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Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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und es akzeptieren können, war nun tot.
    In der Stille der Nacht hatte Nona sich wieder und wieder gefragt, ob auch Landrus Seele von seinen Mördern ausgelöscht worden war. Oder ob sie aufgestiegen war in Gefilde, in denen sie ihren Frieden gefunden hatte - nach einer kleinen Ewigkeit irdischen Seins.
    Eine Antwort hatte sie nicht gefunden.
    Nicht einmal Trost.
    Was bin ich bloß für ein Janusgesicht, dachte sie, als der Muezzin wieder zu rufen begann. Was pflege ich für eine heuchlerische Doppelmoral?
    Auch der junge Mann auf dem Bett, Caleb, war auf ihre mächtigste Waffe zwischen den Monden hereingefallen: Auf die liebreizende Unschuld, die sie vorzugaukeln vermochte .
    Sie verließ ihren Fensterplatz und trat neben den Dunkelhaarigen. Als sie sich an dem Band zu schaffen machte, das den Knebel festhielt, schlug er die Augen auf.
    Obwohl Nona damit gerechnet hatte, zuckte sie unter dem brennenden Blick des Mannes leicht zusammen. Dennoch machte sie unbeirrt weiter.
    Das Band fiel zu Boden. Danach befreite sie Caleb mit spitzen Fingern von dem Knebel.
    »Warum tust du das?« fragte er, die Stimme rauh, kaum verständ-lich. Er räusperte sich. Hustete.
    »Du darfst nicht schreien. Du darfst mein Entgegenkommen nicht enttäuschen«, sagte sie langsam, »sonst .«
    »Sonst bringst du mich für immer zum Schweigen?«
    Nona ging zum Fenster zurück, und ihr Blick heftete sich wieder an die Fassade von Gershom Chaims Ladengeschäft.
    »Ich wollte ein wenig plaudern«, sagte sie. »Die Zeit totschlagen.«
    Er lächelte.
    Sie sah nicht hin, und trotzdem spürte sie die in ein falsches Lächeln verpackte Verachtung, mit der er zu ihr herüber starrte.
    Als er nichts sagte, löste sie den Blick vom Haus der Chaims und fand ihren Verdacht bestätigt. »Hör auf, mich so anzusehen!«
    Er gehorchte. Schloß Augen und Mund. Danach erinnerte er trotz der Fesselung an einen aufgebahrten Toten.
    Er schwieg auch die nächsten Stunden und strafte sie mit ihren eigenen Mitteln. Mit Nichtachtung.
    Nona hatte keine Ahnung, wie es weitergehen sollte. Sie wartete darauf, daß Anum und Lilith endlich die Initiative ergriffen. Daß sie ihren Unterschlupf verließen.
    Urplötzlich überkam sie dieses Gefühl, in Richtung des Ölbergs blicken zu müssen.
    Sie tat es.
    Der fahle Mond stand dort im Blau des Himmels. Die Sonne, die über die Altstadtmauer gekrochen war, schaffte es nicht, ihn gänzlich zu überstrahlen.
    Zum vollen Rund fehlte ihm noch gut ein Viertel.
    So lang wie diesmal war Nona die Zeit zwischen den Nächten ihrer persönlichen Verdammnis noch nie erschienen.
    In diesem Moment - veränderte sich das bleiche Auge am Himmel, verhüllte der Mond sein bleiches Antlitz in blutiger Röte.
    Später würde sich Nona fragen, ob nur sie und Wesen ihrer Art diese Veränderung hatten wahrnehmen können, oder ob sie jedem zufällig zum Mond aufblickenden Geschöpf aufgefallen war.
    Später, sehr viel später vermochte sie sich darüber wieder den Kopf zu zerbrechen.
    Zuvor aber löschte der nie gesehene Glanz am Himmel jeden klaren Gedanken in ihr aus. Spülte aus den Tiefen hervor, was sie sehnlichst erwartet hatte - und wovor sie nun doch instinktiv erschrak.
    »Heh, was ist?« Caleb war durch das Geräusch aufmerksam geworden, mit dem sie gegen einen kleinen Tisch gestoßen war und ihn umgeworfen hatte. Das Poltern hatte seine Augen geöffnet.
    Und das Entsetzen weitete sie, wie sie noch nie geweitet gewesen waren.
    »Heh! Heh! Bleib - stehen! Ich schreie! Du Miststück, bleib stehen, bleib stehen, oder ich -«
    Seine Schreie endeten in Blut. Blut, das durch das Zimmer spritzte, Blut, das Wände und Möbel besudelte, Blut, das Laken und Matratze tränkte .
    * 
    Ernst betrachtete Makootemane den Mann, der ihm nahestand wie ein Sohn.
    »Du wirkst bedrückt«, sagte er, als Wyando den Raum betrat, den Chiyoda ihm zur Verfügung gestellt hatte. »Was kann ich für dich tun?«
    Hidden Moon berichtete ihm von seiner Begegnung mit Esben Storm. Er verschwieg nichts. Auch nicht, daß die Angst in ihm angeschwollen war, als wollte sie den dunklen Trieb ersetzen, den er mit Chiyodas Lektionen zu zähmen versuchte.
    »Laß mich sehen«, forderte Makootemane ihn auf, und Hidden Moon kehrte ihm den Rücken zu, fühlte, wie die schwieligen Hände des Oberhaupts der Arapaho-Vampire in sein Haar tauchten, es teilten und dann den Flaum berührten.
    »Schneeweiß«, hörte er Makootemane sagen. »Wie sonderbar.«
    »Eigentlich bin ich gekommen«,

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