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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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dass ich den Mondstein um meinen Hals geschraubt trug, um zu begreifen, wie tief ich in der Tinte saß.
    »Ich muss etwas verwechselt haben«, sagte ich.
    »Ja, das musst du wohl. Und außerdem hast du mich verletzt. Kapiert? Dieser Malachy ist ein kranker alter Arsch. Ich werde nicht gern mit kranken alten Ärschen verwechselt. Das verstehst du doch, oder?«
    Ich nickte. Wenn ich mitspielte, würde ich es vielleicht schaffen, dass er nicht wieder die Fassung verlor. Zumindest konnte ich es versuchen.
    »So wie ich das sehe, musst du das erstmal wieder in Ordnung bringen.«
    »Und wie kann ich das wieder in Ordnung bringen, Knox?«, fragte ich.
    »Lass mich überlegen … ah ja. Ich weiß. Du lässt mich dich fesseln.«
    So viel zum Mitspielen.
    »Tut mir leid«, erwiderte ich und wünschte mir, irgendwie an ein Betäubungsgewehr zu kommen. »Aber das geht nicht. Hören Sie, Malachy. Ich weiß nicht, wie viel von Ihnen noch da drinnensteckt. Aber ich will Ihnen nicht wehtun.«
    »Ich hab es dir schon mal gesagt, Süße. Ich bin nicht Malachy. Und wie wäre es, wenn wir zur Abwechslung mal dir wehtäten?«, entgegnete Knox und schenkte mir ein unangenehmes Lächeln. Seine Eckzähne wirkten verdammt scharf. »Wie würde dir das gefallen?«

    »Überhaupt nicht, Malachy.«
    Seine grünen Augen blitzten wütend auf. »Wenn du mich nochmal so nennst«, knurrte er, »wird dir das verdammt leidtun, Kleine.«
    Mist. Er klang sehr wie Malachy, und ich war außerdem daran gewöhnt, mit einem Mann zusammen zu sein, der sich gelegentlich in ein wildes Biest verwandelte. Es fiel mir schwer, einzusehen, dass wir das Ganze nicht mit Worten und Gesten lösen konnten.
    Dann musst du diese Rolle eben übernehmen , sagte die Stimme meiner Mutter in meinem Inneren. Das ist deine einzige Überlebenschance.
    Obwohl ich noch nie in meinem Leben versucht hatte, einen Mann zu manipulieren, wurde mir mit einem Schlag bewusst, dass ich es nur so schaffen konnte, mich ihm zu nähern und meine Waffen zum Einsatz zu bringen. In einem direkten Kampf hatte ich keine Chance gegen diesen Yeti.
    Eigentlich hätte ich zumindest teilweise ein Wolf sein müssen, denn der Mond war noch immer zu drei Vierteln voll. Doch irgendetwas stimmte nicht. Entweder war ich zu nervös, um diesen Bereich meines Wesens zu erreichen, oder etwas anderes wirkte sich störend auf den Mondzyklus aus. Der Stein um meinen Hals signalisierte mir jedenfalls deutlich, dass kein bisschen Wolf mehr in mir vorhanden war. Ich fühlte mich so, wie ich mich normalerweise am dunkelsten Tag des Monats fühlte, wenn der Mond überhaupt nicht zu sehen war.
    Ich musste mich also ganz und gar auf meine menschlichen Fähigkeiten verlassen.
    »Ich glaube eigentlich nicht, dass Sie mir wehtun wollen«, erklärte ich voller Zuversicht.

    »Natürlich will ich dir nicht wehtun«, erwiderte Knox. Einer der wölfischen Hunde warf sich plötzlich auf ihn. Er schlug ihn mit einem achtlosen Schlenkern seiner Hand beiseite, so dass das Tier hilflos wimmernd gegen die Wand krachte. »Aber wie du siehst, hapert es bei mir etwas an der Feinmotorik.«
    Verdammt. Er konnte also auch in dieser Gestalt lügen. Das war etwas, was selbst halb verwandelte Lykanthropen nicht mehr vermochten. Sobald das Animalische vorherrschte, war es nahezu unmöglich für uns, Dinge zu behaupten, die nicht der Wahrheit entsprachen.
    Knox, der die übrigen Hunde mit einem einzigen finsteren Blick verscheuchte, drehte sich zu mir. »Wo liegt deine Schmerzgrenze, Kleine?«
    Ich zwang mich, nicht auf den winselnden Hund zu achten, der sich mühsam aufrappelte und davonhumpelte. Stattdessen blickte ich dem Untier mir gegenüber in die Augen. Sie waren noch immer grün, leuchteten jetzt jedoch eigentümlich fluoreszierend - wie die Augen eines Wesens, das in den Tiefen des Meeres lebte und dort seine Beute anlockte. »Ein paar Schmerzen stören mich nicht, solange sie mit Lust und Vergnügen verbunden sind.«
    Knox legte seinen großen, zerzausten Kopf zur Seite und erinnerte mich dabei so stark an Malachy, dass es mir schwerfiel, ihn nicht für sein Alter Ego zu halten. »Was meinst du damit?«
    »Na ja …«, begann ich, kam jedoch nicht weiter.
    Mit wenigen Schritten war er bei mir, packte mich mit seiner Pranke am Pferdeschwanz und riss meinen Kopf zurück, so dass sich ihm mein Hals darbot. »So etwas zum Beispiel«, sagte er. »Nennst du so etwas lustvolle Qualen?«

    »Nein«, erwiderte ich und bemühte mich, ruhig zu bleiben

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