren nicht die Ranger. Schuld waren die, die ihn gefüttert hatten. Die ihn zu nahe an sich herankommen ließen, ohne ihn fortzujagen. Gerade Jungtiere lernen sehr schnell, wenn sie für ihre Forschheit auch noch belohnt werden.
    Es hätte schlimmer ausgehen können. Der Wolf hätte einen Menschen vom Fahrrad reißen können, selbst ohne ihn groß zu verletzen. Ich sah die Schlagzeilen in den Sensationsblättern schon vor mir: »Yellowstone-Wolf frisst Touristen«. Das hätte das Aus für das ganze Wolfsprogramm bedeuten können.
     
    Jetzt wollte ich es genau wissen. Wie sollte ich mich verhalten, wenn ich einem Wolf begegne, der auf mich zukommt? Ich traf Rick in Little America. Dieses Tal liegt zwischen den beiden Hochplateaus Buffalo Plateau und Specimen Ridge. Es wird so genannt, weil einst ein kleiner See dort lag, der die Umrisse von Amerika hatte. Heute ist der See längst der anhaltenden Dürre zum Opfer gefallen. Little America ist ein beliebtes Wolfsrevier, das oft von mehreren Wolfsgruppen frequentiert wird. Rick saß

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