Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfstage (German Edition)

Wolfstage (German Edition)

Titel: Wolfstage (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Kuck
Vom Netzwerk:
sie es mit der Polizei zu tun bekamen; das war ein alter Hut, und wie
immer galt es herauszufinden, ob mehr dahinter steckte als Befangenheit.
    Wie Gertrud Kreisler fragte auch Eva Blum sofort, ob es Nachrichten
von Kati gäbe, und sie machte ein Gesicht, als ob sie keine guten erwartete.
Johanna fand einige beruhigende Worte, während sie den Blick durch den kleinen
Kosmetiksalon schweifen ließ, an dessen Decke bunte Seidentücher gespannt
waren.
    Einige großformatige Tuschezeichnungen mit abstrakten Motiven fielen
ins Auge. Zwei Kundinnen saßen im Hintergrund auf Stühlen mit graziös
geschwungenen Beinen. Eine Dame mittleren Alters wurde von einer jungen Frau
geschminkt, die nur aus Beinen und Armen zu bestehen schien, während eine
andere sich wieder in ihr Hochglanzmagazin vertiefte, nachdem sie die
Kommissarin einen Moment lang verdutzt betrachtet hatte.
    Keine Sorge, bei mir ist Hopfen und Malz verloren, hätte Johanna ihr
am liebsten zugerufen. Keine Kosmetikerin der Welt konnte aus ihrem herben,
großäugigen Gesicht, in dem sich ein anstrengendes und oftmals schwieriges
Leben eingegraben hatte, ein liebliches oder auch nur apartes Frauenantlitz
zaubern, aber Johanna verkniff sich die Bemerkung.
    »Ich hoffe, Sie können ein paar Minuten erübrigen«, sagte sie an Eva
Blum gewandt und gab sich Mühe, leise zu sprechen. Die anderen Frauen mussten
ja nicht jedes Wort mitbekommen.
    »Ja, natürlich, ein bisschen Zeit habe ich schon.« Eva Blum stützte
eine Hand auf den Kassentresen. »Leider kann ich Ihnen keine Sitzgelegenheit
anbieten – es ist sehr eng hier vorn, wie Sie selbst sehen, und hinten im
Büro …«
    »Machen Sie sich bloß keine Umstände. Ich bleibe nicht lange und
stehe gern mal ein paar Minuten.«
    Eva Blum verlagerte ihr Gewicht von einem Bein aufs andere.
    »Mal ganz ehrlich: Halten Sie es für möglich, dass Kati sich sang-und klanglos davongestohlen hat?«, fragte Johanna.
    »Nein.«
    »Warum nicht?«
    »Kati ist keine Frau, die einfach wegläuft. Das wäre jedenfalls neu.
Die stellt sich den Dingen, selbst wenn es unangenehme sind.«
    »Gab es unangenehme Dinge, gerade in letzter Zeit? Hatte Kati
Sorgen, Probleme?«
    Blum hob mit einer zaghaften Bewegung die Schultern und ließ sie
wieder sinken. »Eigentlich nicht, aber …«
    Die Türglocke schlug mit leisem Bimmeln an, und bevor Johanna sich
umdrehte, registrierte sie für den Bruchteil einer Sekunde ein Aufblitzen in
Eva Blums Augen. Schreck? Erstaunen?
    Der Mann, der hinter Johanna eintrat, lächelte breit. Er war groß
gewachsen, hatte beeindruckend blaue Augen und markante Gesichtszüge. Sie
schätzte ihn auf Ende zwanzig, vielleicht gerade dreißig. Er grüßte mit
wohlklingender Stimme und trat vor, um sich zu Eva hinter den Tresen zu stellen
und ihr einen Kuss zu geben. »Hallo, Schatz, viel zu tun?«
    »Wie immer.« Eva lächelte und wies auf Johanna. »Das ist übrigens
Kommissarin Krass. Sie untersucht Katis Verschwinden.«
    »Ach?«
    »Kannten Sie Kati Lindner, Herr …?«
    »Peters, Richard Peters. Nun, sie war Evas Freundin. Man hat sich
hin und wieder gesehen«, erklärte er. »Kennen … Hm, nicht sonderlich gut
jedenfalls.« Er legte den Arm um Evas Schulter.
    »Beschreiben Sie sie doch trotzdem mal.«
    Peters neigte den Kopf zur Seite und überlegte kurz. »Bisschen
verrückt, würde ich sagen, aufgedreht. Hat sich um alles und jeden gekümmert
und nie mit ihrer Meinung hinterm Berg gehalten. Vorwitzig könnte man sie
nennen. Das mag nicht jeder.«
    »Wissen Sie, ob es einen Freund gibt?«
    Peters runzelte die Stirn. »Nein, weiß ich nicht. Aber die meisten
Männer haben wohl ihren Ansprüchen ohnehin nicht genügt.«
    Die Kleine wird mir immer sympathischer, dachte Johanna. Sie sah Eva
Blum an. »Sind Sie auch dieser Meinung? Oder gab es doch jemanden?«
    »Nein, ich glaube nicht. Ich meine …«
    Richard Peters wandte seiner Freundin das Gesicht zu.
    »Ja?«, hakte Johanna nach.
    »Sie wollte sich im Moment einfach nicht binden. Vielleicht –«
    »Ach komm!«, unterbrach Peters Eva Blum und ließ den Arm wieder
sinken. »Die hatte doch Haare auf den Zähnen! Welcher Mann kann das auf Dauer
schon aushalten?«
    Eva Blum blickte ihn stirnrunzelnd an. »Das stimmt so aber nicht …«
    »Natürlich stimmt das«, beharrte er. »Die wusste doch sowieso nicht,
was sie wollte. Vielleicht hat sie sich auf den Weg gemacht, um genau das
herauszufinden. Und du machst dir auch noch Sorgen. Von wegen beste Freundin!«
Er

Weitere Kostenlose Bücher