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Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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gewesen!
    Dakaris arbeitete die ganze Nacht hindurch, wobei er völlig ungestört blieb.
    Aber auch vollkommen erfolglos.
    Was auch immer er versuchte, um die Kadaverhülle zu öffnen, es scheiterte. Der Körper war unzerstörbar.
    Ein Mysterium.
    Mehr aus Frustration als aus Erschöpfung fiel der Augure gegen Ende der Nacht in einen kurzen, nervösen Schlaf.
    Als er daraus wieder aufschreckte, graute gerade der Morgen, und die meisten Öllichter waren herabgebrannt.
    Unter stechenden Kopfschmerzen richtete er sich neben dem Tisch auf, wo er sich hatte hinsinken lassen. Erst als er wieder aufrecht stand, bemerkte er, daß sich während des Schlafs etwas Phantastisches verändert hatte. Nicht im eigentlichen Sinn an dem Kadaver selbst, sondern . zwischen dessen leicht gespreizten Schenkeln.
    Dort lag etwas, was vorher nicht dagewesen war.
    Ohne einen Fuß von der Stelle zu bewegen, schrie der Augure so schrill und so lange, bis König Minos' Leibwächter und schließlich der König selbst, die nebenan übernachtet hatten, hereinstürmten.
    Und die Bescherung ebenfalls sahen.
    *
    Der Hautsack barst unter dem ersten, routiniert geführten Schnitt eines Soldaten.
    Darunter kam ein Wesen zum Vorschein, mindestens ebenso entsetzlich anzuschauen, aber völlig anders als der Kadaver, der aus dem Labyrinth geholt worden war.
    »Welch grausige Mißgeburt!« rief Minos, als die Hülle an dem Geschöpf herabsank.
    Es hatte kindliche Größe und entsprach dabei ganz dem Bild, das man sich von einem Kentauren, halb Mensch, halb Pferd, machte.
    Und es war tot.
    Genauso tot wie das Stiermonstrum.
    »Ich wollte, daß es aufhört«, seufzte Minos, als niemand sonst das Wort ergriff. Sprachlos entsetzt standen alle da, auch Dakaris. »Ich habe keine Schuld auf mich geladen, die solche Heimsuchungen rechtfertigen würde! Augure - hilf mir! Ich werde dich mit Reichtümern überschütten, wenn es dir gelingt, diesem Wahnsinn ein Ende zu bereiten! Totes, das Totes gebiert ... Was muß noch alles geschehen, bis die unter- und die überirdischen Mächte den Fluch wieder von mir und meinem Geschlecht nehmen? Habe ich nicht schon all meine Kinder verloren? Meine Söhne sind tot, und auch wenn meine Töchter noch leben, so doch so fern in der Fremde, daß ich sie vielleicht nie mehr in meinem Leben wiedersehen werde .! Ich bin ein gebrochener Mann. Das Unglück klebt mir an den Händen. Dabei wollte ich meinem Volk stets ein guter und gerechter König sein. Ich wollte .«
    Er brach mitten in der Rede ab.
    Die Blicke seiner Krieger erfüllten ihn mit Scham.
    »Was ist?« herrschte er Dakaris an. »Kannst du mir helfen? Kannst du machen, daß es aufhört?«
    Dem Auguren zerriß es fast das Herz, die Frage seines Königs nicht bejahen zu können. »Ich weiß noch zu wenig«, wich er aus. »Gebt mir Zeit. Stellt mir Ärzte und andere Gelehrte zur Seite. Gemeinsam werden wir vielleicht eine Erklärung dafür finden. Und einen Weg, es zu stoppen - falls es weitergeht.«
    »Es wird. Es wird nicht mehr enden, bis ich mein Ende gefunden habe! Aber warum? Ich wurde betrogen. Alles, was ich tat, war der Schmach zu begegnen, die man mir zufügte! Ich verstehe es nicht. Ich begreife es wirklich nicht .«
    Er wandte sich ab.
    Und wie ein verwirrter alter Mann verließ er das Refugium des Auguren.
    Am Abend desselben Tages hatte die tote Minotaurin sich ein weiteres Mal vermehrt.
    Diesmal in Gestalt eines Schweines mit zwei Köpfen und einem zur übrigen Häßlichkeit gar nicht passenden, schlanken Horn aus Elfenbein auf jeder Stirn .
    * 
    Am siebten Tag nach dem Fund des weiblichen Ungeheuers empfing König Minos den Auguren Dakaris zum Einbruch der Nacht in den intimsten Gemächern seines Palastes, um ihm ein Angebot zu unterbreiten.
    Zuvor hatte der Seher tagelang nichts mehr von Minos gehört und bereits gefürchtet, in Ungnade gefallen zu sein, weil er keine schnellen - nicht einmal langsame - Erfolge vorweisen konnte.
    Doch Minos begrüßte ihn überaus freundlich und wohlwollend. Er wirkte erholt, auch wenn Dakaris sich nicht vorstellen konnte, daß dieser Augenschein das Innenleben des Königs widerspiegelte.
    Es gab keinen Grund zur Erleichterung.
    Überhaupt keinen.
    Im Reich gingen merkwürdige Dinge vor, die sogar Dakaris zu Ohren kamen, der kaum Zeit für regelmäßige Mahlzeiten fand, weil er Tag und Nacht nur noch mit dem beschäftigt war, was durch unbekannte Einflüsse ins Rollen gekommen war.
    Inzwischen hatte das tote Stiermonstrum acht

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