Wolfspfade 6
ihn zu berühren, aber er drehte sich hastig zum Fenster. „Du gehst sehr vertraulich mit Sullivan um.“
Hmmm. War er womöglich eifersüchtig? Es wollte mir einfach nicht in den Kopf, wie ein Mann wegen mir auf einen anderen eifersüchtig sein könnte. So etwas widerfuhr durchschnittlichen Privatdetektivinnen aus Philadelphia nun mal nicht.
„Ich habe mit ihm über Katie gesprochen.“
„Das ist alles?“ Er wandte sich mir wieder zu, und die schwarzen Gläser seiner Brille schienen sich in mein Gehirn zu bohren. Plötzlich gab ich Dinge preis, die ich nicht preisgeben sollte.
„Er hat mich angeheuert, damit ich ihm helfe.“
„Er hat dich angeheuert, damit du mich überwachst.“
„Nein, so stimmt das nicht.“
„Allerdings hat er dich bestimmt nicht dazu angeheuert, mich zu vögeln.“ Er legte den Kopf schräg. „Oder etwa doch?“
Ich war mit einem Satz auf den Füßen, was jedoch nur dazu führte, dass ich ihm plötzlich so nah war, dass ich die Hitze seines Körpers über mich hinwegstreichen fühlte.
„Ich bin kein Flittchen“, fauchte ich.
„Nein. Flittchen nehmen kein Geld. Nur Huren tun das.“
Ich scheuerte ihm eine. Besser gesagt, ich hätte das getan, wenn es ihm nicht gelungen wäre, meine Hand abzufangen, bevor sie in seinem Gesicht landete. Meine Augen wurden schmal. „Hast du dich in der Macht geübt, Luke?“
Verwirrung flackerte über seine Züge. „Was?“
„ Star Wars . Der Kinofilm?“
„Ich gucke nicht oft Filme“, lautete seine sarkastische Antwort.
In Anbetracht der Tatsache, dass dieser gedreht worden war, lange bevor Rodolfo sein Augenlicht verloren hatte, konnte ich mir einfach nicht vorstellen, dass er ihn nicht kannte. Gleichzeitig konnte natürlich auch nicht jeder so Science-Fiction-versessen sein wie ich.
Seine Finger, die sowohl einem Klavier als auch einem Saxophon solch herrliche Klänge zu entlocken vermochten, waren stark. Er drückte fast schon brutal zu. „Die Vorstellung, dass er dich hierher geschickt hat, dass du mich nur berührt hast, weil …“
„Wenn du das glaubst, kennst du mich nicht.“
Er ließ meinen Arm los, als wäre er plötzlich glühend heiß geworden. „Aber ich kenne dich nicht, Anne. Es geht um Sex, nicht um Liebe. Richtig?“
Etwas in seiner Stimme verleitete mich zu fragen: „Würdest du denn wollen, dass es Liebe ist?“
Er blieb mir die Antwort so lange schuldig, bis ich schließlich aufgab. „Ich bin müde. Ich werde jetzt schlafen gehen.“
Ich ließ ihn allein in der Bar zurück und stieg die Treppe hinauf, wobei ich mich vorsichtig nach irgendwelchen schwarzen Katzen, kugelbäuchigen Schweinen, wahlweise einem oder zwei verirrten Hühnern umschaute.
Die schmale Mondsichel schickte einen dünnen Strahl puren Silbers durch das Fenster. Ich knipste das Licht an und unterzog das Zimmer einer gründlichen Prüfung, bevor ich mich der Tür zuwandte, um sie zu schließen, und einen leisen Schrei ausstieß.
John stand im Flur.
Ehe ich ein Wort sagen konnte, hatte er schon die Arme um meine Taille geschlungen und küsste mich.
Die Umarmung war anders als jede frühere. Sanfter, gefühlvoller und dabei gleichzeitig intensiver – so als versuchte er um jeden Preis etwas zu sein, das er nicht war.
Er vergrub das Gesicht an meinem Hals, atmete tief ein und seufzte. Ich hörte Kapitulation aus diesem Seufzen heraus, aber keine Kapitulation gegenüber dem Moment, der Lust und dem Verlangen, sondern eine Kapitulation gegenüber der Vernunft, und das wollte ich nicht. Ich wollte ihn.
Bevor er sich zurückziehen konnte, sank ich auf die Knie und rieb mit dem Mund über seine Härte. Er trug eine locker sitzende Baumwollhose; ich war mir sicher, dass da nichts war zwischen ihr und ihm. Als ich an dem elastischen Bund zog, bestätigte sich mein Verdacht.
Er lehnte sich zurück, schaltete das Licht aus, knallte die Tür zu und sperrte ab. Die Dunkelheit umfing uns gleich einem schützenden Mantel und machte mich wagemutig. Meine sexuellen Erfahrungen waren bestenfalls minimal; dies hier war Neuland für mich, und plötzlich wollte ich es erobern. Noch bevor er mich stoppen konnte, nahm ich ihn in den Mund.
„Anne“, stöhnte er, die Hand an meinem Hinterkopf und mit dem Daumen meine Wange streichelnd.
Ich wollte keine Sanftheit; ich gierte nach mehr. Ein Schaben meiner Zähne an seiner Spitze, und er krallte die Finger in mein Haar.
„Zeig mir, wie …“, verlangte ich.
Der Rhythmus war nicht schwer zu
Weitere Kostenlose Bücher