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Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen

Titel: Wolfskuesse - Mein Leben unter Woelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elli H. Radinger
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dem Grundstück der Nachbarn lebte jahrelang ein Kojotenpärchen neben den Schafen. Sie fraßen nur Mäuse und andere kleine Nager, aber keine Schafe oder Lämmer.
    Als die Farm verkauft wurde, erschossen die neuen Besitzer die Kojoten. Sie wollten keine Raubtiere auf ihrem Land haben. Innerhalb kürzester Zeit aber kamen neue Kojoten auf die Farm und begannen sofort, Schafe zu töten.
    Becky zeigte auf einen kleines, hellbraunes Tier am Fuße der Bergkette hinter der Weide.
    »Dort sind unsere Kojoten. Sie sind hier zu Hause. Sie begnügen sich mit der Jagd auf Wühlmäuse, Maulwürfe und Erdhörnchen und lassen die Schafe in Ruhe. Wir sind froh, dass wir sie haben.«
    Wir gingen zurück in das kleine Farmhaus. Dave legte ein paar Holzscheite auf das Feuer und goss mir frischen Kaffee ein, während Becky aus der Küche Pullover, Mützen und Schals hervorzauberte. Sie alle hatten eine breite helle Bordüre am unteren Rand, in die dunkle, rennende Wölfe eingestrickt waren. Die Artikel aus »Beutegreifer-freundlicher« Schafswolle wurden in den Souvenirgeschäften im und um den Yellowstone-Nationalpark verkauft. Sogar Arbeitsplätze schufen Dave und Becky mit ihrem Kleinunternehmen.
    »Unsere Pullover werden hier in Bozeman von einheimischen Frauen handgestrickt, die Knöpfe stammen vom Holz auf unserer Farm. Das alles macht sie zwar etwas teurer, aber unsere Kunden zahlen diesen Preis gern.«
    |145| Auch ich kaufte mir noch einen der warmen Pullover – für hundertfünfzig Dollar, gutes Gewissen inklusive.
    Der fürsorgliche Dave hatte uns inzwischen einen Stapel Sandwiches gemacht, was endlich auch Taiga hinter dem Ofen hervorlockte.
    Dave schob mir ein Stück Papier über den Tisch zu. Es war das »Predator Friendly Wool and Meat«-Zertifikat, das besagte, dass sich die Farmer verpflichteten, auf ihrem Land keine Beutegreifer zu töten, ihre Tiere artgerecht zu halten und natürlich und ohne zusätzliche chemische Mittel zu füttern.
    Das Fleisch von Beckys Schafen wird inzwischen auf verschiedenen Fleischmärkten im Land und auch im Internet wegen seiner Qualität und seines guten Geschmacks zu Höchstpreisen verkauft.
    »Unser Produkt wird nicht unbedingt gekauft, weil es biologisch und artgerecht produziert wurde. Die Menschen kaufen dieses Fleisch überwiegend, weil es einzigartig genug ist, um aus dem normalen Fleischmarkt herauszuragen«, freuen sich die beiden.
    Aber nicht alle waren von Beckys Tierhaltungsmethoden begeistert. Farmer, die Beutegreifer auf ihrem Land leben lassen, sind den traditionellen Viehzüchtern ein Dorn im Auge. Becky und Dave bekamen Drohanrufe und wurden von der Industrie unter Druck gesetzt. Aber sie gaben nicht auf. Inzwischen erzielen ihre Wollpreise auf dem Markt deutlich höhere Preise als die konventionelle Ware.
    Als Becky und Dave die alte Ranch kauften, betraten sie Neuland. Sie stammten beide nicht aus Farmerfamilien. Becky hatte in Harvard Geologie studiert und stammte aus Maine. Dave hatte einen Doktortitel als Ingenieur. Der Akademiker mit Bart und Brille lehrte an der Universität von Maine. Beide interessierten sich für die Landwirtschaft, wussten jedoch nur wenig darüber.
    »Als wir das heruntergekommene Farmhaus kauften, hatten wir einen Traum«, erzählt Dave. »Es war nicht leicht. Wir |146| mussten eine Menge lernen und lernen immer noch dazu. Wir arbeiten achtzig bis hundert Stunden in der Woche sehr hart. Im Sommer helfen uns Studenten aus.«
    Anfangs betrieben die beiden eine konventionelle Schafszucht und verkauften ihre Lämmer auf Auktionen. Von den niedrigen Preisen frustriert, begannen sie, ihr Fleisch direkt zu vermarkten. Dann hörten sie von einer Gruppe Schafzüchter, die ein neues Konzept mit dem Label »Beutegreiferfreundlich« starten wollten. Da wussten sie, dass sie ihre Bestimmung gefunden hatten.
    »Diese Form der Schafzucht ist kein hundertprozentiger Schutz gegen Verluste, aber sie zahlt sich langsam aus, nicht nur zu unserem Vorteil, sondern zum Vorteil der Umwelt, der Natur. Außerdem«, fügt Becky mit einem Augenzwinkern hinzu, »genießen wir es, weil es auch eine intellektuelle Herausforderung ist.«
    Inspiriert von der Begegnung, verließ ich die Thirteen Mile Ranch, um nach Bozeman zurückzufahren. Die beiden Akademiker hatten mit der Schafzucht ein völlig neues Leben begonnen. Dabei waren sie ungewöhnliche Wege gegangen und hatten etwas Wundervolles geschaffen. »Beutegreifer-freundliche Wolle/Fleisch« half nicht nur, Wölfe und

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