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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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abwischte. »Die hatte es aber eilig.« Sie schenkte uns einen Einblick in ihr eindrucksvolles Dekolleté und lächelte. Doch als sie dann den
Tisch der Frau abräumte, gefror ihr das Lächeln auf den Lippen. Sie hatte einen Blick auf unseren Tisch geworfen, und jetzt presste sie die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen. »Entschuldigen Sie mich einen Moment«, sagte sie und verschwand in der Küche.
    Malachy und ich sahen uns an, als sie kurz darauf wiederkam, ein Tablett mit Würstchen und selbst gemachtem Kartoffelbrei sowie einem Hamburger in einem gerösteten Brötchen in Händen. »Es tut mir leid«, erklärte Dana und räumte Malachys Teller mit der Quiche weg. »Ich hatte Penny eigentlich gesagt, dass Sie das nicht wollen.«
    »Ich war aber noch nicht fertig«, protestierte Malachy. »Das war schon richtig.«
    »Und was ist mit Ihnen?« Dana baute sich neben mir auf, die Wangen vor Wut gerötet. »Wollen Sie nun den Burger?«
    »Normalerweise esse ich kein Fleisch«, antwortete ich. »Aber das riecht sehr gut.«
    »Also - wollen Sie es?«
    »Ich habe das Fondue schon angefangen …« Da ich jetzt jedoch den noch brutzelnden Burger riechen konnte, kam mir der Käse etwas schwer vor. »Ich weiß nicht.«
    In diesem Augenblick eilte Penny aus der Küche herbei, entdeckte Dana an unserem Tisch und kam zu uns, um ihr Territorium zu verteidigen. »Deinyo«, sagte sie. »Was tust du da? Du darfst doch unsere Gäste nicht belästigen.«
    Dana stellte ihre Teller vor uns auf den Tisch. »Das muss ich aber tun, wenn du die Bestellung nicht richtig hinbekommst, Pemphredo.«
    Offenbar kam die Familie ursprünglich aus Griechenland. Noch nie zuvor hatte ich die griechischen Originalnamen der Schwestern gehört.

    »Ihnen schmeckt aber das Essen, das sie von mir serviert bekommen haben!«
    Dana verschränkte ihre dicken Arme unter ihrem gewaltigen Busen. »Sie sind nur höflich.«
    »Ich weiß, wie wir das klären können«, erwiderte Penny, deren zarte Gestalt vor Empörung zitterte. »Enid!«, rief sie in Richtung Küche.
    »Ehrlich gesagt, wir wollten eigentlich nur in aller Ruhe essen«, protestierte Malachy. Doch niemand schenkte ihm Beachtung.
    Eine Sekunde später tauchte Enid aus der Küche auf. Die älteste der Grey-Schwestern verließ den Herd nur selten, so hatte ich sie bisher erst ein- oder zweimal zu Gesicht bekommen. Sie war winzig und schien in ihrem blauen Faltenkleid und der Schürze beinahe zu verschwinden. Ihr Gesicht wirkte wie ein verschrumpelter Apfel, oben verziert mit ein paar wenigen Büscheln weißer Haare. Ihre Augen wurden von einem milchigen Film verschleiert, der wohl von grauem Star herrührte. Dennoch schien sie nicht blind zu sein. Entweder wusste sie genau, wie das Café angeordnet war, und folgte nur unseren Stimmen, oder sie konnte uns auch ohne Hilfe ihrer Augen erkennen.
    Ihre Pupillen wanderten von Malachy zu mir, ehe sie sich an ihre beiden Schwestern wandte. »Ihr habt beide Recht«, erklärte sie und zeigte dabei einen beinahe zahnlosen Mund. »Sie befinden sich im Wandel.«
    Dann trat sie zu Malachy und wollte barsch wissen: »Welches?«
    Ziemlich genervt zeigte dieser auf die Quiche. »Das hier«, erklärte er. »Ich war damit zufrieden.«
    Enid nickte Dana zu, die daraufhin die Würstchen samt
Kartoffelbrei mit einem enttäuschten Zungenschnalzen wegnahm. Penny warf ihr einen triumphierenden Blick zu.
    »Und jetzt Sie«, sagte Enid zu mir. »Treffen Sie auch eine Wahl.« Ein Armband aus Steinen, die wie blaue Augen angemalt waren, klimperte an ihrem Handgelenk.
    Mein Blick wanderte vom Fondue zum Hamburger. Ich war hin- und hergerissen. Ursprünglich hatte ich angenommen, den Käse zu wollen. Doch der Wolf in mir, der noch bis vor kurzem den Ton angegeben hatte, sehnte sich nach Fleisch. Dann sah ich zuerst Penny und danach Dana an. Ich wusste, dass ich mit meiner Entscheidung eine der beiden verletzen würde. »Ich weiß nicht, was ich will. Eigentlich beides.«
    »Beides geht nicht«, antwortete Enid mit einer derart gebieterischen Stimme, dass ich instinktiv nach dem Mondstein unter meinem Pulli fasste. Sobald sich meine Finger darum geschlossen hatten, glaubte ich, eines der Augen des Armbands zwinkern zu sehen.
    »Wie heißt es so schön: Man kann es nicht allen recht machen«, sagte Dana.
    »Also sollte man es zumindest sich selbst recht machen«, erklärte Penny, die plötzlich auf eine unheimliche, seltsam mädchenhafte Weise kicherte. »Hoppla«, murmelte sie und

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