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Wolfspfade 6

Wolfspfade 6

Titel: Wolfspfade 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Andrerseits konnte er nur behauptet haben, daran zu leiden. Vielleicht hatte er gelogen.
    „Was zur Hölle wollen Sie hier?“, herrschte King den Detective an.
    „Es handelt sich um eine dienstliche Angelegenheit“, klärte Sullivan ihn auf. „Anne beharrt darauf, dass euer Boss in seinem Büro ist; ich sage, dass er wegen Mordes festgenommen wurde.“
    Mit flinken Bewegungen zog King den Schlüssel von der Kasse ab, dann kam er, sich dabei die Finger an einem Handtuch abtrocknend, hinter dem Tresen hervor. Er lief zum Mikrofon und riss es der jungen Frau, die gerade eine sehr hübsche Interpretation von „Sentimental Journey“ zum Besten gab, unsanft aus der Hand.
    „Alle raus“, befahl er. „Der Club ist geschlossen.“
    Als die Leute zu maulen begannen, richtete King sich mit drohender Miene zu voller Körpergröße auf und ließ die beeindruckenden Bizepse unter der weichen Baumwolle seines weißen T-Shirts spielen.
    „Hast du John weggehen sehen?“, fragte ich ihn, während ich ihm zum rückwärtigen Teil der Bar folgte.
    „Nein.“ King fixierte Sullivan. „Sie haben Johnny selbst gesehen?“
    Sullivans Selbstsicherheit geriet ins Wanken. „Nein.“
    „Dann war er es nicht. Es ist einfach, den Namen eines anderen anzugeben.“
    Das Gewicht auf meiner Brust wurde leichter. Das war die Erklärung. Der Mann im Gefängnis war gar nicht John, sondern jemand, der ihn hatte spielen sehen und sich seinen Namen gemerkt hatte, um ihn bei entsprechender Gelegenheit zu benutzen. Sullivan hatte voreilige Schlüsse gezogen.
    Ich öffnete die Bürotür. „John?“, rief ich. „Bist du da?“
    Stille schlug mir entgegen. Es widerstrebte mir, das grelle Deckenlicht einzuschalten, aber noch bevor ich mich entscheiden konnte, betätigte Sullivan bereits den Schalter.
    Geblendet blinzelte ich in das helle Licht – und in ein leeres Zimmer.
    „Also“, ließ Sullivan sich vernehmen, „wer von euch beiden möchte mich begleiten?“

 
    17
    „Wozu brauchen Sie einen von uns?“, gab King zurück. „Sie haben sich Ihre Meinung doch längst gebildet.“
    „Rodolfo benötigt einen Anwalt, aber er weigert sich, einen hinzuzuziehen. Er beharrt auf seiner Unschuld. Hat sich nicht davon abbringen lassen, das eine ihm zustehende Telefonat mit einem Anruf im Rising Moon zu verplempern, aber da niemand abnahm …“ Sullivan breitete die Hände aus.
    „Was für ein Service“, spottete King, die Augen auf mich gerichtet. „Und ich hatte schon angenommen, dass ganz andere Beweggründe Sie hergeführt hätten.“
    Eine leichte Röte schlich sich in die Wangen des Detectives.
    King lachte verächtlich. „Begleite du ihn, Anne. Bring Johnny zur Vernunft, während ich hier fertig aufräume.“
    Ich starrte weiter in das leere Büro. Langsam begann ich mich zu fragen, ob es im Rising Moon Geheimgänge gab, von denen ich nichts wusste.
    „Zur Vernunft?“, echote ich. „Wie soll ich das denn bewerkstelligen?“
    „Versuch dein Bestes.“ King zuckte mit den Achseln. „Falls du Geld für die Kaution brauchst, ruf mich an.“
    „Bei einem Mordfall gibt es keine Kaution“, informierte Sullivan ihn.
    Mit für einen derart hünenhaften Mann unfassbar flinken Bewegungen überwand King im Bruchteil einer Sekunde die kurze Distanz zwischen ihm und dem Detective; er blieb erst stehen, als ihre Oberkörper nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. „Johnny. Tötet. Keine. Menschen.“
    Er artikulierte die einzelnen Worte leise, eindringlich, abgehackt. Sullivan ballte die Fäuste, und ich überlegte, was ich tun sollte, falls sie aufeinander losgehen würden. Völlig ausgeschlossen, dass ich sie daran würde hindern können. Ich bezweifelte, dass irgendjemand dazu in der Lage gewesen wäre. Anschließend würde ich King gegen Kaution aus dem Knast holen müssen, wenn ich das schon nicht für Rodolfo tun konnte.
    Aber zum Glück begab King sich, sobald er seinen Standpunkt klargemacht hatte, ohne ein weiteres Wort wieder an die Arbeit.
    „Er scheint sich ziemlich sicher zu sein“, sagte ich zu Sullivan.
    „Seine Sicherheit allein wird ihm nicht reichen, um deinen Boss aus dieser Sache rauszuboxen.“
    Ich schaute Sullivan ins Gesicht. „Du bist nicht besonders objektiv, wenn es um John Rodolfo geht.“
    „Ich vertraue nun mal auf mein Bauchgefühl.“ Er zuckte die Schultern. „Irgendetwas ist an dem Kerl faul.“
    Nichts könnte mir ferner liegen, als die Intuition eines Cops infrage zu stellen. Abgesehen davon

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