Wolfsmondnacht (German Edition)
dazwischen.
»Verschwinde oder ich zerquetsche deinen Fuß.« Der Diener hatte ihn noch nie besonders gemocht, doch diesmal übertrieb er es.
Garnier ignorierte die Drohung. »Ein Fremder war bei mir, ein loup-garou -Jäger aus Frankreich. Er hatte Waffen aus schwarzem Stein. Die Wunden, die er mir zugefügt hat, brennen und qualmen. Sie werden schwarz und heilen schlecht.«
Als er den Ausdruck des Unglaubens im Blick des Dieners bemerkte, knöpfte er sein Hemd auf. Die Wunden waren noch immer nicht richtig verheilt. An einigen Stellen rann Blut heraus und verfärbte sein Hemd.
»Vor einer halben Stunde hat er mir diese Wunden geschlagen.«
Die Ungläubigkeit auf dem Gesicht des Dieners wich Entsetzen. »Das hätte besser heilen müssen in der Zeit.«
»Sag ich doch. Seht Ihr jetzt, warum ich zum König muss?« Gilles spürte kalte Wut in sich aufsteigen.
»Ich werde nachfragen.«
»Aber beeilt Euch, Lakai.«
Der Diener maß ihn mit indigniertem Blick, sagte jedoch nichts. Wenige Minuten später erschien er wieder.
»Komm rein, Garnier, doch fasse dich kurz.«
Gilles Garnier folgte ihm durch die Gänge bis zum Gemach des Königs. Dieser stand mitten im Raum mit dem Rücken zur Tür. Als Garnier nähertrat, wandte er sich um. Er trug ein Wams und Pluderhosen aus dunkelgrünem Seidensamt zu einer spanischen Halskrause.
Der König kraulte nachdenklich seinen dunkelblonden Bart. »Was hast du zu berichten, Einsiedler?«
Er verneigte sich. »Seid gegrüßt, Monseigneur. Ein Fremder war bei mir, der mich mit einer eigenartigen Waffe angegriffen hat. Sie besitzt schwarze Klingen, die mich verbrennen. Rauch steigt aus den Wunden auf und sie werden schwarz und heilen langsam.«
Der König verzog angewidert das Gesicht, als Garnier ihm die Wunden zeigte.
»Warum kam der Fremde zu dir? Wissen die Menschen von deinen Neigungen ?«
»Ich weiß es nicht. Schon möglich, dass sie mich unter Verdacht haben. Ich hätte den Fremden ja getötet, doch ein Bluttrinker rettete ihn.«
»Ein Bluttrinker?« Argwohn lag in des Königs Stimme.
»Ja, einer der Bleichen, die fliegen können.«
»Wie sah er aus?«
»Dunkles Haar, mittelgroß.«
Der König zwirbelte seinen Bart. »So sieht die Hälfte der Bevölkerung aus. Welche Kleidung trug er?«
»Irgendwas Dunkles.« Garnier hob die Achseln.
»Seine Augenfarbe, ein Bart, ein Muttermal oder irgendwas anderes auffälliges?
»Weiß ich nicht.«
»Was weißt du überhaupt?« Der König trat näher. Sein Gesicht war ausdruckslos, doch in seinen Augen brannte die Flamme des Zorns. »Ist dir bewusst, welchen Schaden du mir zufügst?«
»Schaden? Warum?«
»Ich will, dass sich die Menschen in Sicherheit wiegen. Sie sollen uns für Sagengestalten halten.«
»Wir sind loup-garous und sollten dazu stehen. Wir haben es nicht nötig, vor den Menschen zu buckeln.«
»Du verstehst nichts von Strategie, Eremit.« Der König starrte ihn an. »Sie sind dir also bereits auf der Spur?«
»Nein, das weiß doch keiner.«
»Es gab im November Zeugen und nur eine Woche später tötest du wieder einen Jungen und du behauptest, sie wären dir nicht auf der Spur.« In des Königs Stimme lag Bitterkeit.
»Es sind doch nur Menschen. Sie können uns nichts anhaben.«
Der König sah ihn durch zu Schlitzen verzogenen Augen an. »Ach, nein? Du kommst hier her, belästigst mich mit deinen Angelegenheiten, redest von einem Fremden, der im Bunde mit einem Bluttrinker steht, und Waffen besitzt, die uns etwas anhaben können, und behauptest, die Menschen könnten uns nicht schaden?«
Stille breitete sich nach des Königs Worten aus. Garnier spürte sie schwer auf seiner Seele.
Garnier senkte den Kopf. »Monseigneur, es tut mir so leid.«
»Mir auch, Eremit, mir tut auch leid, was ich jetzt tun muss.«
»Was?« Furcht lag in Garniers Stimme. Er schluckte hart. Ergeben senkte er sein Haupt. »Wollt Ihr mich töten lassen?«
»Ich vermeide es, doch entziehe ich dir meinen Schutz.«
»Aber Monseigneur. Das könnt Ihr nicht tun! Ich bin doch einer von euch.« Ein Heulen entrang sich Garniers Kehle.
Der König hob eine Augenbraue. »Du hast Kinder der Menschen getötet und dich danach in deiner Wolfsform sehen lassen. Wage es nicht, mir so schnell noch einmal unter die Augen zu treten, nach den Schwierigkeiten, die du mir bereitet hast.« Der König trat zu seinem Tisch. »Als Beobachtungsposten bleibst du bestehen. Berichte mir, wenn du etwas weißt, doch lass dich nicht mehr von den Menschen
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