Wolfsmondnacht (German Edition)
konnte jederzeit jemand gegen seinen Willen hier einbrechen und vernichten, was er sich mühsam aufgebaut hatte. Seine Träume zerstören und seine Freiheit. Geld war für ihn der Weg zur Freiheit. Nicht mehr sicher in seinem eigenen Haus zu sein, war ein bedrückendes Gefühl für ihn.
Eine Woche später
Als Jean-François am späten Abend zurück in die Rue Mouffetard kam, beschlich ihn ein bedrohliches Gefühl. Es verfolgte ihn die gesamte Straße entlang und verstärkte sich, als er sein Haus betrat.
Der Mond war wolkenverhangen und die wenigen sichtbaren Sterne gaben nur spärliches Licht. Von außen war nichts vom Brand zu sehen, der sich hier vor einigen Tagen ereignete hatte.
Jean-François betrat das Haus durch den Haupteingang und eilte durch den Flur zu den beiden Räumen im vorderen Teil des Hauses, die er als Lager benutzte. Unter all dem Aschegeruch, der die Luft schwängerte, lag noch ein anderer Duft, der ihm vertraut erschien. Er erinnerte sich nur nicht, wo er ihn bereits vernommen hatte.
Im restlichen Teil des Hauses war alles so, wie er es verlassen hatte. Bis auf sein Arbeitszimmer. Jemand war darin eingebrochen und hatte seine Geschäftsbücher durchstöbert. Achtlos lagen diese auf dem Boden verstreut. Einzelne Seiten waren herausgerissen.
Ein Wirtschaftspion , fuhr es Jean-François durch den Kopf. Die Konkurrenz hatte bei ihm eingebrochen. Morgen Nacht würde er die Unordnung beseitigen. Er trat wieder hinaus in den Flur.
Die Kellertür befand sich am Ende des Ganges, unweit des Hinterausgangs. Sie stand einen Spaltbreit offen, die schweren Bolzen und das Schloss waren zerstört. Die Tür quietschte leise in den Angeln, als Jean-François sie öffnete. Er nahm sich vor, sie bald zu ölen, da vernahm er einen vertrauten, kupfrig-süßen Geruch. Blut! Er kam von dort unten aus den Tiefen des Kellers.
Jean-François nahm eine Talglampe mit hinunter, denn in der absoluten Finsternis sah selbst er nichts. Mit der Hand schirmte er das Licht ab, um besser sehen zu können. Lautlos ging er die Treppe hinab, achtsam auf jede Bewegung und jedes Geräusch in der dumpfen Stille des Gewölbes. Leise plätscherte der Brunnen zu seiner Linken. Er lief an ihm vorbei und betrat den vordersten seiner drei Räume. Dort standen der kleine Tisch, die beiden Stühle und seine Regale. Alles war so wie immer, bis auf den Geruch.
Die Tür zum nächsten Raum stand offen. Dort befanden sich seine Truhen und ein paar Erinnerungsstücke. Eine der Truhen stand offen, obwohl Jean-François sicher war, sie geschlossen zu haben. Darin befand sich nur Kleidung.
Die Tür zum letzten Raum war einen Spaltbreit auf. Jean-François betrat den letzten Raum, dort, worin sich seine Schlafstätte befand und die Zugangstür zu den alten Steinbrüchen. Der Geruch hier war bestialisch. Es stank nach Blut und beginnender Verwesung. Jean-François trat näher zu seinem Bett und erstarrte vor Schreck mitten in der Bewegung. Darauf lag der Kadaver seiner Katze.
Belzébuth! Charles war tot! Jemand hatte ihm den Kopf abgerissen. Blutig war der Stumpf. Jean-François starrte voll Entsetzen auf den Teil des Rückgrats, das dort heraushing. Der Kopf lag vor dem Bett, die Augen aufgerissen in einem Ausdruck ewigen Schmerzes. Sein Sterben war nicht leicht gewesen. Wer konnte einem kleinen, wehrlosen Tier etwas derart Entsetzliches antun?
Ein leises Kratzen erweckte seine Aufmerksamkeit. Jean-François fuhr herum und traute seinen Augen nicht. Niemals zuvor hatte er so etwas gesehen. Es war kein Mensch, jedoch auch kein Tier. Es war ein Dämon, ein Wesen, geboren aus dem feurigen Schoss der Hölle. Keine Kreatur dieser Erde sah so entsetzlich aus. Am ehesten ähnelte es einem Wolf, der Höllenversion eines Wolfes, doch es war größer und konnte sich, nach dem Körperbau zu urteilen, gewiss aufrichten wie ein Mensch. Es besaß eine lange Schnauze voller Reißzähne und glimmende Augen, die den Tod versprachen. Dies musste ein Werwolf sein, der loup-garou der Legenden.
Das Untier sprang vor und schnappte nach Jean-François, der gerade noch ausweichen konnte. Es richtete sich auf, war somit einen Kopf größer als Jean-François. Geifer troff aus seinen gewaltigen Kiefern und infernalischer Atem wogte ihm entgegen.
Erneut griff es an. Es war schneller als ein Mensch, doch nicht ganz so schnell wie ein Bluttrinker. Jean-François packte der Mut der Verzweiflung und er ergriff im Sprung, der ihn vor dem zuschnappenden Kiefer rettete,
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