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Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten

Titel: Wolfsschatten - Handeland, L: Wolfsschatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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gleichzusetzen, auch wenn wir wissen, dass ihre Denkstruktur dafür eigentlich nicht genügend ausgereift ist.“
    „Spatzenhirne eben“, warf ich ein.
    „Exakt. Wölfe sind natürlich um einiges klüger, dennoch bezweifle ich, dass sie über die erforderliche Intelligenz verfügen, einem System der Kooperation mit einer anderen Spezies Rechnung zu tragen. Natürlich existieren jede Menge indianischer Volksmärchen, die Säugetieren und Vögeln menschenähnliches Verhalten zuschreiben. Bestimmt findet sich irgendwo eines, das erklärt, warum die Krähe und der Wolf Freunde sind, nur habe ich es noch nicht entdeckt.“
    Sein schleppender Tonfall verriet, dass er diese Wissenslücke so schnell wie möglich schließen würde.
    Leider konnte ich ihn nicht fragen, ob auch Werwölfe so dicke mit den Krähen waren, denn sonst hätte er mich als Irre abgestempelt. Zum Glück hatte ich einen einheimischen Experten an der Hand.
    Nachdem ich mich bei Sellers bedankt hatte, legte ich auf. Ich spielte mit dem Gedanken, Malachi Cartwright anzurufen, beschloss jedoch, ihm stattdessen einen Besuch abzustatten. Auf diese Weise würde ich Noah zu sehen bekommen.
    „Ich mache einen Kontrollgang durch die Stadt, anschließend schaue ich bei den Cartwrights vorbei.“ Sharon Brendel, der diensthabende Dispatcher, nickte. „Falls nötig, erreichst du mich über Funk oder auf dem Handy.“
    „Wie gut kennst du ihn?“, fragte Sharon verträumt.
    Obwohl sie wahrscheinlich nur fünf Jahre jünger war als ich, kam sie mir sehr kindlich vor. Was vermutlich daran lag, dass ich nie wie Sharon von etwas geträumt hatte. Nicht von meiner Zukunft, nicht von einem Jungen, und ganz gewiss nicht von einem Mann. Ich hatte früh und einprägsam erfahren, dass ein Mann den Aufwand nicht lohnte.
    „Du meinst Mal?“
    „Mmmm.“ Das Mädchen leckte sich allen Ernstes die Lippen.
    Ich musste mich beherrschen, ihr nicht ins Gesicht zu lachen. Malachi war viel zu alt für sie – grob zweihundert Jahre. Ganz zu schweigen davon, dass er hoffnungslos bis über beide Ohren in seine Frau verliebt war. Von dem Moment an, als Mal und Claire sich begegnet waren, hatte es für beide niemand anderen mehr gegeben.
    Ein Stachel der Eifersucht bohrte sich in mein Herz. Natürlich freute ich mich für Claire. Sie verdiente ein bisschen Glück in ihrem Leben, das Gleiche galt für Malachi. Aber mir war nie klar gewesen, wie einsam ich mich fühlte, bis Claire zurückkehrt war und geheiratet hatte. Ich wollte das, was sie hatte, so verzweifelt, dass es wehtat.
    Draußen auf der Straße strahlte die Sonne mit der Kraft einer nuklearen Explosion. Ich zog meine Panorama-Sonnenbrille aus meiner Uniformtasche und schob sie mir auf die Nase. Kein Schmerz. Gott, war dieses Öl gut.
    Ich war noch keinen halben Block weit gekommen, als ein Rettungswagen mit Sirenengeheul die Center Street hinabraste, bevor er wenige Schritte von mir entfernt vor einem kleinen, weißen Haus zum Stehen kam. Zwei Sanitäter sprangen heraus und rannten nach drinnen. Ich konnte meinen Weg unmöglich fortsetzen, ohne nachzusehen, was da los war.
    Marion Garsdale schien auf ihrem Sofa eingeschlafen zu sein. Erst als ich näher trat, erkannte ich, dass sie tot war. Eigentlich hätte mir der plötzliche Mangel an Eile seitens der Sanitäter Hinweis genug sein müssen.
    „Was ist passiert?“, fragte ich.
    Die beiden jungen Männer schauten auf. Sie wirkten, als kämen sie frisch von der Highschool, aber da sie irgendeine Ausbildung für diesen Job haben mussten, konnte das kaum der Fall sein.
    „Sheriff.“ Der Dunkelhaarige, der mindestens zu einem Viertel Cherokee war, richtete sich auf.
    Wessen Sohn war er? Ich konnte mich nicht mehr erinnern. Mein Vater hatte immer jedermanns Namen samt denen der Kinder, Enkelkinder und Hunde gekannt.
    „Sie war schon tot, als wir eintrafen.“
    Er wirkte ein bisschen nervös, so als hätte er Angst, dass ich ihn wegen irgendetwas beschuldigen könnte. Aber weswegen?
    Ich trat näher und betrachtete Ms Garsdales Gesicht. Ihre Augen standen weit offen, ihr Mund war zu einem ebenso weiten O des Schocks erstarrt. Ich schätze, wenn der Zeitpunkt kommt, ist aller gegenteiligen Hoffnung zum Trotz nie jemand wirklich bereit zu gehen.
    Ms Garsdale hatte früher an der Highschool Englisch unterrichtet. Obwohl sie mit ihrem weißen Haar, dem geblümten Kleid und der dicken Brille auf ihrer schmalen Nase wie die Karikatur einer Englischlehrerin aussah, war sie ein

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