Wolfslied Roman
Seite getreten. Aber dies hier war mein Platz.«
»He, Kumpel, ich lass dich auf keinen Fall vor. Du hast ja nicht mal eine Weihgabe dabei.«
»Sie haben sich vorgedrängelt, Kumpel «, erwiderte Malachy außer sich vor Zorn.
Da es offenbar keine andere Möglichkeit gab, um mich bemerkbar zu machen, trat ich vor Malachy und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige. Und zwar so hart ich konnte.
Für den Bruchteil einer Sekunde befürchtete ich, er würde mir ebenfalls eine kleben. Doch dann berührte er seine Wange mit einem spöttischen Lächeln. »Danke, Abra«, sagte er. »Ich glaube, jetzt ist es wirklich an der Zeit, in die Praxis zu gehen. Was auch immer die Tiere und Menschen dieses Ortes derart beeinflussen mag - ganz offenbar bin auch ich nicht immun dagegen, vor allem nicht ohne meine Medikamente.«
Ich nahm ihn am Arm und führte ihn weg. Die Luft wirkte
schwer und geladen, als würden wir uns kurz vor einem sommerlichen Gewitter befinden. Ich konnte die Häuser in der Ferne flirren sehen. Alles in mir riet dazu, Schutz zu suchen. Doch gleichzeitig wusste ich, dass ich auch im Inneren eines Hauses nicht sicher war. Ich hatte diese seltsam bedrohliche Atmosphäre schon einmal erlebt, wenn ich damals auch nicht in der Lage gewesen war, sie zu beschreiben.
Mit dem Mondstein um meinen Hals wusste ich, dass dieser Sturm metaphysischer Natur war. Er würde nicht nur das Wetter ändern. Er würde die gesamte Realität, wie wir sie bisher kannten, neu anordnen.
Während wir Jackie und die Schlange von Männern auf dem Marktplatz hinter uns ließen, hörte ich den Mann mit der Schirmmütze, der dem Mann vor sich erklärte: »So ein Idiot. Ich hasse Leute, die sich vordrängeln.«
»Hör auf, mir so nah zu kommen«, fauchte ihn der andere an.
Ich musste Malachy mit aller Kraft festhalten, um ihn davon abzubringen, sich den Kerl erneut vorzuknöpfen.
30
Als ich die Ärmel der Zwangsjacke festgezurrt hatte, fragte ich: »Sind Sie sich auch wirklich ganz sicher, dass das nötig sein wird?«
»Nein, aber es macht einfach so viel Spaß«, erwiderte Malachy gereizt. »Natürlich bin ich mir sicher. Haben Sie es auch wirklich ganz festgemacht?« Er drehte den Hals, um seinen Rücken im Spiegel begutachten zu können.
Ich zog an einem der Riemen. »Ich glaube schon. Das ist allerdings das erste Mal, dass ich jemanden in eine Zwangsjacke stecke.«
»Ich fürchte allerdings, Sie müssen es etwas fester zurren. Das fühlt sich noch zu locker an.«
»Dann werden aber Ihre Arme nicht mehr durchblutet. Wir können es doch später immer noch fester machen.«
Obwohl Malachy vermutlich noch mehrere Stunden Zeit blieben, ehe der letzte Rest der Medizin seine Wirkung verlor, hatte er es für das Beste gehalten, sich vorsichtshalber schon jetzt fesseln zu lassen. Im Grunde war ich seiner Meinung. Etwas an Northside übte einen große Einfluss auf alles Übernatürliche aus und verstärkte dessen Wirkung. Dank der Manitus wurden diese Seltsamkeiten noch um ein Vielfaches verstärkt.
»Später kooperiere ich aber wahrscheinlich nicht mehr so willig wie jetzt. Ziehen Sie es noch um eine Stufe fester, Abra.«
Mit einem lauten Ächzen riss ich ein weiteres Mal an dem Riemen. Ich schwitzte vor Anstrengung. Als ich an mir herabsah, bemerkte ich meine Brustwarzen, die man unter meinem langärmeligen weißen Seidenhemd erkennen konnte. Am Morgen hatte ich mich passend zum Winter in mehreren Schichten angekleidet. Doch für den Pulli war es jetzt zu heiß geworden. Dummerweise hatte ich nicht daran gedacht, einen BH zu tragen. Außerdem waren meine Brüste noch immer leicht geschwollen und empfindlich.
Egal. Konzentriere dich auf das Wesentliche, dachte ich. Erneut holte ich mein Handy heraus und versuchte, Red zu erreichen. Diesmal empfing ich zwar ein Signal, und es klingelte am anderen Ende der Leitung. Aber Red hob nicht ab. Ich wollte das Handy gerade wieder zuklappen, als ich bemerkte, dass ich zwei Nachrichten erhalten hatte.
»Abra«, beschwerte sich Malachy. »Jetzt ist es doch zu eng geworden.«
»Gleich«, erwiderte ich und hörte mir meine beiden Voicemails an. Zu meiner Enttäuschung war die erste aber nicht von Red, sondern von meiner Mutter. Sie wollte wissen, ob ich sie angerufen hätte, was nur ihre indirekte Art und Weise war, mir mitzuteilen, dass sie sich über meine fehlende Kommunikation ärgerte.
»Abra«, sagte Malachy streng. »Können Sie das bitte weglegen und mir helfen?«
»Warten Sie einen
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