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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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denn sie lachten nur und grölten dann noch lauter als zuvor.
    Ich wollte der Gruppe hinterherrennen und dem Rektor zu Hilfe kommen, doch Malachy hielt mich zurück. »Wir müssen zuerst herausfinden, was hier los ist, Abra«, sagte er. »Schauen Sie nur.« Er zeigte nach oben.
    Ich blickte in den blauen Himmel hinauf. »Was gibt es dort?«

    »Sehen Sie sich die Wolken an«, erwiderte er ungeduldig. »Vor allem im Osten.«
    »Es wird dunkel«, stellte ich fest.
    »Da braut sich ein Sturm zusammen. Aber das ist kein normaler Sturm, wie wir ihn zu dieser Jahreszeit öfter bekommen. Dieser Himmel, diese Wolkenformationen … Ich bin kein Experte auf diesem Gebiet. Aber sieht das in Ihren Augen wie ein gewöhnlicher Januarhimmel aus?«
    Ich schüttelte den Kopf. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich auch die Luft verändert zu haben schien. Das Tageslicht kam mir anders als sonst vor und ebenso der Geruch, der in der Luft lag. Alles erinnerte eher an März als an Januar. Die schwarzen dichten Wolkengebilde, die sich im Osten zusammenballten, wirkten hingegen so, als hätten wir Juli - jene Jahreszeit, in der sich das Wetter schnell verändern und sich ein klarer Himmel in Sekundenschnelle in eine dunkle Wetterfront als Vorbote eines Hurrikans - oder in einen Twister - verwandeln konnte.
    »Und schauen Sie sich das an«, sagte Malachy. »Die Vögel kehren zurück.«
    Ich wandte den Kopf. Eine riesiger dunkler Vogelschwarm flog in unsere Richtung: kanadische Gänse in ihrer üblichen V-Formation, Schwalben und Rotkehlchen sowie zahlreiche andere Arten, die ich nicht kannte. Es war eine gewaltige Welle von Rückkehrern, die durch den unnatürlichen Frühlingsausbruch in unsere Gefilde gelockt wurden.
    »Das ist nicht nur die globale Erwärmung, die dafür verantwortlich ist«, meinte ich lapidar und zog meine Winterjacke aus.
    »Das ist eher lokal als global, würde ich vermuten«, entgegnete
Malachy. Er hängte sich seinen Mantel um die Schultern und fasste mich am Ellbogen, als ob wir einen ganz gewöhnlichen Spaziergang unternähmen.
    Ich holte mein Handy heraus und versuchte wieder, Red anzurufen. »Noch immer nichts«, sagte ich.
    »Ist das normal?«
    Ich schüttelte den Kopf. Northside besaß zwar eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Funklöchern, aber Main Street gehörte sonst nicht dazu. Ich versuchte es noch einmal. Ich wählte Reds Nummer, und diesmal war ein schwacher Klingelton am anderen Ende der Leitung zu hören. »Er hebt nicht ab«, sagte ich besorgt.
    Malachy nickte und lief schneller. Nachdem der Anfall vorüber war, erschien er deutlich vitaler und energiegeladener als zuvor. Vielleicht hatte das Fehlzünden seiner Neuronen wie eine Art körpereigene Elektrotherapie gewirkt. Jedenfalls eilte er hastig dahin. »Wir versuchen es von der Praxis aus noch einmal«, schlug er vor.
    Ich nickte und beschleunigte ebenfalls meinen Schritt, um mit ihm mithalten zu können. Nach wenigen Sekunden hatte ich aber Seitenstechen und wurde wieder langsamer.
    Auf einmal hörte ich die Stimme meiner Mutter, und zwar so klar und deutlich, als hätte sie neben mir gestanden: Abra, das ist jetzt wirklich nicht der passende Zeitpunkt, um dich wie ein Baby aufzuführen.
    Jetzt hörte ich also schon Stimmen. Kein gutes Zeichen - und vermutlich die Folge des Mondsteins um meinen Hals. Auch der Zwischenfall mit Enid verwirrte mich. War das eine Vision gewesen, die ich dem Stein verdankte? Wenn man das Ganze optimistisch betrachtete, schien ich wenigstens keine weiteren Halluzinationen zu haben, denn
offensichtlich sah Malachy dieselben seltsamen Dinge wie ich. Vielleicht gewöhnte ich mich ja auch immer mehr an den Zauber, je länger ich die Kette trug. Ich durfte nur nicht an das denken, was das Silber mit meiner Haut machte. Allein der Gedanke verursachte einen sofortigen Juckreiz an meinem Hals.
    »Hören Sie mit dem Kratzen auf«, ermahnte mich Malachy, und ich zog die Hand fort.
    Als wir an dem alten Miller vorbeikamen, dem früheren Bürgermeister von Northside, trat dieser unerwartet auf uns zu und begann mit einer bebenden Altmännerstimme zu prophezeien. Dabei lehnte er sich auf seinen Stock, während sein langer weißer Bart im Wind flatterte. »Hört auf mich, o ihr Kinder des Lasters. Die ganze Nation wird für eure Sünden bestraft werden.«
    »Ich dachte, Miller wäre Atheist«, sagte ich, als wir an ihm vorbeieilten. »Und seit wann hat er einen Bart?«
    »Etwa so lange, wie Jackie anschaffen geht.«
    Ich wandte mich

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