Wolfskuss - Handeland, L: Wolfskuss
eine Ojibwa-Zeremonie. Falls diese Tina eine von ihnen war, macht es Sinn, dass sie meinen Kurs besucht hat.“
„Warum?“
„Vielleicht hat sie gehofft, irgendein Geheimnis zu entdecken, das ihrem Anführer helfen würde.“
Ich runzelte die Stirn. „Ist dieses Buch, das du bestellt hast, eigentlich angekommen?“
„Hm? Ach, nein. Noch nicht.“ Er starrte wieder vor sich hin.
Ich kuschelte mich enger an ihn. Das Pochen seines Herzens unter meiner Wange und der stetige Hauch seines Atems an meinem Haar entspannten mich. In Kombination mit dem wenigen Schlaf und dem übermäßigen Stress der letzten Tage war das genug, um mich innerhalb von dreißig Sekunden wegdämmern zu lassen.
Als ich erwachte, fiel die Sonne in einem Winkel durch die Fenster, der auf den frühen Abend hindeutete. Neben mir schlief Cadotte noch immer. Ich musste zur Arbeit, aber zuvor brauchte ich meine Kleidung.
Während ich aus dem Bett glitt, betrachtete ich sein Gesicht. Er war wirklich zu hübsch für mich. Seltsamerweise gefiel mir das langsam.
Er bewegte sich kein einziges Mal, selbst als ich ihn auf die Stirn küsste. Ich lief auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer, machte einen kurzen Umweg über die Küche, um einen Schluck Wasser zu trinke n – und da entdeckte ich es.
Zuerst dachte ich, er hätte irgendwelche Notizen auf dem Küchentresen liegen lassen. Ich lächelte sogar über seine Zerstreutheit, während ich an meinem Familie-Feuerstein-Glas nippte.
Dann stach mir meine eigene Handschrift ins Auge. Einen Moment später hatte mein Gehirn die Worte erfasst. Ich hätte beinahe das Glas fallen lassen, was eine Schande gewesen wär e – das Ding war fast schon eine Antiquität.
IchschnapptemirdiePapiere.BeieinemdavonhandelteessichumdieBestätigung,dieichCadottefürdasTotemhatteunterzeichnenlassen;dasanderewardiezerknitterteSeite,dieausdemAsservatenbuchherausgerissenwordenwar.UndunterbeidemlagderBeutelmitdenGlas-undPlastiksplittern,dieichnachKarenLarsonsUnfallaufderStraßezusammengekehrthatte.
Was machten die verschwundenen Beweismittel in Cadottes Küche?
Ich hatte keine Ahnung. Aber bevor ich es aus ihm herausprügelte, würde ich feststellen, was er hier sonst noch versteckte, wovon ich wissen sollte.
Ich musste nicht lange suchen. Auf seinem Kaffeetisch lagen Bücher und Notizen. Sie alle standen in Zusammenhang mit Miniwas kleinem Problem.
Er war sehr zuvorkommend gewesen, indem er alle relevanten Passagen mit Textmarker hervorgehoben hatte. Ein Buc h – Die Legenden der Ojibwa – war besonders faszinierend. War das das Buch, auf das er gewartet hatte? Das, von dem er behauptet hatte, es sei noch nicht angekommen? Den markierten Passagen nach zu urteilen, nahm ich an, dass es das sein musste.
Ich schluckte den Kloß in meiner Kehle runter, der viel zu stark nach Tränen schmeckte. Ich weinte nicht wegen Männern. Verdammt, ich weinte wegen gar nichts.
Ich betrachtete die grellgelben Markierungen, die vor meinen Augen verschwammen. Mit zusammengebissenen Zähnen kniff ich die Lider zusammen, aber als ich sie wieder öffnete, waren die Worte noch immer überdeutlich.
Das Ritual musste unter einem Blauen Mond stattfinden. Und meinen Berechnungen nach würde dieses Ereignis morgen Nachteintreten.
Ich hatte das Gefühl, als würde die Zeit plötzlich rasen und uns alle unaufhaltsam diesem zweiten Vollmond entgegentreiben.
Ich zwang meine Konzentration zurück zu dem Buch.
Der Weg musste von einer Werwolf-Armee bereitet sein.
„Bla bla bla“, murmelte ich. „Das weiß ich schon.“
Ich blätterte weiter. Eine zackige Kante war alles, was noch übrig war. Will oder jemand anders hatte den Rest der Information herausgerissen. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
Da ich in dem Buch nichts Interessantes mehr entdeckte, ging ich noch mal Cadottes Papiere durch. Ich fand die fehlende Seite nicht, entdeckte dafür aber einen anderen Leckerbissen.
Es wurde ein Wolfs-Totem mit den Markierungen des Matchi-auwishuk benötigt, um die Zeremonie zu vollenden. Leider verrieten seine Notizen nicht, wie das vonstatten gehen sollte.
Ich legte alles dorthin zurück, wo ich es gefunden hatte. Anschließend schlich ich mich aus Cadottes Haus und machte mich auf die Suche nach Mandenauer.
32
Ich hetzte nach Hause, um mich anzuziehen, und fand auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht exakt des Mannes vor, den ich sehen wollte.
„Jessie, ich bin letzte Nacht zu der Höhle zurückgekehrt. Jetzt muss ich ein bisschen was
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