Wolfslied Roman
Epidemie«, sagte er, wobei er das Wort ganz anders als Malachy aussprach. »Interessant. Und die Tiere sind infiziert? So etwas habe ich noch nie gehört.«
»Ich habe die DNS des Virus manipuliert«, erklärte Malachy und nippte an seinem Tee. »Und vor kurzem ist mir eines meiner Versuchstiere entkommen.«
Das war auch mir neu. »Und wann genau?«, wollte ich wissen.
»Während Sie sich von der Anziehungskraft des Mondes leiten ließen«, antwortete er. »Und ehe Sie mir Vorwürfe machen, möchte ich noch hinzufügen, dass ich mir ziemlich sicher bin, dass bei mir eingebrochen und das Tier freigelassen wurde.« Bevor ich eine Frage stellen konnte, redete er weiter: »Nein, meiner Meinung nach war es nicht Pia. Vor dem Käfig habe ich auch keine Pfotenabdrücke gefunden.«
»Sie glauben also, es kann einer der Manitus gewesen sein«, sagte ich und schluckte ein weiteres Stück Brot mit Käse herunter. Noch immer hatte ich das Gefühl, statt einem Magen ein Loch zu haben. An Grigore gewandt erklärte ich: »Wir sind in ihr Reich eingedrungen, und jetzt tun sie uns dasselbe an.«
»Vielleicht euch«, entgegnete Grigore und zuckte lässig mit den Achseln. »Aber wir sind mehr.«
Etwas an diesem Mann begann mich allmählich zu ärgern. Für einen Kerl, der noch nicht mal dreißig war, sprach
er auf eine irritierend belehrende Art und Weise: als wäre er ein Professor - und wir seine Studenten.
»Hören Sie, Grigore.« Ich zeigte mit der Fonduegabel auf ihn. »Ich weiß nicht, wer diese Kabiren sein sollen, aber einem Manitu bin ich bereits begegnet. Das ist niemand, dem man mit Stärke kommen kann. Und auch niemand, dem man etwa durch geschicktes Manövrieren beikommt. Das ist ein Wesen, das in deinen Kopf eindringt und dich dazu bringt zu glauben, dass es eine gute Idee wäre, dich ihm als Zwischenmahlzeit anzubieten. Das ist nicht nur ein Problem für uns oder die Leute in der Nähe des Berges. Die Manitus breiten sich aus, und sie sind hungrig.«
»Und verdammt clever«, ergänzte Malachy. »Ich bezweifle stark, dass die Freilassung meines Versuchstieres ein Zufall war.« Er trank noch einen Schluck Tee. »Das erklärt allerdings nur, warum sich die Hunde verwandeln. Nicht die Katzen. Und die machen mir wesentlich mehr Sorgen. Eine normale Hauskatze ist der beste Fänger von Singvögeln, den man sich vorstellen kann. Wenn sie jetzt zur Größe von Luchsen heranwachsen, werden sie vermutlich auch anfangen, größere Tiere zu jagen. Einschließlich Menschen.« Er zeigte auf den kleinen Jungen, der ihn gerade mit offenem Mund anstarrte. »Wenn einige sogar so groß wie Berglöwen werden, könnten sie auch gleich noch die Mutter reißen.«
Vom anderen Ende des kleinen Cafés war ein lautes Schluchzen zu hören. Die Mutter des Jungen war damit beschäftigt, die Spielsachen des Kindes einzusammeln, die auf dem ganzen Boden verteilt waren. Ich stand auf, um ihr zu helfen. Doch sie hielt warnend die Hand hoch, um mich davon abzuhalten.
»O nein. Sie haben schon genug angerichtet!« Sie beugte sich nach vorn, um ein Plastikspielzeug hochzuheben. Man konnte hinten deutlich ihren Tangaslip sehen, der aus der tief sitzenden Jeans hervorblitzte. »Zuerst reden Sie hier schamlos über S-E-X, und dann fangen Sie auch noch von hungrigen Monstern an. Sehen Sie denn nicht, dass Sie meinen Jungen zu Tode erschrecken?«
Winston, der zu heulen aufgehört hatte, wirkte nicht sonderlich erschreckt, als er zu seiner Mutter hochblickte und fragte: »Was ist S-E-X, Mami?«
»Nichts, Schatz«, erwiderte die Frau und drückte die kleine Hand ihres Sohnes so fest, dass er aufschrie.
»Tut mir leid«, murmelte ich und sah zu, wie sie die Spielsachen in ihre übergroße Umhängetasche stopfte und dann dem inzwischen wieder hysterisch heulenden Jungen aufgebracht seine Jacke überzog.
»Das sollte Ihnen auch leidtun«, fuhr sie mich an. »Komm schon, Winston. Wir müssen gehen.«
Das Kind zeigte mit seinem dicken Stummelfinger in Richtung Küche. »Aber die dicke Frau will mir noch eine Zauberbohne geben!«
»Wir müssen jetzt aber gehen, weil manche Leute keine Ahnung haben, wie sie sich in Gegenwart von Kindern benehmen müssen.« Damit hievte die Frau Winston auf ihre Hüfte und stürmte aus dem Café. Die Tür schlug mit einem lauten Schmettern ins Schloss. Zurück blieb ein gelbes Sandförmchen, das verloren auf dem Boden lag.
»Du meine Güte«, sagte Dana, als sie aus der Küche kam und sich die Hände an der Schürze
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