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Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
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ist das, was wir da gerade entdecken, eine durchweg
von Männern beherrschte und geprägte Welt, in der uns bislang keine einzige
Frau über den Weg gelaufen ist, die aktiv dabei ist – da wirst du mir wohl
recht geben«, entgegnete Johanna.
    »Was wir hingegen haben, ist eine auf grauenvolle Art getötete Frau,
die der Gruppe in irgendeiner Weise gefährlich geworden war oder gefährlich
werden konnte. Kati Lindner, die Peters nicht ausstehen konnte, weil sie ihm
viel zu aufmüpfig und eigenwillig war – das betonte er ziemlich deutlich –,
und die meiner Überzeugung nach über brisantes Datenmaterial verfügte und
Kontakt zu Wiebor beziehungsweise Maybach hatte. Auch Milan hatte sich, wie wir
inzwischen wissen, interne Kenntnisse über die Tagungsstätte verschafft, was
Henrik in helle Aufregung versetzte und worüber er zumindest mit Bischoff
gesprochen haben dürfte.«
    Sander hörte gespannt zu.
    »Und nur so nebenbei: Die Wolfshatz ist ganz und gar kein kindisches
Spiel. Wölfe zu jagen ist gefährlich und extrem aufwendig. Um sie aufzuspüren,
muss man Zeit investieren und einiges über die Tiere und ihr Verhalten wissen.
Übrigens sehe ich in diesem Punkt kaum einen Unterschied zu irgendwelchen
Großwildjägern, die unbedingt mal einen Löwen erlegen wollen: Rituale der
Männlichkeit, bei denen Frauen unerwünscht sind.«
    »Also Wolfsjagd mit Pfeil und Bogen beziehungsweise mit der
Armbrust? Ist das dann besonders mutig?« Colin schob sein Tuch hoch, um sich
ausgiebig am Kopf zu kratzen.
    »Der Vorteil der Waffe liegt auf der Hand: Sie macht keinen Krach.
Und eine Armbrust ist höchst effektiv und leicht zu bedienen, auch von
Anfängern.«
    »Okay, und was geschieht, wenn die Mutproben bestanden sind? Ich
glaube nicht, dass sie Selbstzweck sind. Was macht die Gruppe sonst noch?«
    »Das ist eine sehr gute Frage, die uns wieder zu Taschner zurückführt.«
    »Sie vermuten bei ihm ein sehr rechtes Profil …«
    »Es ist mehr als eine Vermutung«, wandte Johanna ein. »Taschner
trägt sich mit Parteigründungsgedanken, aber der Verfassungsschutz konnte ihm
bislang noch nicht in die Suppe spucken.«
    »Gut, aber die Nazi-Gruppen sind doch eher die Glatzen und Stiefeltypen …«
    Johanna grinste. »Ich mag meine Stiefel ausgesprochen gerne, und du
hast auch eine Glatze!«
    »Sehr witzig. Nein, das rechte Pack –«
    »Ist schnell als solches zu erkennen?«
    »Ja, genau. Also –«
    »Die rechte Szene ist bedeutend vielfältiger und vielschichtiger,
als gemeinhin angenommen wird«, unterbrach Johanna ihn erneut. »Alle starren
auf die brutalen Glatzen, wie du so treffend gesagt hast. Alle lesen die
Artikel, in denen über die Hakenkreuzschmierereien berichtet wird – oder
zumindest viele –, und sind entsetzt, wenn wieder mal ein Afrikaner oder
Obdachloser oder wer auch immer zusammengeschlagen wurde. Aber das ist nur eine
Seite der Medaille, vielleicht sogar nur eine Spielart. Die Hintermänner der
ganz Rechten, die Drahtzieher und Geldbeschaffer, diejenigen, die an die Macht
wollen und die Köder auslegen – das sind ganz andere Leute: intelligent,
überzeugend, sympathisch, mit besten Verbindungen in alle Bereiche der
Gesellschaft und in alle Wirtschaftszweige. Und die sind froh und dankbar und
reiben sich wahrscheinlich die Hände, wenn die Öffentlichkeit auf die Glatzen
und Stiefel starrt. Währenddessen können sie ganz in Ruhe ihren Geschäften
nachgehen.«
    »Und die Jagd auf Wölfe …«
    »… fördert die Gruppendynamik und den Zusammenhalt. Lehrt
Dominanz und Unterordnung. Ein-und Ausgrenzung. Jagen lernen. Kämpfen lernen.
Töten lernen«, erklärte Johanna spontan, ohne über die Worte nachzudenken.
    Sie waren plötzlich da – absichtslos. Ein kaltes Frösteln
überlief sie.

15
    Richard Peters schien höchst amüsiert. Als Johanna den
Vernehmungsraum betrat, begrüßte er sie mit einem charmanten Lächeln. »Hallo,
Frau Kommissarin.«
    Johanna setzte sich grußlos zu ihm und legte einen Stapel Unterlagen
vor sich auf den Tisch. Sie stellte den Rekorder an, öffnete den obersten
Hefter, nahm eines der Fotos heraus, die Kranz gemacht hatte, und präsentierte
es ihm: Milan Hildmann – ausgestreckt am Boden liegend.
    Er warf einen kurzen Blick darauf und hob dann den Kopf.
    »Das hatten wir schon«, erklärte er ungerührt. »Ich sagte Ihnen
bereits gestern sehr deutlich, dass ich nicht weiß, was mit Milan passiert ist.
Sagen Sie einfach, was Sie mir vorwerfen, und ich entscheide, ob und in

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