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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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- leiser, verbindlicher
Stimme.
»Ja«, sagte sie.
Das war immerhin ein Anfang. »Mein Name ist Inspector Rebus. Und Ihrer...?«
»Jan Crawford.«
»Okay, Jan. Also, womit kann ich Ihnen helfen?«
Sie schluckte und starrte an Rebus' linkem Ohr vorbei auf das Fenster.
»Es geht um die Morde«, sagte sie, »den sogenannten Wolfsmann.«
Rebus war unschlüssig, was er von der Frau halten sollte.
Vielleicht war sie irgendeine Spinnerin, sie machte jedoch nicht den Eindruck. Sie schien einfach
nervös zu sein. Vielleicht hatte sie gute Gründe dafür.
»Ganz recht«, sagte er aufmunternd, »so nennen ihn die Zeitungen.«
»Ja, das stimmt.« Plötzlich war sie ganz aufgeregt, die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus.
»Und gestern Abend haben sie im Radio gesagt, und heute Morgen in der Zeitung...« Sie zog einen
Zeitungsausschnitt aus ihrer Handtasche. Es war das Foto von Rebus und Lisa Frazer. »Das sind
Sie, nicht wahr?«
Rebus nickte.
»Dann werden Sie's wissen. Ich meine, müssen Sie's ja wissen. In der Zeitung steht, er hat's
wieder getan, die schreiben, Sie hätten ihn erwischt, oder vielleicht erwischt. Niemand weiß was
Genaues.« Sie hielt inne und atmete schwer. Die ganze Zeit war ihr Blick auf das Fenster
gerichtet.
Rebus hielt den Mund und wartete, dass sie sich beruhigte. Ihre Augen begannen feucht zu
schimmern. Als sie dann sprach, löste sich eine Träne aus einem Augenwinkel und kroch langsam zu
ihrem Mund hinunter und weiter bis ans Kinn. »Niemand weiß genau, ob Sie ihn gefasst haben, aber
ich könnte es bestätigen. Zumindest glaube ich, dass ich das könnte. Ich bin nicht, ich meine,
ich hab jetzt so lange in Angst gelebt und hab nichts gesagt. Ich wollte nicht, dass irgendwer es
erfährt, dass meine Mum und mein Dad es erfahren. Ich wollte es einfach vergessen, aber das ist
sicher dumm, wo er es doch wieder tun könnte, wenn er nicht erwischt wird. Also hab ich
beschlossen, ich meine, vielleicht kann ich...« Sie machte Anstalten aufzustehen, überlegte es
sich dann anders und begann stattdessen, die Hände zusammenzupressen.
»Können was, Miss Crawford?«
»Ihn identifizieren«, sagte sie mit beinah flüsternder Stimme. Sie wühlte im Ärmel ihrer Bluse
herum, zog ein Papiertaschentuch heraus und putzte sich die Nase. Die Träne tropfte auf ein Knie.
»Ihn identifizieren«, wiederholte sie, »wenn er hier ist, wenn Sie ihn gefasst haben.«
Rebus starrte sie durchdringend an, und nun gelang es ihm, endlich Augenkontakt mit ihr
herzustellen. Ihre braunen Augen waren mit einem feuchten Schleier überzogen. Er hatte schon
reichlich Spinner erlebt.
Vielleicht war sie eine von denen, vielleicht auch nicht.
»Wieso glauben Sie das, Jan?«
Sie schniefte wieder, wandte ihren Blick dem Fenster zu und schluckte.
»Er hat mich beinah erwischt«, sagte sie. »Ich war die Erste, vor all den anderen. Er hat mich
beinah erwischt. Ich wär beinah die Erste gewesen.«
Und dann hob sie den Kopf. Rebus verstand zuerst nicht, warum, doch dann sah er es. Unter ihrem
rechten Ohr verlief halbmondförmig eine dunkelrosafarbene Narbe auf ihren weißen Hals zu, nicht
mehr als drei Zentimeter lang.
Die Art von Narbe, die durch ein Messer entsteht.
Das erste vom Wolfsmann erkorene Opfer.

»Was hältst du davon?«
Sie saßen sich am Schreibtisch gegenüber, zur Versöhnung duzten sie einander. Der Papierstapel im
Eingangskorb war um weitere zehn Zentimeter gewachsen und drohte aus dem Gleichgewicht zu
geraten. Die Blätter könnten sich jeden Moment über den ganzen Fußboden verteilen.
Rebus aß ein Sandwich mit Käse und Zwiebeln von Gino's. Einfach, aber lecker. Einer der Vorteile
des Junggesellenlebens war, dass man ohne Angst vor den Folgen Zwiebeln, Branston Pickle, riesige
Würstchen, Sandwiches mit Ei und Tomatensauce, Currybohnen auf Toast und all die anderen
Köstlichkeiten essen konnte, die Männer bevorzugen.
»Also, was meinst du?«
Flight trank Cola aus der Dose und rülpste zwischen den einzelnen Schlucken leise mit
geschlossenem Mund. Er hatte sich Rebus' Geschichte angehört und Jan Crawford kennengelernt. Man
hatte sie in einen Vernehmungsraum gebracht, wo eine mitfühlende Polizistin ihr Tee einflößte,
während ein Detective ihre Aussage aufnahm. Flight und Rebus hofften beide, dass sie nicht an
Lamb geraten war.
»Also?«
Flight rieb sich mit einem Knöchel das rechte Auge. »Ich weiß nicht, John. Dieser Fall wird
allmählich immer verrückter. Du gehst hin und erzählst

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