Wolfsmondnacht (German Edition)
Königsmutter Caterina de’ Medici ihre Liebe zu ihrem Sohn. Die Szene wäre rührend gewesen, könnte Jean-François denn einen Funken von Wärme in ihrem Blick erkennen.
Der König wandte sich Donatien zu. »Herein, Monsieur Mortemard«, sagte er erfreut, was ihm einen bösen Blick seiner Mutter einbrachte.
»Ei, da kommt ja dieser zwielichte Heiler«, sagte Caterina und schloss die Tür hinter Donatien, ohne dass Jean-François ihr auffiel. Offenbar war es ihm gelungen, dank seiner vampirischen Kräfte, im Hintergrund zu bleiben. Er hoffe nur, dass Donatien keinen Fehler gemacht hatte, herzukommen.
»Welch Blutvergießen, welch Morde!« vernahm er Charles’ IX. Stimme durch das Türblatt hindurch, »Welch bösartigem Rat bin ich gefolgt? Oh mein Gott, vergib mir! Vergib mir!« Erneut brach der König in eine Hustenattacke aus.
Jean-François lugte durch das Schlüsselloch und sah den König, wie er sich auf dem Bett krümmte und wand.
»Oh, Mon dieu !« Das junge Weib, das neben seinem Bett saß, war in Tränen aufgelöst. Es war sehr schön mit seinem langen blonden Haar, doch in diesem Moment war es ein Bildnis der Verzweiflung.
»Es ist Eure Anwesenheit, Henry von Navarra, die ihn so aufregt!« fuhr die Königin den bärtigen Mann an. Dieser zuckte mit keiner Miene.
Mon dieu! Henry von Navarra, den die Königsmutter in der Bartholomäusnacht hatte töten lassen wollen, war zugegen in den privaten Gemächern des Königs! Jean-François glaubte, sich verhört zu haben.
»Keine Sorge. Ich kümmere mich um ihn«, sagte der bartlose Mann, offenbar ein Arzt, zu Caterina. Er trat in Jean-François’ Blickfeld, um des Königs Augen und Mund zu betrachten. Jean-François entging nicht Donatiens wachsamer Blick, der alldem folgte.
König Charles wandte sich Henry zu. Erstmals, seit er und Donatien eingetroffen waren, schien der König frei von Schmerz und Wahn zu sein, doch Schweiß rann über sein bleiches Gesicht.
»Bruder, Ihr verliert einen guten Freund«, sagte der König zu Henry von Navarra. »Hätte ich alles geglaubt, was mir erzählt wurde, so wärt Ihr nicht am Leben. Doch ich liebte Euch immer. Ich vertraue Euch mein Weib an und meine Tochter. Betet für mich zu Gott. Lebt wohl.« Der König umarmte Henry und sank dann zurück aufs Bett. Sein Gesicht verfärbte sich bläulich.
Donatien trat rasch neben den König und umfasste sein Handgelenk. »Er ist tot«, sagte er.»Was hat er zuletzt zu sich genommen?«
»Ihr vermutet wohl Gift?« Caterinas Tonfall war eisig.
»Es ist nicht auszuschließen.«
»Pah!«, sagte der Arzt. »Er leidet seit Jahren unter der Schwindsucht.«
Sie lügen , dachte Jean-François. Sie lügen alle. Und mit ihrem König stimmte noch etwas anderes nicht.
»Bonsoir, Monsieur, sucht Ihr etwas Bestimmtes?« erklang eine Stimme hinter Jean-François. Er fuhr herum und blickte in das Gesicht eines Fremden, das ihm dennoch seltsam vertraut erschien.
»Es schickt sich nicht, durch Schlüssellöcher zu sehen.« Der Mann lachte.
Jean-François verkrampfte sich innerlich. Würde der Fremde ihn verraten und die Wachen rufen lassen? Was war dann mit Donatien? Würden sie ihn dafür verantwortlich machen, dass er ihn in das Schloss gebracht hatte?
»Mein Freund ist da drin. Ich muss sehen, was passiert«, sagte Jean-François.
»Im Schlafgemach des Königs? Aber Monsieur, überlegt gut, ob dies es wert ist, Euren Kopf dafür zu riskieren.« Der Mann trat näher.
»Habt Ihr etwa vor, mich zu verraten?«
»Das kommt auf Euch an.« Der Mann musterte ihn von oben bis unten. Sein Blick blieb längere Zeit an Jean-François’ Gesicht und schließlich an seiner linken Hand hängen.
»Woher habt Ihr den Ring?« Die Stimme des Fremden war gedämpft.
»Von meiner Mutter, Monsieur.«
Das Lächeln des Mannes verblasste. »Wie ist Euer Name?«
Jean-François zögerte. Was war, wenn der Mann ihm Übles wollte? Es dünkte ihm, dass der Fremde etwas vor ihm verbarg.
»Jean-François.«
»Ihr seid Suzettes Sohn!«
Jean-François sah den Mann erstaunt an. »Ihr kanntet meine Mutter?«
»Vor langer Zeit, mon ami , vor langer Zeit.«
»Wer seid Ihr?«
»François Godart Comte de Bourois.« Er lächelte mokant. »Ich werde Euch keineswegs verraten, Jean-François, wenn Ihr nichts verratet.« Er führte den Zeigefinger an seinen Mund. »Es erscheint mir, unser König ist heute unpässlich. Versteht bitte, wenn ich mich jetzt zurückziehe. Au revoir, mon ami. Ich wünsche Euch ein
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