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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Sie einen festen Freund zu Hause in Philadelphia?“
    Die Frage traf mich nach dem, worüber wir zuvor gesprochen hatten, derart unerwartet, dass mir nichts Besseres einfiel als: „Hä?“
    „Ich mag Sie, Anne. Und ich hätte nichts dagegen, Zeit mit Ihnen zu verbringen. Ist das so schlimm?“
    „Äh – nein.“
    „Ich dachte mir, ich begleite Sie zum Club und kaufe uns unterwegs vielleicht ein Po’boy. Haben Sie schon mal eins probiert?“
    Ich guckte in seine aufrichtigen braunen Augen. Keine Geheimnisse darin. Ihr Fehlen war überaus anziehend.
    „Bisher noch nicht“, antwortete ich.
    Das Po’boy entpuppte sich als ein Sandwich – ähnlich einem Jumbosandwich, nur besser. Ein riesiges Stück französisches Weißbrot, belegt mit Krabben und Austern, Wurst oder Roastbeef. Man konnte so ziemlich alles bekommen, was das Herz begehrte.
    Wir stellten uns vor einem Verkaufsfenster in der Decatur Street an. Ich orderte meins mit Schinken; Sullivan entschied sich für halb durchgebratenes Roastbeef, ungarniert, was ohne alles bedeutet. Ich selbst wollte meins mit Garnitur und wurde mit Salat, Tomaten und einem unglaublich leckeren Senf belohnt, der meine Geschmacksknospen durchkitzelte.
    Genau wie die meisten anderen aßen wir im Gehen. Es verblüffte mich, wie viele der Passanten Cocktailgläser aus Plastik oder sogar Bierflaschen auf der Straße vor sich hertrugen. Das, kombiniert mit der Anzahl der Theken vor den Bars, ließ vermuten, dass die Gesetze, die das Trinken in der Öffentlichkeit regelten, hier praktisch nicht existent waren.
    „Muss schwer sein, die Dinge unter Kontrolle zu halten“, murmelte ich, während wir den nächsten torkelnden, sturzbetrunkenen Touristen überholten.
    „Die berittene Polizei auf der Bourbon Street ist eine große Hilfe. Die Beamten können die Menge überblicken, und die Leute weichen einem Pferd aus. Außerdem ist es ziemlich schwierig, sie abzuhängen.“
    „Trotzdem muss es immer wieder Schlägereien geben.“
    „Ohne sie kein Mardi Gras. Trotzdem kommen die meisten her, um eine gute Zeit zu verleben; sie sind glücklich. Und wenn nicht, werfen wir sie ins Gefängnis, bis sie am nächsten Morgen Einsicht zeigen.“
    Mein Gefühl sagte mir, dass es ein wenig komplizierter sein musste, aber ich ließ es dabei bewenden.
    Als wir uns schließlich dem weniger touristischen Teil der Decatur Street näherten, hatten wir unsere Po’boys verputzt und sie mit einer Flasche Wasser hinuntergespült. Ich musste noch arbeiten, und Sullivan schien kein großer Trinker zu sein. Das gefiel mir an ihm. Neben anderem.
    Ich blieb stehen. „Es ist womöglich keine gute Idee, wenn mich jemand im Rising Moon in Begleitung eines Cops sieht.“
    „Wahrscheinlich haben Sie recht.“ Er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Pass auf dich auf.“
    „Das tue ich immer.“
    „Wirklich?“
    Ich antwortete nicht. Was meine Suche nach Katie betraf, war ich oft unbesonnen.
    Sullivan beugte sich zu mir und legte seine Lippen auf meine. Der Kuss war süß und weich; der Mann roch wirklich gut, nach Sonnenschein und Zimt. Ich war so aus der Fassung gebracht, dass ich einfach nur reglos dastand.
    „Bis bald.“ Er wandte sich um und schlenderte zurück in Richtung Bourbon Street.
    Während ich ihm nachstarrte, zermarterte ich mir das Gehirn, was da eben passiert war. War das heute ein Rendezvous oder eine Besprechung gewesen? Ein Ende oder ein Anfang? Aber die wichtigere Frage lautete: Was wollte ich, dass es war? Ich war mir nicht ganz sicher.
    Dunkelheit lag über der Stadt, und am Himmel leuchtete ein Mond, der voll zu sein schien. Ich wusste, dass ein echter Vollmond nur eine Nacht andauerte und der über mir – wenn auch für das menschliche Auge kaum erkennbar – leicht ungleichgewichtig war.
    Was das lang gezogene, tiefe Heulen, das zu der silbernen Scheibe hochstieg, nur noch bizarrer machte. Wenn es in New Orleans keine Wölfe gab und Werwölfe ausschließlich bei Vollmond jagten, was zur Hölle war dann das hier?
    Mit einem spöttischen Schnauben schob ich den Gedanken weit von mir. Es gab keine Werwölfe; das Heulen stammte höchstwahrscheinlich von einem Kojoten. Ich war ein Stadtmensch. Woher sollte ich also wissen, wie das Heulen eines Kojoten, eines Wolfs oder auch nur das eines Hundes klingen könnte?
    Eine Brise, die mir trotz der nachlassenden Hitze des Tages überraschend kühl vorkam, zauste mein Haar. Leicht beunruhigt blickte ich mich um. Wo waren all die

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