Wolfsruf
Laute der Washichun -Sprache. Sie nahm all ihren Mut zusammen und trat ein. Sie gelangte in einen Vorraum, in dem einer der schwarz gekleideten Washichun- Schamanen stand. Er las gerade in einem Papier. Es gab einen Tisch, auf dem sich Waffen aller Art stapelten. Daneben saß ein Mann, der einen silbernen Stern auf seiner Brust trug. Vielleicht konnte er ihr helfen.
»Excusez-moi«, begann sie. »Je cherche Monsieur Claude-Achille Grumiaux. Où se trouve-t-il?«
Der Deputy entgegnete: »Der Teufel soll mich holen! Die Wilden wollen vornehm werden - sie unterhalten sich jetzt schon auf Französisch! Hier sind keine Indianer zugelassen … dies ist eine Kirche!«
»Je suis la femme de Monsieur Grumiaux«, sagte sie.
Der Priester starrte erst sie, dann sein Papier an. »Sie sagt, sie sei die Frau des Franzosen … des Eisenbahners, Grumiaux«, erklärte er.
»Aber er ist mit einer Chinesin verheiratet, nicht mit einer verdammten Squaw!«
Sie verstand nicht, was die beiden sprachen. Obwohl ihr Gatte ihr ein fehlerloses Französisch beigebracht hatte, hatte sie nie gut Englisch gesprochen. Aber sie machte sich so groß sie konnte und sagte in dem Pidgin, das die Umgangssprache unter den Händlern, Indianern und Chinesen darstellte: »Ich,
Frau von Claude Grumiaux. Bringe Botschaft. Viel wichtige Botschaft!«
Der Hilfssheriff lachte. »Seine Frau ist schon drinnen.«
»Aber das ist ein Skandal!«, meinte der Priester. »Ich wusste gar nicht, dass der Eisenbahner Bigamist ist!«
»Viel wichtige Botschaft!«
»Pass auf.« Der Deputy beugte sich vor. »Ich hab nichts gegen Indianer … wenn sie bleiben, wo sie hingehören. Ich hab schon eine Chinesin reingelassen. Wenn ich die da reinlasse, wer weiß, was als Nächstes durch die Tür reinkommt … wahrscheinlich ein Haufen Nigger!«
Little Elk Woman hatte nichts für Männerarbeit übrig, aber sie war schnell. Sie sprang auf den Tisch und setzte ihr Messer dem Sheriff an die Kehle, bevor er eine der Waffen auf dem Tisch zu fassen bekam.
»Du rothäutige Schlampe«, krächzte der Deputy.
Der Priester lachte. »Lassen Sie die Frau durch«, empfahl er. »Ich will kein Blutvergießen in Gottes Haus … Sie wissen, dass sie andere Sitten haben als wir. Auch wenn sie eine Wilde ist, mag sie tatsächlich glauben, dass sie das Weib des Eisenbahners ist. Und meine Gästeliste sagt nichts darüber aus, wie viele seiner Frauen wir eingeladen haben.«
Sie löste ihren Griff.
»Such ihn«, sagte der Priester. »Überbring ihm deine Botschaft.«
Vishnevsky versuchte, seine Cousine im Auge zu behalten, während sie mit dem Major tanzte. Aber er versuchte auch, ein paar andere Leute auf sich aufmerksam zu machen, mit denen er heute Abend Geschäfte zu erledigen hatte - Geschäfte, die Natalia noch nichts angingen. Er wusste, wie leichtfertig sie manchmal mit Geheimnissen umging. Dort waren die Männer, die er suchte, alle beim Büfett, auf dem jene geschmacklosen Speisen aufgebaut waren, die die Menschen hier bevorzugten:
Steaks, Truthähne, Schweinelenden, Schinken und Platten mit verkochtem Gemüse. Kriminelle! Der Abschaum der Gesellschaft! Wie er es hasste, mit solchen Elementen zusammenarbeiten zu müssen! Aber er brauchte ihre Hilfe, und mit dem Geld des Grafen konnte er sich ihr Schweigen erkaufen.
Er bahnte sich seinen Weg zu ihnen, schlängelte sich zwischen den Tänzern hindurch. Dann blieb er plötzlich stehen. Dieser junge Soldat - der, ohne es zu wissen, für Natalias Zustand verantwortlich war - stand direkt hinter ihr, wartete auf eine Gelegenheit, ihren Tanz zu unterbrechen. Es gefiel Vishnevsky nicht, dass er in ihrer Nähe war. Er sollte nie erfahren, welcher Gefahr sie seit jener Nacht im Saloon ausgesetzt war. Er wollte nicht, dass er sich in ihr Leben mischte. Erkannte er nicht, dass er sich ins Unglück stürzte?
Harper machte einen Schritt, wollte sich dazwischendrängen -
Sie bemerkte ihn. Sie nickte ihm zu. Natürlich sah er ihr Lächeln nicht durch den Schleier, wenigstens nicht deutlich. Aber er erstarrte wie ein Karnickel vor der Schlange. Es machte Spaß, mit diesen jungen Männern zu spielen. Sie waren so leicht zu beeinflussen, so ehrerbietig, dass man beinahe Mitleid mit ihnen haben musste.
Sie überlegte sich, ob sie es ihm gestatten sollte, den Major abzulösen. Nein. Er soll dort stehen bleiben, dachte sie, schwitzen, seine Beine zusammenkneifen und die Wölbung in seiner Hose zu verbergen versuchen! Er weiß nicht, dass ich den
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