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Wolfsruf

Titel: Wolfsruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.P. Somtow
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Rassenmischung interessiert ihn, nicht wahr?«
    »Ich …«
    Natalia sprang sie an, zerkratzte ihr das Gesicht. »Ihr Kleiner wird Ihnen diesmal nicht helfen!« Speranza riss die Hände hoch, um sie abzuwehren. Sie stolperte rückwärts, stieß mit Pater Alexandras zusammen, der ungerührt seine Gebete murmelte. Die Russin versuchte sie zu erwürgen! Speranza krächzte, versuchte, sich aufrecht zu halten, krampfte ihre Finger ins Altartuch - sie stieß ihr Knie hoch in Natalis Unterleib, die vor Schmerz aufjaulte. Ihr Griff lockerte sich, und Speranza riss sich los. Dann war Natalia wieder über ihr, schleuderte sie gegen den Altar. Sie spürte, wie ihr Korsett brach, wie eine Fischbeinrippe durch die schwarze Seide ihres Mieders stach. Die
Frau drückte sich gegen sie, zerfetzte ihre Kleider mit einer Wut, die fast an Lust grenzte - es war Lust, wurde Speranza klar, als sich ihre Blicke trafen.
    Sie drehte sich um und sah Pater Alexandros schweigend hinter dem Altar stehen und mit einem versonnenen Lächeln den Nacken des Ministranten streicheln. »Helfen Sie mir«, brachte sie heraus, aber der Priester reagierte nicht. Natalia schien in ihrem eigenen Universum gefangen zu sein, presste Speranzas Körper an sich und arbeitete mechanisch mit ihren eiskalten Fingern in Speranzas Scham herum. Speranza spürte, wie Natalias Körper erbebte, dann erschauerte, wie die Wölfin von einer Leidenschaft ergriffen wurde, die stärker war als sie selbst. Immer wieder versuchte sie, Speranza zu Boden zu werfen, aber die blieb gegen die scharfe Kante des Altarsteins gepresst stehen und erstickte beinahe im Weihrauchduft.
    »Und das treibt Hartmut fast in den Wahnsinn?«, zischelte Natalia. »Das verstehe ich nicht. Sie sind wie Stein, wie Holz, ohne jedes Gefühl.«
    Plötzlich verebbte Natalias Lust. Sie trat vom Altar zurück, und Speranza sank in sich zusammen. Natalias Angriff war so schnell gewesen, dass sie gar keine Zeit zu reagieren gefunden hatte. Erst jetzt fühlte sie sich benutzt, beschämt. Sie wollte etwas sagen, als Schüsse zu hören waren. Und das Donnern von Stiefeln auf dem Dach.
    »Hartmut!«, schrie Natalia auf und rannte nach draußen.
    Speranza folgte ihr. Der Anblick, der sich ihr bot, war komisch und entsetzlich zugleich. Mehrere Diener lagen verblutend im Staub. Dr. Szymanowski stolperte mit einem Pfeil im Hals über den Platz, Lakaien und Dienstmägde rannten hin und her, und die Werwölfe unternahmen nichts, um ihnen zu helfen.
    Der Graf hatte hinter den Schwingtüren des Saloons Schutz gesucht. Natalia kreischte wie von Sinnen. Niemand kam Dr. Szymanowski zu Hilfe, der wie ein Zirkusclown durch die
Arena taumelte, eine lächerliche Figur. Blut spritzte aus seinem Hals. »Warum hilft ihm denn niemand?«, rief Speranza. Sie vergaß die Gefahr und rannte quer über den Platz zu dem Grafen. Noch mehr Schüsse. Und jetzt erwiderte Major Sanderson das Feuer. Ihre Angreifer hatten sich auf dem Kirchendach verschanzt. Sie konnte sie sehen, einer war ein dunkelhäutiger Junge mit schmutzig braunem Haar - der Zeitungsbursche aus dem Zug. Neben ihm lagen zwei Weiße, die sie nicht kannte, und daneben wiederum ein Indianer, der seinen Bogen spannte. Noch ein Indianer war hinter ihm. Vielleicht waren es auch noch mehr Angreifer, aber die Sonne blendete sie, so dass sie das nicht erkennen konnte.
    »Teddy!«, gellte sie.
    »Gehen Sie aus der Schusslinie, Miss Martinique!«, antwortete ihr die piepsende Stimme des Jungen. »Sonst werden Sie umgebracht!«
    »Teddy …« Einen Augenblick lang waren die Angreifer verunsichert. »Teddy«, schrie sie, »versuch nicht, gegen sie zu kämpfen … lauf fort, sonst fressen sie dich …«
    Dann rief Natalia, die einen der Angreifer zu identifizieren schien: »Harper, Harper«, und in ihrer Stimme lag fast so etwas wie Triumph. »Du kämpfst auf der falschen Seite, schöner junger Soldat … du gehörst zu uns, nicht zu diesen ekligen Menschen!« Der jüngere der beiden Weißen schien irritiert und senkte das Gewehr.
    »Harper!«, donnerte Major Sanderson. »Sie wagen es, sich hier zu zeigen? Ich lasse die gesamte Elfte Kavallerie das Territorium nach ihnen durchkämmen, ich lasse Sie hängen, strecken, vierteilen, in Scheiben hacken, den Wölfen zum Frühstück vorsetzen!« Er zielte und begann auf das Dach zu feuern, wo Harper immer noch unentschlossen verharrte.
    Die beiden Indianer blickten einander an. Dann begannen sie Pfeil um Pfeil auf den Platz abzuschießen.

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