Wolfsmagie (German Edition)
am Handgelenk ihres Bruders. Das hier …« Sie zeigte auf den Streifen, den sie an Alan Macs Bizeps bemerkt hatte. »… findet sich am Oberarm des Polizeichefs. Und dies …« Sie meinte die Tätowierung, die sie an Jamaicas Knöchel entdeckt hatte. »… ist der Kopf von etwas, das ich für eine Schlange hielt, das jedoch, wenn mit dem Rest zusammengefügt, zu dem hier wird.« Wieder zeigte sie auf die Zeichnung von Nessie.
»Interessant«, brummte Edward. »Früher verwendete man Tätowierungen als eine Art …« Er suchte nach dem passenden Ausdruck. »Magnet. Einige uramerikanische Schamanen zum Beispiel benutzten Tätowierungen, um Magie herzuleiten, und zwar aus …« Er zuckte die Achseln. »Woraus auch immer sie sie herleiteten.«
»Aus Narrenland?«
»Sie glauben nicht an Magie?«
»Nicht wirklich«, sagte sie. Was nicht annähernd die Antwort war, die sie noch vor einer Woche gegeben hätte: Nicht in diesem Leben .
»Ich weiß außerdem von Tätowierungen, die Gestaltwandlern als Hilfsmittel dienten.« Mandenauer spitzte die schmalen Lippen. »Sie haben diese Zeichen an vier verschiedenen Personen gesehen?«
»Bislang.« Kris machte eine Pause und zählte eins und eins zusammen. »Sie halten es für möglich, dass jeder von ihnen Nessie sein könnte?«
»Es gibt die Theorie, dass es eine komplette Herde ist.« Nun hielt Mandenauer inne und zog seine eigenen Schlüsse. »Sie könnten sich natürlich abwechseln, was helfen würde, eine Entdeckung zu vermeiden.«
»Wie das?«
»Sollte einer von ihnen Gefahr laufen, als Gestaltwandler enttarnt zu werden, müsste er sich lediglich zum selben Zeitpunkt sehen lassen, zu dem auch Nessie – verkörpert von einem anderen Gestaltwandler – gesehen wird. Schon löst sich der Verdacht in Wohlgefallen auf. Mir sind allerdings auch schon Tätowierungen untergekommen, die von Wächterkulten gebraucht wurden.«
»Wie bitte?« Was ihr als i-Tüpfelchen gerade noch gefehlt hatte, war eine Sekte.
»Stellen Sie sich mal vor, Sie hausen in einer Hütte oder auf einem Berg, fristen ein kümmerliches Dasein. Sie jagen. Sie sammeln. Trotzdem reicht es kaum zum Überleben. Dann kommt ein Wesen des Weges, das stärker und schneller ist als jedes andere, das über Kräfte verfügt, die jeder Logik entbehren, und das so gut wie nicht, falls überhaupt, sterben kann. Woran würden Sie denken?«
»An Gott.«
Mandenauer neigte den Kopf. »Zu Anfang wurden paranormale Kreaturen tatsächlich verehrt. Doch im Laufe der Zeit, als der Bedarf an Menschenopfern exzessiv wurde …«
»Warten Sie eine Sekunde«, wurde er von Kris unterbrochen, die sich gerade an das erinnerte, was sie über Obeah gelernt hatte. »Könnte es sich bei den getöteten Menschen um Opfergaben an einen Gott handeln?«
Der alte Mann kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Ich habe noch nie davon gehört, dass das Ungeheuer von Loch Ness als Gottheit erachtet wird.« Er zuckte die mageren Schultern. »Aber wer weiß? Haben Sie schon einen Verdächtigen?«
Kris zögerte. Wenn sie ihm von Jamaica erzählte, würde er dann einen seiner Agenten schicken, um sie verhören zu lassen? Würden sie sie eliminieren? Sollte Kris sie davon abhalten? Falls Jamaica der großen Göttin Nessie Menschenopfer darbrachte, musste etwas unternommen werden.
Also berichtete sie Edward, was sie wusste.
»Opferungen bedeuten Blut«, sagte er. »Blut ist mächtig. Diese Ertränkungen …« Er schüttelte den Kopf. »Nicht besonders blutig. Außerdem verlangen solche Tötungen nach einem Ritual. Leichen ins Wasser zu werfen oder sie am Ufer zurückzulassen, ohne einen Feuerkreis oder einen feierlichen Gesang um Mitternacht, klingt nicht nach einer Opferung. Trotzdem sollten Sie die Frau im Auge behalten.«
»In Ordnung. Was passierte, als die Wächter entschieden, dass die Forderungen des Gottes zu gierig wurden?«
»Einige begaben sich auf die Suche nach einer Methode, den Untötbaren zu töten. Ihre Abenteuer nährten die Legende weiter. Geschichten wurden erzählt, Informationen überliefert.«
»Und Jäger wurden geboren.«
»Ja. Doch es gab einige Orte, an denen die Gottheit, die Kreatur, sich mit ihren Dienern verbündete. Möglich, dass sie dazu überging, Jagd auf den Feind zu machen, anstatt auf die eigenen Anhänger. Vielleicht rettete sie sie vor einem anderen Monster.«
Kris kam ein Gedanke, der ihr zwar nicht behagte, den sie aber dennoch ansprechen musste. »Wenn man die dunkle Seite der menschlichen Natur
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