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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Es wurde mir immer unbegreiflicher, wie ich je ohne ihn zurechtgekommen war.
    Mein Büro war ein liebgewonnener Rückzugsort vor dem Geschnatter und der Energie, die es mit sich bringt, wenn sich zu viele Leute in einem relativ engen Raum drängen. Ich mochte keine Menschenansammlungen; ich schlug mich besser in Einzelgesprächen.
    Ich hatte mich gerade erst hinter meinem Schreibtisch niedergelassen, als Cal ins Zimmer kam. „Ich habe sämtliche Mitarbeiter angewiesen, nach einem Fahrzeug mit einem eingedrückten Kotflügel Ausschau zu halten, und auch die Werkstätten im County informiert. Wir werden denjenigen finden, der dich gerammt und anschließend Fahrerflucht begangen hat.“
    „Danke.“ Ich hatte das selbst machen wollen, war jedoch zu abgelenkt gewesen.
    „Außerdem habe ich die Berichte von letzter Nacht durchgesehen“, fügte er hinzu. „Keine Wölfe. Dafür noch mehr ungewöhnlich große Krähen und eigenartiges Vogel-Verhalten.“
    „Warte eine Sekunde“, unterbrach ich. „Ungewöhnlich große Krähen – du meinst Raben?“
    „Was ist der Unterschied?“
    Den kannten nicht viele. Der einzige Grund, warum ich ihn kannte, war, dass ich in der achten Klasse ein Biologie-Referat über das Thema gehalten hatte. Ich hätte nie gedacht, dass sich diese wissenswerte Kleinigkeit einmal als nützlich erweisen würde.
    „Raben und Krähen sind nicht identisch“, antwortete ich. „Zwar könnte man einen Raben als Krähe bezeichnen, da sie zur Familie der Krähen zählen, aber nicht alle Krähen sind Raben.“
    „Wie kann man sie auseinanderhalten?“
    „Raben haben in etwa die Größe eines Habichts, während Krähen eher Tauben ähneln.“
    „Also handelt es sich bei diesen sehr großen Krähen, die uns gemeldet wurden, vielleicht gar nicht um Krähen?“
    „Nein, vermutlich nicht, obwohl ich kaum glaube, dass das in unserem Fall eine Rolle spielt.“
    „Du hast recht“, pflichtete er mir bei, dann wechselte er das Thema. „Ich habe ein paar der Jungs losgeschickt, um nach den Menschen zu sehen, die kein Telefon haben.“
    „Gut.“ Ich fing an, mit dem Daumen durch meine Nachrichten zu blättern. Cals anhaltendes Schweigen veranlasste mich, aufzusehen. Angesichts seiner Miene legte ich die Mitteilungen weg. „Was ist los?“
    „Einer von ihnen war tot.“
    „Wer?“
    „Orel Vandross.“
    „Der hat noch gelebt?“ Der Mann musste an die Hundert gewesen sein.
    „Bis gestern. Dem Bericht zufolge fand der Beamte ihn tot in seinem Bett.“
    „Das ist eine gute Art, aus dem Leben zu scheiden – fast hundertjährig im eigenen Bett.“
    „Definitiv. Das Beerdigungsinstitut hat ihn abgeholt. Es wird keine Trauerfeier geben. Seine Familie und seine Freunde leben längst nicht mehr.“
    „Das ist schlimm.“
    „Ich glaube nicht, dass es ihn stören würde.“
    Ich musterte Cal mit scharfem Blick. Manchmal überraschte sein Galgenhumor, den er zweifellos seinen Fronteinsätzen in mehreren schmutzigen Kriegen verdankte, sogar mich.
    „Ich habe heute Morgen wieder einen Witz auf meinem Schreibtisch gefunden“, fuhr er fort.
    „Schon wieder?“
    Das Chuck-Norris-Phantom hatte erst gestern zugeschlagen, und zwar mit dem Spruch: Wenn der schwarze Mann zu Bett geht, guckt er zuerst in den Kleiderschrank, ob Chuck Norris nicht auf ihn lauert .
    Cal reichte mir ein Blatt Papier, und ich las: Chuck Norris bestellte einen Big Mac bei Burger King und bekam ihn.
    Ich musste mir auf die Lippe beißen, um nicht loszuprusten. Cal wirkte alles andere als belustigt.
    „Ich verstehe ihn noch nicht mal“, brummte er. „Warum sollte Burger King Big Macs verkaufen?“
    Der Mann nahm manches so wörtlich, dass es beängstigend war.
    „Hat irgendjemand gesehen, wer ihn auf deinen Schreibtisch gelegt hat?“, fragte ich.
    „Nein, und ich hatte noch nicht die Zeit, die Überwachungskamera zu checken. Nicht, dass es einen Unterschied machen würde.“
    Ganz egal, wie oft wir uns die Videobänder ansahen, wir bekamen nie heraus, wer die Witze auf Cals Schreibtisch deponierte. Was eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit war. Trotzdem tauchten immer neue Witze auf.
    „Ich werde wegen der Raben die Naturschutzbehörde kontaktieren“, versprach ich. „Würdest du mir einen Gefallen tun?“
    „Sicher.“
    Ich schrieb „ Ian Walker, Baylor College of Medicine“ sowie „British Institute of Homeopathy, Kanada“ auf einen Zettel und reichte ihn Cal.
    Er starrte stirnrunzelnd auf die Worte. „Was ist

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