Wolfsmale
weiß nur nicht genau, was damit gemeint ist, sachlich und nüchtern.«
Flight starrte Rebus an, sagte aber nichts, sondern nippte an seinem Kaffee. »Um elf ist eine
Besprechung im Einsatzraum. Ich glaub nicht, dass wir das schaffen, deshalb hab ich Laine
gebeten, die Sache zu übernehmen. Er hat gern die Verantwortung.«
»Und was machen wir?«
»Tja, wir könnten zum Lea fahren und mal schauen, wie's bei den Befragungen der Nachbarn so
läuft. Oder wir könnten uns den Laden anschauen, in dem Mrs. Cooper gearbeitet hat.« Rebus wirkte
nicht gerade begeistert. »Oder ich könnte mit Ihnen eine Tour zu den drei anderen
Mordschauplätzen machen.« Rebus horchte auf. »Okay«, sagte Flight, »also die Touristentour.
Trinken Sie aus, Inspector. Wir haben einen langen Tag vor uns.«
»Nur noch eine Sache«, sagte Rebus. »Warum diese bevorzugte Behandlung? Ich hätte eigentlich
gedacht, dass Sie was Besseres zu tun haben, als für mich Chauffeur zu spielen?«
Flight betrachtete Rebus eingehend. Sollte er ihm den wahren Grund nennen oder irgendeine
Geschichte erfinden? Er entschied sich für erfinden und zuckte die Achseln. »Nur damit Sie
leichter in den Fall reinkommen.«
Rebus nickte bedächtig, doch Flight wusste, dass er ihm nicht ganz glaubte.
Als sie am Auto waren, warf Rebus einen Blick durch die Heckscheibe, um nach dem Teddybär zu
sehen.
»Ich hab ihn getötet«, sagte Flight, während er die Fahrertür aufschloss.
»Der perfekte Mord.«
»Wie ist es denn so in Edinburgh?«
Rebus wusste, dass Flight nicht das touristische Edinburgh meinte mit seinem Festival und dem
Castle. Er meinte das kriminelle Edinburgh, was eine völlig andere Stadt war.
»Nun ja«, antwortete er, »wir haben immer noch ein Drogenproblem, und es scheint wieder mehr
Kredithaie zu geben, doch ansonsten sind die Dinge im Augenblick recht ruhig.«
»Aber«, erinnerte ihn Flight, »Sie hatten doch vor ein paar Jahren diesen Kindermörder.«
Rebus nickte.
»Und Sie haben den Fall gelöst.« Darauf gab Rebus keine Antwort. Es war ihnen gelungen, aus den
Medien herauszuhalten, dass es sich eher um eine persönliche Angelegenheit gehandelt hatte und
nicht um einen typischen Serientäter.
»Er ist durch Tausende Arbeitsstunden gelöst worden«, sagte er beiläufig.
»Das ist aber nicht das, was die Chefs glauben«, sagte Flight. »Die halten Sie nämlich für so was
wie einen Serienkiller-Guru.«
»Da irren sie sich«, sagte Rebus. »Ich bin bloß ein Polizist, genauso wie Sie. Wer genau sind
denn die Chefs? Wessen Idee war das?«
Doch Flight schüttelte den Kopf. »Da bin ich mir nicht ganz sicher. Ich meine, ich weiß
natürlich, wer die Chefs sind - Laine, Chief Superintendent Pearson -, aber nicht, wer von denen
dafür verantwortlich ist, dass Sie hier sind.«
»Auf dem Brief stand Laines Name«, sagte Rebus, obwohl er wusste, dass das nicht viel zu bedeuten
hatte.
Dann beobachtete er, wie die Fußgänger zur Mittagszeit über die Bürgersteige hasteten. Der
Verkehr war dagegen praktisch zum Stillstand gekommen. Er und Flight hatten in einer guten halben
Stunde kaum mehr als drei Meilen geschafft. Straßenarbeiten, Parken in der zweiten (und dritten)
Reihe, unzählige Ampeln und Fußgängerüberwege sowie das unerträglich egoistische Verhalten
einiger Fahrer hatten dafür gesorgt, dass sie nur im Schritttempo vorankamen. Flight schien seine
Gedanken lesen zu können.
»In ein paar Minuten sind wir hier raus«, sagte er. Er dachte über das nach, was Rebus gesagt
hatte, bloß ein Polizist, genauso wie Sie. Aber Rebus hatte doch den Kindermörder erwischt, oder
etwa nicht? Laut den Akten zu dem Fall war die Verhaftung sein Verdienst gewesen, eine
Verhaftung, die ihm den Rang eines Inspector eingebracht hatte. Nein, Rebus war einfach nur
bescheiden, weiter nichts. Und dafür musste man ihn bewundern.
Einige Minuten später hatten sie sich weitere fünfzehn Meter voranbewegt und standen an einer
engen Straßenmündung mit einem Schild: Einfahrt verboten. Flight warf einen Blick in die
Seitenstraße. »Wird Zeit, sich ein paar Freiheiten herauszunehmen«, sagte er und kurbelte heftig
am Lenkrad. Eine Seite der Straße war von Marktständen gesäumt. Rebus konnte hören, wie sich die
Händler gegenseitig mit ihren Sprüchen um die Gunst der vorbeischlendernden Kunden zu überbieten
versuchten. Niemand scherte sich auch nur im Geringsten um ein Auto, das in der falschen Richtung
durch eine Einbahnstraße fuhr, bis
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