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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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immer ungefragt Bilder von einem nackten
Malachy als verrücktem Heiler auf und brachten mich zum Grinsen. Er sah so aus, als hätte er mir am liebsten einen Stoß in die Rippen verpasst, wenn er nur stark genug dafür gewesen wäre. Doch in dem Zustand, in dem er sich befand, war er kaum in der Lage, auch nur zwei Straßen weiter bis ins Café Belle Sauvage zu kommen.
    »Hallo, Abra. Hallo, Malachy«, begrüßte uns Penny, als wir unsere Jacken an der Garderobe aufhängten. Nach dem kalten diesigen Wetter hieß einen das helle, warme Café mehr als willkommen. Es duftete nach frisch gebackenem Brot und einem mir unbekannten Gewürz. Im Hintergrund spielte ein alter Song der Andrews Sisters, in dem es unter anderem um Rum und Cola ging.
    »Hier, bitte«, sagte Penny und stellte einem jungen, mir unbekannten Mann einen dampfenden Teller mit Rindereintopf auf den Tisch.
    Der Mann blickte von seinem Laptop auf. Er schob sich die Nickelbrille hoch. Pennys Äußeres schien ihn ein wenig aus der Fassung zu bringen. Als jüngste der drei Grey-Schwestern hatte sie sich offenbar noch immer nicht an die Tatsache gewöhnt, dass auch sie allmählich auf die achtzig zuging. Ihr Kopf schien für ihren zusammengeschrumpften Körper viel zu groß zu sein. Ihre platinblonden Haare trug sie als Pagenkopf, wobei ihre Stirnfransen ihre tellergroßen blauen Augen besonders unterstrichen. Die an den Seiten ihres Gesichts hin und her schwingenden Haarsträhnen schienen ihre strahlend weißen dritten Zähne, die sie gern mit einem breiten Lächeln präsentierte, wie ein fröhliches Zwinkern zu begleiten. Heute trug sie ein enzianblaues Kleid und ein weißes Rüschenschürzchen, das zu den Vorhängen im Café passte. Alles in allem sah Penny wie eine
Horrorvision der Schauspielerin Carol Channing aus Hello Dolly aus.
    Zugegebenermaßen musste man sich an ihren Anblick erst gewöhnen.
    Der junge Mann räusperte sich. »Ich hatte noch gar nichts bestellt.«
    »Riechen Sie mal.« Penny lächelte ihn einladend an, und der Mann schnupperte an dem Eintopf. »Also? Ja oder nein? Was soll es sein?«
    »Na ja, wahrscheinlich ja«, erwiderte er ein wenig verwirrt. Nur die Städter versuchten noch, von der kleinen Tafel zu bestellen, auf der die Tagesgerichte des Cafés angeboten wurden. Gäste, die öfter kamen, hatten schon lange gelernt, dass Penny und ihre Schwestern am allerbesten wussten, was man essen wollte. Und sie irrten sich nie, selbst wenn man zuerst verunsichert war.
    Ich sah mich im Café um. Der junge Mann probierte seinen Eintopf und tippte zwischendurch immer wieder etwas in seinen Laptop. Der einzige andere Gast war eine junge Mutter mit teuren Strähnchen und der üblichen Wochenenduniform einer attraktiven jungen Mama: ein Tanktop über einem langärmeligen T-Shirt und engen ausgebleichten Hüftjeans. Ihr Sohn, der bereits dieselben Strähnchen verpasst bekommen hatte und ein Princeton-Sweatshirt trug, weigerte sich, sein Sandwich zu essen, obwohl ihm seine Mutter immer wieder mit durchdringender Stimme erklärte, wie gut es sei und was er versäume, wenn er es nicht äße.
    »Winston, glaub mir - es ist wirklich ein wunderbares Sandwich. Mmm …«
    Winston zog einen Schmollmund und wich dem Brot
aus, das ihm vor den Mund gehalten wurde. »Ich will ein gekotztes Ei. Die Frau sagt, gekotztes Ei! Ich will! Ich will ein gekotztes Ei, Mami!«
    »Gekocht, Winston«, verbesserte ihn seine Mutter. »Nicht gekotzt. Ein weich gekochtes Ei ist aber viel zu gefährlich. Da kann man Salmonellen bekommen. Schau doch - das ist Cheddarkäse. Du magst doch sonst immer Cheddarkäse!«
    Der kleine Junge brüllte los und versuchte, seinen Hochsitz nach hinten zu kippen. Ich blickte weg und unterdrückte ein Lächeln. Es zahlte sich nie aus, wenn man dem Rat der Schwestern nicht folgte.
    »Setzen wir uns dort hinten hin?«
    Malachy führte mich zu einem Tisch am anderen Ende des Raums, so weit wie möglich von der Mutter und ihrem Kind entfernt. Das Café war nicht groß genug, um außer Hörweite zu sein, und selbst mit der Musik im Hintergrund würden Malachy und ich leise sprechen müssen, um nicht belauscht werden zu können. Als hätte jemand das Stichwort gegeben, fingen in diesem Moment die Andrews Sisters an, Bei mir bist du schön zu singen.
    »Also«, begann ich. »Ich finde, wir müssen uns über Pia unterhalten.«
    Noch ehe ich fortfahren konnte, brach Malachy in lautes Gelächter aus. »Wir müssen uns über Pia unterhalten? Was ist das?

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