Wolfsmale
wurde. Es mussten Anträge
gestellt werden, die nicht immer bewilligt wurden. Einige Polizeibehörden konnten mehr Druck
machen als andere, wenn es darum ging, einen Telefonanschluss herauszubekommen. Er nahm an, dass
die Metropolitan Police und Scotland Yard in einer besseren Position waren als die meisten
anderen, fügte jedoch für alle Fälle hinzu: »Es hat mit dem Wolfsmann-Fall zu tun. Könnte eine
sehr gute Spur sein.«
Man forderte ihn auf, die gewünschte Nummer zu wiederholen. »Rufen Sie in einer halben Stunde
zurück«, sagte die Stimme.
Er setzte sich an einen Tisch und trank sein Bier. So albern das auch sein mochte, das Zeug
schien ihm bereits in den Kopf zu steigen, obwohl er erst die Hälfte von dem Pint getrunken
hatte. Irgendwer hatte ein zusammengefaltetes, angeschmuddeltes Exemplar der Mittagsausgabe des
Standard liegen lassen. Rebus versuchte, sich auf den Sportteil zu konzentrieren, und machte sich
sogar an das knifflige Kreuzworträtsel.
Dann telefonierte er erneut und wurde mit jemandem verbunden, den er nicht kannte und der ihn an
jemanden weiter vermittelte, den er ebenfalls nicht kannte. Eine lärmende Gruppe, offenbar
Maurer, war in die Kneipe gekommen. Einer von ihnen ging sogleich an die Musikbox, und plötzlich
dröhnte »Born to be Wild« von Steppenwolf von den Wänden, während die Männer den unwilligen
Barmann drängten, die Musik »ein bisschen lauter zu drehen«.
»Bleiben Sie bitte einen Augenblick dran, Inspector Rebus. Ich glaube, Chief Inspector Laine
möchte mit Ihnen sprechen.«
»Aber, verdammt, ich will doch nicht...« Zu spät, die Stimme am anderen Ende war verschwunden.
Rebus hielt den Hörer von sich und machte ein finsteres Gesicht.
Schließlich meldete sich Howard Laine. Rebus steckte sich einen Finger in ein Ohr und drückte das
andere fest gegen den Hörer.
»Ah, Inspector Rebus, ich hab ein Wörtchen mit Ihnen zu reden. Sie sind ja wirklich schwer zu
erreichen. Wegen dieser Geschichte letzte Nacht.« Laines Stimme klang völlig emotionslos. »Sie
sind so gerade an einem offiziellen Verweis vorbeigeschrammt, ist Ihnen das klar? Wenn Sie so
eine Nummer noch mal abziehen, sorge ich persönlich dafür, dass Sie im Kofferraum eines
National-Express-Busses zurück nach Jockland transportiert werden. Verstanden?«
Rebus lauschte aufmerksam und schweigend. Er konnte beinah hören, wie Cath Farraday süffisant
grinsend in Laines Büro saß.
»Ich hab gefragt, ob Sie das verstanden haben?«
»Ja, Sir.«
»Gut.« Papiergeraschel. »Also, soweit ich weiß, wollten Sie eine Adresse wissen?«
»Ja, Sir.«
»Es handelt sich um eine Spur, haben Sie gesagt?«
»Ja, Sir.« Rebus fragte sich plötzlich, ob die Sache der Mühe wert war.
Er hoffte es. Wenn die herausfanden, dass er das System in dieser Weise missbrauchte, könnte er
sich in die Schlange der Arbeitslosen einreihen, mit etwa den gleichen Chancen wie ein
Schuhputzer an einem Nacktbadestrand.
Doch Laine gab ihm die Adresse und nannte ihm sogar noch Kennys Nachnamen.
»Watkiss«, sagte Laine. »Die Adresse ist Pedro Tower, Churchill Estate, E5. Ich glaube, das ist
in Hackney.«
»Danke, Sir«, sagte Rebus.
»Ach übrigens«, sagte Laine, »Inspector Rebus?«
»Ja, Sir?«
»Nach allem, was ich über das Churchill Estate gehört habe, sollten Sie uns lieber Bescheid
sagen, wenn Sie vorhaben, dorthin zu gehen. Wir organisieren dann eine spezielle Eskorte.
Okay?«
»Geht wohl ein bisschen rau da zu, Sir?«
»Rau ist gar kein Ausdruck, mein Junge. Wir bilden den SAS dort aus, tun so, als war das
Beirut.«
»Danke für den Rat, Sir.« Rebus hätte am liebsten hinzugefügt, dass er beim SAS gewesen war und
bezweifelte, dass Pedro Tower schlimmer sein könnte als das SAS-Hauptquartier in Hereford.
Trotzdem sollte man vorsichtig sein. Die Maurer spielten jetzt Pool; ihr Akzent war eine Mischung
aus Irisch und Cockney. »Born to be Wild« war zu Ende. Rebus trank sein Pint aus und bestellte
noch eines.
Kenny Watkiss. Es bestand also eine Verbindung, und sogar eine ziemlich enge, zwischen Tommy
Watkiss und dem Freund von Samantha.
Wie kam es nur, dass Rebus in einer Stadt von zehn Millionen Seelen plötzlich einen Anfall von
Klaustrophobie bekam. Er hatte das Gefühl, als hätte ihm jemand einen Schal um den Mund gebunden
und eine Pudelmütze übers Gesicht gezogen.
»Ich würd vorsichtig sein, Kumpel«, sagte der Barmann, als Rebus sein zweites Pint entgegennahm.
»Das Zeug kann einen
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