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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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sich um und nahm die steile Treppe zum Dom hinauf, bahnte sich – etwas außer Atem vom Aufstieg – einen Weg durch die Massen der Fremden und erreichte erleichtert den Innenhof der Questura. Dort herrschte eine geradezu köstliche Stille.
    Der junge Wachtmeister d’Annunzio hatte bereits auf Guerrini gewartet.
    «Wie gut, dass Sie wieder da sind, Commissario. Eine Commissaria aus Deutschland hat angerufen. Ich habe versucht, Sie zu erreichen, aber ihr Handy war abgeschaltet.»
    «Es liegt auf meinem Schreibtisch», murmelte Guerrini. «Ich nehme es nie mit, wenn ich zum Essen gehe. Wenn ich esse, will ich nicht telefonieren!»
    «Ja, das kann ich verstehen, Commissario.» D’Annunzio schaute etwas unsicher zur Seite und schlug die Augen nieder. Guerrini war überzeugt, dass der junge Mann es nicht verstehen konnte. Alle jungen Italiener hatten immer ihr Telefonino dabei. Selbst auf der Toilette.
    «Was wollte die Commissaria?»
    «Das hat sie nicht gesagt. Nur dass es dringend ist und sie auf Ihren Rückruf wartet, Commissario.»
    Guerrini nickte und zog sich in sein Büro zurück, widerstand der Versuchung, einen Espresso aus dem Automaten zu holen, und wählte endlich Lauras Handynummer. Es dauerte lange, ehe die Verbindung zustande kam, und sie war sehr schlecht.
    «Ich komme am Donnerstagabend!» Das zumindest konnte er aus den Nebengeräuschen herausfiltern.
    «Benissimo!»
    «Ich bringe meinen Vater mit.» Diesmal klang sie so, als spräche sie im Nebenzimmer.
    «Aber Laura, wir haben schwierige Ermittlungen vor uns. Wer soll sich denn um ihn kümmern? Du weißt, dass ich deinen Vater sehr schätze, aber …»
    «Er muss mitkommen, Angelo. Er muss noch einmal in die Toskana.»
    «So ernst?»
    «Ja, so ernst.»
    «Also gut. Ich suche ein Zimmer für ihn.»
    «Danke.»
    «Bitte.»
    «Bist du sauer?»
    «Nein, nur ein bisschen überfordert.»
    «Ich auch. Wie geht’s mit Altlander?»
    «Mühsam.»
    «Ich werde heute Nachmittag mit seinem Verleger hier in München sprechen. Vielleicht kann er uns ein paar Hinweise geben, die uns weiterhelfen.»
    «Ja, vielleicht.»
    «Du bist wirklich böse, nicht wahr?»
    «Nein, ich bin nicht böse. Ich habe nur gerade gedacht, dass die deutschen Familien nicht weniger anstrengend sind als die italienischen – sie folgen uns überallhin, nicht wahr?»
    «Solange wir uns noch nicht selbst klonen können. Ciao amore .»
    Sie hatte tatsächlich aufgelegt. Oder waren sie unterbrochen worden? Er schaute das Telefon an, wartete auf sein Klingeln, aber es blieb stumm. Sie hatte ja auch «ciao» gesagt. Immerhin «ciao amore» . Seufzend stand er auf und machte sich auf den Weg zu Elsa Michelangeli.

    Sie war nicht zu Hause. Nur der einäugige Kater saß auf der Gartenmauer und starrte Guerrini genauso an wie bei ihrer ersten Begegnung. Mit seinem dicken Kopf und dem hängenden Ohr wirkte er wie ein kleiner Dämon, der einem Gemälde von Hieronymus Bosch entsprungen war. Und wie beim letzten Mal fuhr ein warmer Windstoß durch die Bäume, schüttelte die Kletterrosen und Oleanderbüsche, ließ die weißen Schmucktäubchen aufflattern und zwirbelte den feinen Staub vor dem Haus zu einem winzigen Tornado, der über den Platz eilte und am Stamm eines Olivenbaums zerstob.
    Guerrini ging langsam um das Haus der Malerin, rief ein-, zweimal ihren Namen. Der Wind nahm an Stärke zu, und als Guerrini vor die Zypressen und Olivenbäume trat, um übers Land zu schauen, drängten vom Monte Amiata her dunkle Gewitterwolken über die Crete.
    Einer Eingebung folgend, kehrte er zu seinem Wagen zurück und fuhr langsam einen Feldweg entlang, der vom Haus zu den kahlen Hügeln führte. Er fand Elsa Michelangeli drei Hügel weiter unter einer uralten Zypresse neben einem Marien-Bildstock. Die Malerin saß am Boden und schaute zu dem erloschenen Vulkan hinüber. Als Guerrini aus dem Wagen stieg, warf sie ihm einen kurzen Blick zu, und er hatte das Gefühl, dass sie erleichtert war, ihn zu sehen. Seltsam, dachte er. Als hätte sie jemand anderen erwartet, der ihr weniger angenehm gewesen wäre.
    «Buona sera», sagte er leise. «Ich hoffe, ich störe nicht.»
    «Natürlich stören Sie. Aber es ist schon in Ordnung. Was wollen Sie denn?»
    «Nun, ich wollte noch einmal mit Ihnen sprechen, Signora. Sie waren ja selbst der Meinung, dass wir letztes Mal nicht über Smalltalk hinausgekommen sind.»
    Sie machte eine wegwerfende Bewegung mit einer Hand. «Schauen Sie sich die Wolken an. Sie kommen daher wie

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