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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hier Anwesenden, so hart sie auch
arbeiteten, warteten letztlich auf den einen glücklichen Zufall.
Flight fand sofort in diese äußerliche Effizienz hinein, die im Büro herrschte, und bombardierte
die Leute mit Fragen. Wie war die Besprechung gelaufen? Hatte man schon was aus Lambeth gehört?
(Er erklärte Rebus, dass dort das Polizeilabor war.) Irgendwas Neues über gestern Nacht? Wie
liefen die Befragungen der Nachbarn? Weiß denn überhaupt irgendjemand irgendwas?
Überall Achselzucken und Kopfschütteln. Sie taten einfach, was notwendig war, und warteten auf
den glücklichen Zufall. Aber wenn der nun ausblieb? Darauf hatte Rebus eine Antwort: Dann musste
man dem Glück etwas nachhelfen.
Ein kleinerer Raum, der von dem Hauptbüro abging, wurde als Kommunikationszentrum benutzt, um die
Einsatzzentrale von dem Stand der Ermittlungen auf dem Laufenden zu halten. Und von diesem Raum
gingen noch zwei kleinere Büros ab, in die man jeweils drei Schreibtische gezwängt hatte. Hier
arbeiteten die ranghöheren Detectives. Beide Zimmer waren leer.
»Setzen Sie sich«, sagte Flight. Er nahm den Telefonhörer ab und wählte. Während er
daraufwartete, dass sich jemand meldete, betrachtete er stirnrunzelnd den zehn Zentimeter hohen
Papierstapel, der sich im Laufe des Vormittags in seinem Eingangskorb angesammelt hatte. »Hallo,
Gino?«, sagte er in die Sprechmuschel. »Hier ist George Flight. Kann ich ein paar Sandwiches
haben? Salami mit Salat.« Er sah Rebus an, um festzustellen, ob er damit einverstanden war. »Auf
dunklem Brot, bitte, Gino. Mach am besten gleich vier Stück. Danke.« Er unterbrach die Verbindung
und wählte neu. Diesmal nur zwei Ziffern, ein Hausgespräch.
»Gino hat einen Imbissladen um die Ecke«, erklärte er Rebus. »Er macht tolle Sandwiches, und er
liefert außer Haus.« Dann: »Ach hallo, hier ist Inspector Flight. Könnten wir Tee bekommen? Eine
anständige Kanne voll wär gut. Wir sind im Büro. Gibt's heute richtige Milch oder diesen
Pulverscheiß? Wunderbar, danke.« Er legte den Hörer wieder auf die Gabel und breitete die Arme
aus, als ob gerade ein Wunder geschehen wäre.
»Heute ist Ihr Glückstag, John. Wir haben zur Abwechslung mal richtige Milch.«
»Und was nun?«
Flight zuckte die Achseln, dann schlug er mit einer Hand auf den vollen Eingangskorb. »Sie
könnten sich beispielsweise durch dieses Häuflein lesen, um sich auf den neuesten Stand der
Ermittlungen zu bringen.«
»Darüber lesen bringt nichts.«
»Ganz im Gegenteil«, sagte Flight, »das hilft, alle unangenehmen Fragen zu beantworten, die die
da oben eventuell stellen könnten. Wie groß war das Opfer? Was hatte sie für eine Haarfarbe? Wer
hat sie gefunden? Das steht hier alles drin.«
»Sie war einsachtundsechzig groß und hatte braune Haare. Und wer sie gefunden hat, das
interessiert mich einen Dreck.«
Flight lachte, aber Rebus meinte das ernst. »Mörder tauchen nicht einfach so auf«, fuhr er fort.
»Sie werden geschaffen. Und einen Serienkiller zu schaffen braucht seine Zeit. Dieser Mann hat
Jahre gebraucht, um sich zu dem zu machen, was er ist. Was hat er während dieser Zeit getan? Er
könnte ein Einzelgänger sein, aber vermutlich hat er einen Job, vielleicht sogar Frau und Kinder.
Irgendjemand muss etwas wissen. Vielleicht wundert sich seine Frau, wohin er nachts geht oder wie
das Blut auf seine Schuhspitzen gekommen ist oder wohin ihr Küchenmesser verschwunden ist.«
»Okay, John.« Flight breitete wieder die Arme aus, aber diesmal war es eine beschwichtigende
Geste. Rebus merkte, dass seine Stimme lauter geworden war. »Beruhigen Sie sich bitte. Also
wissen Sie, wenn Sie so loslegen, verstehe ich kaum ein Wort von dem, was Sie sagen, aber ich
kapiere, worauf Sie hinauswollen. Also, was sollen wir tun?«
»Publicity. Wir brauchen die Hilfe der Öffentlichkeit. Wir brauchen alles, was wir kriegen
können.«
»Wir erhalten bereits täglich Dutzende von Anrufen. Anonyme Hinweise, irgendwelche Spinner, die
ein Geständnis ablegen wollen, Leute, die ihre Nachbarn verpfeifen, Leute, die gegen
irgendjemanden einen Groll hegen, und vielleicht sind sogar ein paar dabei mit einem echten
Verdacht. Wir überprüfen sie alle. Und wir haben die Medien auf unserer Seite. Der Chief Super
wird heute etliche Male interviewt werden. Zeitungen, Zeitschriften, Radio, Fernsehen. Wir geben
ihnen, was wir können, und wir bitten sie, es zu verbreiten. Wir haben die verdammt beste
Pressesprecherin

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