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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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sich nur unter einer Tierfassade verstecken? Ist es Ihnen jemals so ergangen, dass Sie noch genügend Bewusstsein hatten, um normale tierische Freuden zu pervertieren?« Er wandte den Blick nicht ab, sondern starrte mich noch immer intensiv an. »Haben Sie jemals mit Ihrer Beute gespielt?«
    Ich antwortete nicht, aber ich musste an die beiden jungen Männer denken, die mir in den Wald gefolgt waren. In diesem Augenblick war ich nicht nur Wolf gewesen,
sondern eine Mischung aus Tier und Frau, und was ich getan hatte, beschämte mich auch jetzt noch.
    »Ah«, meinte Malachy, der den Kopf wieder zurücklehnte und die Augen schloss. »Wie ich sehe, haben Sie das auch einmal erlebt. Aus diesem Grund haben sich die Menschen wohl schon immer vor Werwölfen gefürchtet. Sie verbinden die schlimmsten Eigenschaften der beiden Spezies in sich.«
    »Nicht grundsätzlich«, widersprach ich.
    »Nein, vielleicht nicht immer. Vielleicht können Sie auch anders sein. Aber ich habe versucht, die Gene zu isolieren, die für die Aggressionskontrolle zuständig sind. Und wie gesagt - ich verwandle mich nicht einfach in einen Wolf. Meine Krankheit lässt sich eher mit der in der Stevenson-Geschichte vergleichen.« Als ich ihn verständnislos anblickte, fügte er hinzu: »Ich meine Dr. Jekyll und Mr. Hyde . Ehrlich, kennt ihr Amerikaner denn nicht einmal die Klassiker der Literatur?«
    »Ich habe den Film gesehen.«
    »Wäre eine witzige Antwort, wenn sie nicht so deprimierend wäre.«
    Er seufzte, und mir fiel auf einmal auf, wie gerne ich mich mit ihm auf diese neckende Weise stritt. Manche Leute haben Freunde, mit denen sie anspruchsvolle Filme ansehen oder Tennis spielen. Malachy Knox war mein besonderer Freund für Streitgespräche.
    Mit geschlossenen Augen sieht er alt aus, dachte ich, während ich ihn betrachtete. Wenn er mich anblickte, lenkten seine Augen von den vielen Linien, Schatten und Falten ab. Doch jetzt kam er mir älter als meine Mutter vor, die zwanzig Jahre mehr auf dem Buckel hatte.

    »Malachy?«
    Er öffnete die Augen, ohne seine Position zu verändern. »Was?«
    »Können Sie mir Anweisungen geben, wie ich die Pillen herstellen muss?«
    Er seufzte. »Und wozu soll das gut sein?«
    »Ich kann sie für Sie anfertigen und sie Ihnen geben, falls Sie tatsächlich nicht bei sich sein sollten.«
    Er setzte sich aufrecht hin und starrte mich an.
    »Was?«, fragte ich.
    »Sie sind großartig. Oder ich bin einfach nur ein Idiot. Was auch immer …«
    »Vielleicht ist es ja auch beides … Wie lange dauert es, bis wir die Zutaten zusammen haben?«
    Er überlegte. »Das muss in mehreren Stufen erfolgen. Ich kann Ihnen alles aufschreiben, und den ersten Schritt können wir gleich jetzt zusammen erledigen.«
    »Ich hätte allerdings vorher noch eine Bitte.«
    »Im Augenblick würde ich alles für Sie tun, Dr. Barrow. Also raus damit.«
    Ich lächelte, da ich mich freute, ihn so etwas sagen zu hören. »Alles?«
    Mit einem Achselzucken korrigierte er sich: »Alles, was in meiner Macht steht.«
    »In diesem Fall möchte ich, dass wir etwas essen gehen, sobald wir alles Nötige für Ihren Zaubertrank zusammen haben. Ich habe nämlich einen wahren Heißhunger.«
    Einen Augenblick lang sah Malachy so aus, als wollte er etwas sagen. Doch dann nickte er nur mit einem spöttischen Ausdruck im Gesicht und erklärte: »Dann also ein gemeinsames Mittagessen.«

26
    Ich hatte immer den Verdacht gehegt, dass eine der Hauptzutaten in Malachys Medikament Carbamazepin sein musste - ein Stimmungsstabilisator, den man häufig bei Anfällen verwendete. Doch zu meiner Verblüffung hatte er sich auf die ältere Mischung aus Phenobarbital und Diazepam gemeinsam mit Kaliumbromid verlassen, was auch erklärte, warum er kaum mehr Appetit verspürte. Als Veterinär, so erläuterte er, war es leichter, an Phenobarbital zu gelangen. Außerdem stellte sich heraus, dass er sich absichtlich so dünn hielt, damit der Körper seinen Muskeln die Glukose entzog und er sich darum weniger aggressiv zeigen konnte.
    Es gab noch eine weitere Ingredienz, die mir Malachy aber nicht verraten wollte. Er gab sie in die Schleudermaschine und nannte sie seine Geheimzutat, die - wie er mir erklärte - nach Einbruch der Dunkelheit nackt und nur im Schein von Kerzenlicht gewonnen werden konnte.
    Nein, das war kein Scherz. Natürlich hatte er es auch auf andere Weise versucht - sogar fünf Mal. Aber ohne Erfolg.
    Eine halbe Stunde später tauchten vor meinem inneren Auge noch

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