Wolfsmagie (German Edition)
verstörenden Überlegungen zum Trotz schlief sie ein, erwachte spät und streckte sich genüsslich. Die Uhr zeigte 11:00 Uhr morgens an. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie zuletzt so lange im Bett geblieben war. Aber es kam auch nicht jede Nacht vor, dass man beinahe ertrank und ein Seeungeheuer einem das Leben rettete, das Ganze gekrönt von fantastischem Sex mit einem heißen schottischen Parkaufseher.
Kris ging ins Bad. Ein Blick in den Spiegel enthüllte, dass sie breiter grinste, als sie seit langer Zeit gegrinst hatte. Vermutlich seit sie das letzte Mal fantastischen Sex genossen hatte.
Wann immer das gewesen sein sollte.
Natürlich hatte sie Sex gehabt, aber niemals solchen wie diesen. Sie hatte keinen Liam gehabt. Sie konnte es nicht erwarten, ihn wieder zu haben.
Ein glucksendes Lachen entschlüpfte ihr, als sie ihre durchnässte Kleidung aufhob und die Dusche anstellte. Allem Anschein nach hatte sie in dieser Welt endlich doch etwas gefunden, über das es sich zu kichern lohnte.
Aber ihr Lachen erstarb, als sie ihre Sachen über den Handtuchhalter hängte. Jemand hatte versucht, sie umzubringen. Wieder. Sie würde es Alan Mac sagen müssen.
»Weil er sich bisher ja als so nützlich erwiesen hat«, grummelte sie, als sie unter den Wasserstrahl trat.
Doch sie konnte nicht wählerisch sein, und Alan Mac war nun mal der zuständige Polizeibeamte. Abgesehen davon sollte sie den Verlust ihrer Kamera melden. Nur für den Fall, dass sie irgendwo angespült und bei den Behörden abgegeben wurde.
Hm, was wollte sie mit dem Ding eigentlich noch anfangen? Es war ja nicht so, als würde ihre Kamera noch funktionieren oder ihre Aufnahmen …
Kris erstarrte mitten im Ausspülen des Shampoos. Könnte das der Grund sein, warum jemand ihr einen freien Fall in die Tiefen des Loch Ness spendiert hatte? Weil sie Nessie gefilmt hatte?
Sie massierte weiter ihre Kopfhaut, hob ihre dichte, lockige Mähne hoch und ließ das Wasser die letzten Schaumreste herausspülen, während sie nachdachte. Jede Sekunde Film, die sie von Nessie hatte, war …
»Müll«, murmelte sie.
Das Nichtvorhandensein von anständigen Bildern – ob nun stille oder bewegte – war eins der Hauptargumente auf der Gründe-warum-Nessie-nicht-existiert-Liste. Wäre das Seeungeheuer echt, würde es einen physikalischen Beweis dafür geben – besonders in diesen modernen Zeiten, wo jeder Dritte eine Kamera besaß und genau wusste, wie er damit umzugehen hatte.
Sämtliche Unterwasserversuche hatten verständlicherweise nur Mist hervorgebracht. Der verflixte Torf sorgte dafür, dass es einem Wunder gleichkam, wenn man auch nur die Hand vor Augen sah. Kris wusste das aus eigener Erfahrung.
Die Filmaufnahmen, die bislang gemacht wurden, waren unscharf, fleckig, dunkel und verwackelt. Die Hälfte davon war zerstört oder verloren.
Die Fotos waren nicht viel besser. Bei gutem Licht und mit geeigneten Objektiven gerade in dem Moment nahe genug am Loch Ness zu sein, wenn das Ungeheuer sich zeigte, war zweifellos eine gigantische Herausforderung. Trotzdem hätte es irgendjemandem im letzten Jahrzehnt, seit die Kameras so verdammt gut geworden waren, gelingen müssen.
Aber Fehlanzeige.
Kris drehte das Wasser ab. Oder doch nicht? Vielleicht hatte jemand ohne zitternde Hände und mit geeigneter Ausrüstung Nessie gefilmt, nur hatte er sich anschließend auf dem Grund des Loch Ness wiedergefunden.
So wie Kris.
Mit einem abfälligen Schnauben schnappte sie sich ein Handtuch. Wie könnte das sein? Es war ja nicht so, als hielte jemand rund um die Uhr am Loch Ness Wache wie ein …
Das Handtuch fiel Kris aus ihren plötzlich tauben Fingern. »Parkaufseher?«
Scheiße!
Vielleicht hatte Liam sie doch hinuntergestoßen.
Nachdem Kris sich angezogen und eine Tasse des Kaffees, den Liam letzte Nacht gekocht, den zu trinken sie jedoch nicht die Zeit gefunden hatte, in der Mikrowelle aufgewärmt und hastig geschlürft hatte, bevor sie in strammem Tempo nach Drumnadrochit marschierte, fühlte sie sich ruhiger.
Wenn man ihr etwas nachsagen konnte, dann dass sie eine logisch veranlagte Frau war. Und die Logik besagte: Sollte Liam sie wirklich umbringen wollen, hätte er reichlich Gelegenheit dazu gehabt.
Natürlich gab es da auch noch diese hinterhältige Stimme, die wisperte: Jetzt muss er dich nicht mehr töten, nachdem deine Kamera bei den Fischen schwimmt. Zumindest nicht, solange du nicht etwas anderes tust, mit dem du drohst …
»Was?«, fragte Kris
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