Wolfsruf
suchten, deren scharfe Klauen ihr die Haut aufrissen -
Es war Natalia! »Ich wollte Ihnen nichts tun«, wimmerte sie. »Ich konnte nicht anders …«
Aber die Wölfin war keinen Argumenten mehr zugänglich, der Hass hatte ihre Metamorphose beschleunigt. Speranza versuchte sie abzuschütteln, drehte den Kopf beiseite, um den geifernden Kiefern zu entkommen. Fangzähne glühten im Mondlicht.
Wieder und wieder drückte die Wölfin sie gegen die Steine, die Erde, die Rippen des Toten. In ihren Augen, in ihrem Mund war Blut. Sie versuchte zu schreien, aber die Klauen fuhren ihr über die Wange, versuchten, ihr die Zunge zu zerfetzen -
Als er den Sims erreicht hatte, sah Scott, dass Natalia Speranza angriff - er war so irritiert, dass seine Transformation unterbrochen wurde, sich umkehrte. »Miss Speranza!«, rief er aus, hörte halb, dass er nur ein wahnsinniges Knurren zuwege gebracht hatte. Dann sagte er in der Sprache der Wölfe: »Greif sie nicht an!«
»So!«, antwortete Natalia, und ihre Worte rochen nach Zorn. »Du begehrst sie … das ist es also … du ziehst einen Menschen deinesgleichen vor …«
»Ich bin nicht deinesgleichen! Noch nicht …« Aber noch während er das sagte, spürte er, dass er nie wieder ganz Mensch sein würde. Er fühlte rasende Wut und Resignation zugleich. Er peitschte den Boden mit seinem Schweif. Er heulte seine Wut hinaus. Instinktiv stellten sich seine Nackenhaare auf, und seine Hinterbeine spannten sich an - er sprang.
»Mr Harper?«, krächzte Speranza verzweifelt.
Sie hatte ihn erkannt! Er wandte sich Natalia zu. »Du hast mich angelogen«, erklärte er in der Sprache der Wölfe. »Sie kennt mich als Mensch …«
»Das ist nur Täuschung!«, beschwor ihn Natalia und zog mit ihrer Pfote tiefe Furchen in Speranzas Wange.
Scott ertrug es nicht. Er versenkte seine Zähne in Natalias linkem Hinterbein. Er schmeckte Haar, Haut und etwas Blut. »Weißt du nicht, was du bist, mein schöner kleiner Soldat?«, fragte Natalia mit einem überraschten und schmerzerfüllten Japsen.
Er biss wieder und wieder zu. Natalia rollte sich herum. Fell riss und legte rotes Fleisch frei, und ab und zu einen Flecken menschlicher Haut. Sobald ihr sexueller Appetit nachgelassen
hatte, transformierte sie wieder. Die Schnauze zog sich zurück, das Gesicht schmolz ein, lange rote Haare stießen durch den pelzbewachsenen Schädel -
»Danke«, sagte Speranza leise. Sie legte ihre Hand auf Scotts Fell. Sie versuchte ihn anzulächeln, das Menschliche in ihm zu erreichen.
Natalia zog heulend Kreise um sie. Weiter unten lieferte sich Claggart mit Major Sanderson ein Feuergefecht. Jetzt humpelte Teddy auf sie zu, die Remington immer noch in der Faust. Speranza atmete schwer, als sie versuchte, sich aufzusetzen. Im Hintergrund hörte sie Schüsse. Aber neben ihr stand Scott-Wolf. Sie streichelte ihn; er zitterte. Eine leise Regung in ihrer Schamgegend, vielleicht eine Erinnerung an Hartmuts Berührung, sie wusste gut, wie es war, ein Tier zu lieben.
Scott wandte sich Speranza zu. Er wollte sagen: »Es tut mir leid, Miss Speranza, ich werde Sie von diesem schrecklichen Ort fortbringen …«, aber sie war ihm so nah, und mit seinen geschärften Sinnen entging ihm nicht ihre Erregung trotz all dem Schrecken. Zitternd setzte sie sich auf und lehnte sich gegen den Baumstamm. Der tote Indianer lag neben ihr. Überall war Blut. Blut, dessen Geruch in seine Nüstern drang, ihn mit Lust erfüllte. Er hatte sie begehrt, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte, er hatte schon immer gewusst, dass etwas in ihm sie haben wollte, aber er hatte sich nie die Gewalt, die Wut dieser Besessenheit erträumt.
»Miss Speranza«, versuchte er zu sagen, aber eine fremde Stimme sprach aus ihm, ein raues, tiefes Knurren; mit angstweiten Augen presste sie sich an den Baumstamm. Sie war schön, ihr Hals blass und schlank, ihre Lippen standen halb offen, als wollte sie protestieren, ihr Mieder war zerrissen, Mondstrahlen lagen auf dem Perlmuttfleisch einer entblößten Brust - und ihre Augen waren voller Angst.
Angst! Die Angst erweckte das stärkste Verlangen in ihm. Vergebens kämpfte er dagegen an. Ihr Herz pochte, ihr Körper strömte das süßliche Parfüm des Verlangens aus. Das Tier hatte ihn ganz im Griff. Nein, wehrte er sich, nein, aber die Lust war stärker als sein Wille - er sprang sie an. Sie roch nach Schweiß und Blut und Natalias Speichel. Er war von Sinnen. Sie war so schön. Er berührte ihre Wangen,
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