Wolfslied Roman
Kaffeepulver gefüllt hatte. Red liebte diese Art von Kaffee und behauptete immer, er wäre besser als jeder andere. Aber ehrlich gesagt, ich musste erst noch überzeugt werden.
»Seien Sie nicht so ungeduldig«, sagte Malachy, als ich anfing, den Stempel mit dem Metallfilter herunterzudrücken. »Der ist noch nicht so weit.«
Gereizt setzte ich mich wieder an den Küchentisch. »Ich hasse diesen Kaffeedrücker. Er macht sowieso nur schwachen Kaffee, in dem der Satz herumschwimmt.«
»Der Kaffee muss erst ziehen, und dann darf man den Satz langsam nach unten drücken.« Malachy klang so belehrend wie immer, doch mir entging nicht, wie stark seine Hand
zitterte, als er den Becher mit Tee hochhob. Sein Gesicht war noch blasser als sonst, und auf seiner Oberlippe zeigten sich Schweißperlen.
Red holte einen Wasserkrug aus der Kühlbox und goss ein Glas Wasser ein. Schweigend sah er zu, wie Malachy ein Pillenfläschchen aus seiner Tasche zog. »Hier«, sagte er, als mein Chef zum dritten Mal versuchte, den Deckel zu öffnen. »Lassen Sie mich das machen.«
»Danke.«
Mir fiel auf, dass auf dem Fläschchen keine Beschriftung zu sehen war. Bei dem Medikament handelte es sich um farblose Kapseln. Ich wollte gar nicht wissen, wovon Malachy da drei Stück nahm. Mit zitternden Fingern steckte er sie sich in den Mund und schwappte das Ganze mit einem Schluck Wasser herunter.
Draußen war es inzwischen fast völlig dunkel geworden. Red stand auf und begann in der ganzen Hütte die Öllampen anzuzünden, die er einem Trödler vor einiger Zeit abgekauft hatte. Wir besaßen auch einige Campinglampen, die zwar leichter zu benutzen waren, aber dafür auch ein weniger hübsches Licht machten. Und wenn wir schon mal dabei waren: Wir hatten tatsächlich auch eine Toilette in der Hütte, die jedoch nicht auf konventionelle Weise gespült werden konnte, da wir nicht an die Kanalisation angeschlossen waren. Man musste einen Eimer Wasser nachschütten, was das Ganze natürlich etwas umständlicher machte.
Manchmal kam ich mir so vor, als würde ich mich auf einem langen Campingurlaub befinden. Oder als wäre ich für kurze Zeit in das Leben eines anderen Menschen geschlüpft. Ich musste mich immer wieder daran erinnern,
dass das Ganze nur vorübergehend gedacht war, bis Red unser eigenes Traumhaus bauen konnte.
Die kleine braune Fledermaus hatte begonnen, ihre Runden durch die Hütte zu ziehen. Red fing sie ein und brachte sie ins Schlafzimmer. In einem begrenzten Raum können sich Fledermäuse in den Haaren verfangen, und dazu hatte keiner von uns Lust.
Als er zurückkehrte, kam er an Ladyhawke vorbei, die sich sogleich auf seiner Schulter niederließ und zärtlich an einem seiner Haarbüschel zupfte.
»Nicht so wild, mein Mädchen. Ein paar will ich noch behalten.«
»Du hast genügend Haare«, sagte ich. »Du müsstest sie nur länger wachsen lassen.«
»Den Tarzan-Look überlasse ich lieber unserem Freund hier«, entgegnete Red und wies mit dem Kopf auf Malachys wilde Mähne. Vorsichtig hakte er die scharfen Krallen des Falken von seinem Hemdstoff und setzte sich den Vogel dann auf den Unterarm. »He, meine Hübsche. Warum nimmst du dir nicht den da vor? Der könnte ein bisschen Ausputzen vertragen.«
Malachy bedachte Ladyhawke mit seinem ganz eigenen Raubvogelblick. »Würde ich nicht raten. Ist es eigentlich nicht noch etwas früh, schon jetzt ein Nest zu bauen? Ich dachte immer, Rotschwanzfalken brüten erst im Frühling.«
»Sie ist noch jung«, erklärte Red. »Und die künstliche Wärme hier in der Hütte verwirrt sie nur.« Er setzte den Vogel wieder auf das Küchenregal zurück.
»Sie scheint Sie zudem als potenziellen Partner auserkoren zu haben.«
Reds Lächeln wirkte ein wenig gequält. »Sie überschätzen meine Wirkung auf das weibliche Geschlecht.«
»Hat sie aber getan. Haben Sie denn nicht gemerkt, wie sie versucht hat, Sie zu putzen? Und jetzt schauen Sie sie bitte an: Sie putzt sich das Gefieder, als würde sie sich auf ein Rendezvous vorbereiten.«
Tatsächlich plusterte Ladyhawke ihr Gefieder auf, putzte sich und legte zwischendurch immer wieder den Kopf zur Seite, als wenn sie mit Red flirten würde. »Und wieso reißt sie dann auch mir die Haare aus?«, wollte ich wissen. »Soll das bedeuten, dass sie auch für mich etwas übrighat?«
Malachy nahm einen Schluck Wasser. »Das glaube ich nicht. Vielleicht versucht der Vogel nur, Sie zu verjagen. Andererseits könnte es auch einfach ein Zeichen
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