Wolfstage (German Edition)
welcher
Form ich Ihnen darauf antworte. Ich bin sehr gespannt, wie Sie Ihre
Vorgehensweise begründen werden. Meine Neugierde ist übrigens der einzige
Grund, warum ich überhaupt bereit bin, mit Ihnen zu reden, bevor mein Anwalt
sich um die Angelegenheit kümmert. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass
Sie dann jede Menge Ärger bekommen.«
Er war die Selbstsicherheit in Person. Die Sache schien ihm
richtiggehend Spaß zu machen. Wahrscheinlich legte er sich in Gedanken bereits
die Worte zurecht, mit denen er Taschner und seinen Leuten die Verhörsituation
schildern würde, um ihnen genüsslich darzulegen, wie er die bescheuerte
Kommissarin frontal hatte auflaufen lassen.
Na dann, dachte Johanna. Sie lehnte sich zurück. »Möchten Sie etwas
trinken? Einen Kaffee vielleicht?«
»Ein Glas Wasser wäre schön.«
Johanna nickte und bestellte über die Gegensprechanlage Getränke und –
natürlich – Kekse. Keine fünf Minuten später brachte Colin, der das Verhör
im Nebenraum durch eine verspiegelte Wand verfolgte, auf einem Tablett das
Gewünschte. Johanna, die zwischenzeitlich kein einziges Wort gesagt hatte,
trank einen großen Schluck Kaffee, aß mehrere Kekse und wappnete sich
innerlich.
»Okay. Ich schildere Ihnen jetzt mal, was hier in letzter Zeit so
alles passiert ist, worin Sie verwickelt sind und was wir Ihnen nachweisen
werden können, ohne auch nur ein einziges Wort mit Ihnen gewechselt zu haben«,
meinte sie schließlich.
Peters lächelte. »Prima. Umso schneller sind wir fertig.«
»Milan Hildmann ist am vergangenen Samstagabend einer kleinen
Jagdgruppe unbemerkt in den Elm gefolgt. Er wurde von einem Pfeil, der
nachweislich seinem Bruder Henrik gehörte, getroffen und tödlich verletzt.
Nachdem er noch eine ganze Weile umhergeirrt war und sich versteckt hatte,
verblutete er nachts im Wald, während die Gruppe sich längst auf den Rückweg
gemacht und eifrigst für überzeugende Alibis gesorgt hatte – Kino,
Barbesuche und so weiter. Na, Sie wissen schon.«
Peters sah sie aufmerksam an. »Eine Jagdgruppe?«
Johanna seufzte. »Ach, stellen Sie sich nicht so dumm, Herr Peters.
Sie wissen genau, worum es geht: Nachts durch den Wald schleichen, Wild
abknallen, besser noch Wölfe aufspüren und töten, Trophäen sammeln, zur Gruppe
dazugehören und dieser ganze andere Kram. Verdammt kindisch, wenn Sie mich
fragen. Aber eben nicht nur das.«
»Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen.«
Sie winkte ab. »Wie oft ich diesen Satz schon gehört habe.« Sie nahm
das Foto und steckte es in eine Klarsichthülle. »Wo waren Sie eigentlich am
vergangenen Samstagabend?«
»Ich habe Taschner zu einem Termin in Hannover begleitet. Das können
Sie nachprüfen. Und nachts war ich bei meiner Freundin. Die wird das gerne bestätigen.«
Er lächelte süffisant.
»Das allerdings glaube ich Ihnen aufs Wort.«
Sie schlug einen zweiten Ordner auf. Er enthielt Aufnahmen von
Wiebors Unfallort – der verletzte Beamte, das beschädigte Motorrad, Bilder
der abgesperrten Straße. Sie schob sie über den Tisch.
»Jonathan Maybach«, sagte sie. »Hat kurzfristig als Kfz-Mechaniker
bei Ihnen gejobbt. Darüber sprachen wir auch schon. Aber das war nicht seine
einzige Berufung, nicht wahr?«
Peters lehnte sich zurück. Sein Blick wurde wachsam, blieb aber
völlig unaufgeregt. Für einen Dreißigjährigen war er verdammt abgebrüht.
»Wir wissen, dass der Unfall provoziert wurde.«
»Und was hab ich damit zu tun?«
»Eine ganze Menge, wie wir bald aufzeigen werden. Fingerabdrücke, DNA -Spuren, na, das Übliche.«
»Ich bin gespannt.« Er lächelte provokant.
Johanna bemühte sich, darüber hinwegzusehen, aber sie musste davon
ausgehen, dass Peters sich zumindest bei Wiebor im Hintergrund gehalten hatte.
»Maybach war ein Kollege«, erklärte sie in lapidarem Tonfall. »Ein
verdeckter Ermittler, aber das wissen Sie sicherlich längst. Er hatte eine
heiße Spur. Das wissen Sie auch, zumindest befürchteten Sie etwas in der Art,
denn hätte er sie nicht gehabt, wäre ihm auch nichts passiert. Darüber hinaus
haben Sie zunächst abgestritten, ihn zu kennen. Das ist durchaus bemerkenswert,
und ich schließe daraus, dass Sie verhindern wollten, dass die Tagungsstätte in
den Fokus der Betrachtung rückt. Vergeblich, wie sich inzwischen gezeigt hat.«
»Aha. Ist ja hochinteressant. Und weiter?«
»Haben Sie etwas Geduld. Glauben Sie mir, es wird gleich richtig spannend.«
Er winkte mit nonchalanter Geste ab.
Johanna
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