Wolfsmale
Dad.«
Er lächelte auch, antwortete aber nicht, obwohl er sich in dem Kompliment sonnte, ob es nun
Schmeichelei war oder nicht. Die Hauptsache war, dass Sammy, seine Tochter Sammy, es gesagt
hatte.
»Also gut«, sagte er schließlich, »jetzt sollten wir sehen, dass wir ein Auto für dich kriegen.
Und mach dir keine Sorgen, Kätzchen, wir finden deinen verschwundenen Freund.«
»Du hast mich schon wieder Kätzchen genannt.«
»Hab ich? Erzähl's nicht deiner Mutter.«
»Mach ich nicht. Und, Dad?«
»Was?« Er hatte sich gerade halb zu ihr umgedreht, da bekam er einen Kuss auf die Wange.
»Danke«, sagte sie. »Egal, was passiert, danke.«
Flight war in dem kleinen Büro neben dem Ermittlungsraum. Nach dem winzigen Vernehmungszimmer
wirkte dieses Zimmer plötzlich viel größer.
Rebus setzte sich hin und legte schwungvoll ein Bein über das andere.
»Also, was gibt's denn über den Wolfsmannbrief zu berichten?«, fragte er.
»Also«, antwortete Flight, »was gibt's denn über das Verschwinden von Kenny Watkiss zu
berichten?«
»Erst du, dann ich.«
Flight nahm eine Aktenmappe, schlug sie auf, zog drei oder vier eng mit Maschine beschriebene
Blätter heraus und fing an zu lesen.
»Die benutzte Schriftart ist Helvetica. Ungewöhnlich für private Korrespondenz, wird jedoch von
Zeitungen und Zeitschriften benutzt.«
Flight blickte vielsagend auf.
»Ein Reporter?«, sagte Rebus zweifelnd.
»Na ja, denk mal darüber nach«, sagte Flight. »Jeder Polizeireporter in England weiß mittlerweile
von Lisa Frazer. Die könnten vermutlich auch rausfinden, wo sie wohnt.«
Rebus zog das in Erwägung. »Okay«, sagte er schließlich, »lies weiter.«
»Helvetica ist auf einigen elektronischen Schreibmaschinen zu finden und auf elektrischen
Kugelkopfmaschinen, häufiger jedoch bei Textverarbeitungssystemen von Computern.« Flight blickte
kurz auf. »Das würde auch die Druckqualität erklären. Der Druck ist nämlich sehr gleichmäßig...
bla, bla, bla. Außerdem stehen die Buchstaben exakt auf einer Höhe, was die Vermutung nahelegt,
dass ein qualitativ guter Drucker benutzt wurde, vermutlich ein Typenraddrucker, was wiederum auf
die Verwendung eines hochwertigen Computers mit gutem Textverarbeitungsprogramm hindeutet.
Allerdings«, fuhr Flight fort, »wird der Buchstabe K an der Spitze seines Stamms schwächer.«
Flight hielt inne, um die Seite umzublättern. Rebus hörte nicht besonders aufmerksam zu, und
Flight schien auch nicht so ganz bei der Sache. Labore gaben einem immer mehr Informationen, als
nützlich waren. Was Rebus bisher gehört hatte, war eigentlich nur die Spreu.
»Jetzt wird's interessanter«, fuhr Flight fort. »In dem Umschlag wurden Teilchen gefunden, bei
denen es sich anscheinend um Farbpartikel handelt; die Töne Gelb, Grün und Orange überwiegen.
Möglicherweise eine Farbe auf Ölbasis. Es werden aber noch weitere Tests durchgeführt.«
»Also haben wir's mit einem Polizeireporter zu tun, der sich für Van Gogh hält?«
Flight biss auf den Köder nicht an. Er las den Rest des Berichts rasch für sich durch. »Das war
es so ziemlich«, sagte er. »Danach geht's hauptsächlich um das, was sie nicht gefunden haben -
keine Fingerabdrücke, keine Flecken, keine Haare oder Fasern.«
»Kein persönliches Wasserzeichen?«, fragte Rebus. In Detektivromanen führte ein solches
Wasserzeichen immer zu einem kleinen Familienbetrieb, der von einem exzentrischen alten Mann
geleitet wurde, der sich daran erinnerte, das Papier an jemanden namens... verkauft zu haben. Und
das war's dann. Verbrechen gelöst. Sauber und genial, nur leider lief es selten so. Er dachte
wieder an Lisa; an Cousins. Nein, nicht Cousins, es konnte nicht Cousins sein. Und außerdem würde
er ihr im Beisein der beiden Gorillas nichts tun.
»Kein persönliches Wasserzeichen«, sagte Flight gerade. »Tut mir Leid.«
»Oje«, stieß Rebus mit einem lauten Seufzer hervor, »wir sind wohl keinen Schritt weiter,
was?«
Flight starrte auf den Bericht, als wollte er durch reine Willenskraft erreichen, dass ihm
irgendein Hinweis ins Gesicht sprang. Dann sagte er: »Was ist denn das für eine Geschichte mit
Kenny Watkiss?«
»Er ist unter mysteriösen Umständen verduftet. Kein Verlust, würd ich sagen, aber Sammy ist
ziemlich fertig. Ich hab gesagt, wir würden tun, was wir können.«
»Da kannst du dich nicht einmischen, John. Überlass das uns.«
»Ich will mich nicht einmischen, George. Der Fall gehört euch allein.«
Die Stimme
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