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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Autopsie lenken
könnten.
»Am besten lassen wir das bis morgen, was?«, sagte Rebus und sprach für sie beide. Flight nickte
nur, fuhr los und winkte Cousins und Isobel Penny zu, die gerade in ihr Auto steigen wollten.
Rebus starrte aus seinem Seitenfenster und sah DC Lamb neben seinem Auto stehen, einem schicken
kleinen Sportwagen. Typisch, dachte Rebus. Einfach typisch. Lamb starrte zu ihm zurück und sandte
ihm grinsend seine Dreiviertelladung Spott herüber.
LMAA, intonierte Rebus im Kopf. LMAA. Dann drehte er sich um, um nach dem Teddybären hinter sich
zu sehen. Flight weigerte sich entschieden, auf den Hinweis einzugehen, und Rebus wollte sich
trotz seiner Neugier nicht von vornherein die Chance verderben, ein halbwegs gutes Verhältnis zu
diesem Mann zu entwickeln, indem er die offenkundige Frage stellte. Mit manchen Dingen wartete
man immer am besten bis zum nächsten Morgen.
Der Whisky hatte ihm Nase, Hals und Lunge frei gemacht. Er atmete tief durch und sah den kleinen
Autopsieassistenten mit dem kräftigen Muttermal vor sich sowie Isobel Penny, die wie eine
Hobbykünstlerin zeichnete. Sie hätte genauso gut vor einem Museumsbild sitzen können, so wenig
Emotionen hatte sie gezeigt. Er fragte sich, was wohl ihr Geheimnis war, das Geheimnis ihrer
absoluten Gelassenheit, glaubte es aber letztlich zu kennen. Ihr Job war für sie genau das
geworden, was das Wort besagte: ein Job. Vielleicht würde Rebus eines Tages genauso empfinden,
was er allerdings nicht hoffte.
Wenn das überhaupt möglich war, dann redeten Flight und Rebus während der Fahrt zum Hotel noch
weniger, als sie es auf dem Weg zum Leichenschauhaus getan hatten. Der Whisky machte sich in
Rebus' leerem Magen bemerkbar, und im Wagen war es drückend warm. Er versuchte, das Fenster einen
Spalt zu öffnen, doch der kühle Luftzug machte alles nur noch schlimmer.
Die Autopsie lief noch einmal vor ihm ab. Die Schneidewerkzeuge, wie die Organe dem Körper
entnommen wurden, die Einschnitte und Untersuchungen, Cousins Gesicht, das irgendein schwammiges
Gewebe aus nur wenigen Zentimetern Entfernung betrachtete. Ein Zucken, und sein Gesicht wäre
voller... Isobel Penny, die das alles beobachtete, alles aufzeichnete, den Schnitt vom Hals bis
zum Schambein... London raste an ihm vorbei. Getreu seinen Worten fuhr Flight bei einigen roten
Ampeln durch, und bei anderen bremste er nur ein wenig ab. Es waren immer noch Autos unterwegs.
Die Stadt schlief nie. Nachtclubs, Partys, ziellos Herumtreibende und Obdachlose. Schlaflose
Hundebesitzer, Bäckereien, die vierundzwanzig Stunden geöffnet hatten, und Beigel-Shops. Manche
schrieben es »Beigel« und manche »Bagel«. Was, zum Teufel, war überhaupt ein Beigel? Waren das
nicht diese Dinger, die sie immer in den Woody-Allen-Filmen aßen?
Proben von ihren Augenbrauen, Herrgott noch mal. Wozu sollten Proben von ihren Augenbrauen gut
sein? Sie sollten sich auf den Mörder konzentrieren, nicht auf das Opfer. Diese Zahnabdrücke. Wie
war noch mal der Name von dem Zahnarzt? Kein Zahnarzt, ein Dentalpathologe.
Morrison, ja, das war's. Morrison, wie die Straße in Edinburgh, Morrison Street, nicht weit von
dem Brauereikanal, wo die Schwäne lebten, ein einzelnes Paar Schwäne. Was passierte eigentlich,
wenn sie starben? Würde die Brauerei sie durch ein neues Paar ersetzen? So verdammt heiß in
diesem glänzenden roten Auto. Rebus spürte, wie sein Inneres sich nach außen kehren wollte. Das
Messer im Hals gedreht. Ein nicht sehr großes Messer.
Er sah es beinah vor sich. So was wie ein Küchenmesser. Er hatte einen unangenehmen sauren
Geschmack im Mund.
»Wir sind gleich da«, sagte Flight. »Nur noch die Shaftesbury Avenue runter. Da rechts ist Soho.
Mein Gott, haben wir diesen Sumpf in den letzten Jahren trocken gelegt. Das würden Sie kaum
glauben. Wissen Sie, mir ist eingefallen, dass nicht weit von der Stelle, wo die Leiche gefunden
wurde, damals die Krays gewohnt haben. Irgendwo auf der Lea Bridge Road. Ich war gerade ein
junger Streifenpolizist, als die ihre Glanzzeit hatten.«
»Bitte...«, sagte Rebus.
»Die haben jemand in Stokie umgebracht. Jack McVitie hieß der, glaub ich. Wurde Jack the Hat
genannt.«
»Können Sie hier anhalten?«, platzte Rebus heraus. Flight sah ihn an.
»Was ist los?«
»Ich brauch ein bisschen frische Luft. Ich geh den Rest zu Fuß. Halten Sie bitte einfach
an.«
Flight begann zu protestieren, fuhr aber an den Bordstein. Sobald Rebus aus dem

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