Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
Hilfe. Ein feindliches Komplott scheidet aus, und ein fehlendes Herz . nun, es könnte kaum ein schlimmeres Omen geben. Ich fürchte ...«, Dakaris leckte sich mit der Zunge über die spröde gewordenen Lippen, ». ich fürchte, daß sich schon bald neues Unheil zusammenbrauen wird.«
    Der Vermummte schob die Kapuze zurück, unter der er sein Gesicht verborgen hatte. Er schüttelte den Kopf, und sein nächster Satz, sein düsteres Credo lieferte dem Auguren zugleich die Antwort, warum Gortyn nach ihm geschickt worden war: »Das muß es nicht erst«, sagte Minos. »Es ist bereits da.«
    »Wo?« fragte Dakaris nach einem kurzen Überraschungsmoment.
    »Dort drüben«, sagte der König und wies in die Richtung, wo der Eingang zum Labyrinth lag, in dem der Minotaurus gestorben war. Minos hatte dafür gesorgt, daß nie wieder ein Mensch in den Irrgang gelangen konnte, der zu einem Denkmal des Hasses geworden war.
    Seines Hasses.
    »Ist das - Tor nicht mehr versiegelt?« fragte Dakaris rauh. »Brach es jemand auf und -«
    »Nein. Es ist noch verschlossen.«
    »Was dann? Was ist dann geschehen?«
    Minos war alt geworden. Uralt. Nicht nur äußerlich, auch seine Seele schien von greisenhafter Lähmung ergriffen zu sein, die er erst abschütteln mußte, ehe er seiner Gefolgschaft und dem Auguren einen Wink gab und mit brüchiger Stimme sagte: »Ich zeige es dir.«
    * 
    Betroffen starrte Dakaris auf den Riß im Boden, den Riß im Fels  und das, was am Grund des Spaltes im letzten Tageslicht mehr zu erahnen, denn zu sehen war.
    Ein - Monstrum. Der Kadaver eines Hybridwesens, halb Mensch, halb Stier!
    »Bei Apollon!« keuchte Dakaris. »Das kann nicht sein! Oder stimmt es nicht, daß Theseus Euch das abgeschlagene Haupt des Minotaurus als Beweis für seinen Sieg vor die Füße legte?« Er mußte den Blick mit Gewalt aus der Tiefe zurückholen, um ihn auf Minos richten zu können. »Das dort unten kann nicht der Minotaurus sein!«
    Minos erwiderte seinen Blick starr. »Und das Omen? Der Stier ohne Herz, den du gerade über die Zukunft befragt hast?«
    »Ich hatte noch keine Zeit, mich genauer damit zu befassen und eine konkrete Vorhersage zu erstellen. Es kann etwas völlig anderes betreffen. Eine noch unbekannte Gefahr. Nicht - das hier ...«
    »Ich bin anderer Meinung.« Minos erteilte den Männern seiner Eskorte den Befehl, mit Seilen in die Spalte hinabzusteigen und das dort liegende Monstrum zu bergen.
    Dakaris erzitterte innerlich.
    »Wann und von wem wurde das entdeckt?« fragte er.
    Gortyn trat neben ihn und sagte an Minos' Stelle: »Ein Hirte, der ein verlorenes Schaf aus seiner Herde suchte, stieß darauf. Gegen Mittag. Der Mann erschrak beinahe zu Tode, als ihm klarwurde, was er statt des Schafes gefunden hatte. Er alarmierte sofort den Palast. Wir mußten ihn festhalten.«
    »Festhalten?«
    »Die Öffentlichkeit darf nichts davon erfahren«, ergriff wieder Mi-nos selbst das Wort. »Das Reich steht auf tönernen Füßen. Die geringste Unruhe kann das Faß zum Überlaufen bringen. Wenn durchsickert, daß -«
    »Ich verstehe.« Dakaris richtete seine Aufmerksamkeit auf die Männer, die vorsichtig in den Bauch der Erde hinabstiegen.
    Falls sie Angst hatten, war es ihnen nicht anzumerken. Natürlich hatte Minos nur die Besten und Verschwiegensten seiner Leibwache ausgewählt, um sich mit ihnen vor Ort zu begeben und herauszufinden, was hinter der Entdeckung des Hirten steckte.
    Der Augure schloß nicht aus, daß der arme Mann seinen Fund mit dem Leben bezahlen mußte. Wenn Minos wirklich so großen Wert darauf legte, seine Untertanen in trügerischer Unwissenheit zu halten .
    »Heute Nacht«, murmelte Dakaris, »erwachte ich durch einen schwachen Erdstoß. Ob er diesen Riß im Boden verschuldet hat? Ein Spalt, der bis ins Labyrinth des Daidalos hinabreicht ...?«
    Die bloße Erwähnung des Baumeisters, der den Irrgang für Minos entworfen und gebaut hatte, brachte den König zum Erbleichen. Seine Lippen flatterten. Ein dünnes Rinnsal aus Speichel lief in sein Barthaar.
    Dakaris hatte Gortyn noch nie so ehrlich entsetzt gesehen. Mit einer versteckten Geste gab er dem Auguren zu verstehen, daß er sofort sein Mundwerk zügeln sollte. Der flüchtige Daidalos, der Mi-nos' Gemahlin Pasiphae erst zur Untreue angestiftet hatte, und der kretische König waren wie Feuer und Wasser. Unversöhnlicher Haß trieb den einen, den anderen zu verfolgen. Jüngsten Meldungen zufolge sollte er sich bei Agrigent, im Palast von König

Weitere Kostenlose Bücher