Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt
war ziemlich schockiert.»
«Hat es geholfen?»
«Ja.»
«Möchtest du etwas demolieren?»
«Nein.»
«Was dann?»
«Gar nichts. Es ist anders als sonst.»
«Wie anders?»
«Das muss ich erst herausfinden.»
« Bene . Sagst du es mir dann?»
«Vielleicht.»
Guerrini warf ihr einen forschenden Blick zu, Laura bemerkte es nicht.
«Wirst du deinem Vater sagen, was passiert ist?»
«Nein.»
Sie waren nicht mehr weit vom Krankenhaus entfernt, standen im üblichen Stau auf der Umgehungsstraße von Siena.
«Wenn der Schnitt genäht ist, kannst du dich bei mir zu Hause ausruhen. Ich fahr inzwischen nach Borgo Ecclesia und schau nach, ob dieser Montelli zu Hause ist.»
«Ich fahre mit.»
«Laura, du hattest einen Schock. Du solltest ein bisschen schlafen, dich ausklinken.»
«Das funktioniert bei mir nicht, Angelo. Wenn ich mich ausklinke, wird es schlimmer. Dann fange ich an nachzudenken, und die Angst nimmt zu statt ab. Ich hab eine zu ausgeprägte Phantasie, weißt du.»
«Dann geh mit deinem Vater einen Kaffee trinken.»
«Er würde sofort merken, dass etwas nicht stimmt. Nein, ich dusche, zieh mich um und komme mit. Ich möchte wissen, was es mit diesem Montelli auf sich hat. Irgendwas ist zwischen dir und ihm, nicht wahr? Deshalb willst du auch allein hinfahren.»
Guerrini antwortete nicht, erinnerte sich plötzlich daran, dass sie in einem Streifenwagen saßen, und schaltete das Blaulicht ein, ließ ein paarmal die Sirene aufjaulen. Die anderen Autofahrer quetschten ihre Fahrzeuge an den rechten Straßenrand, und Guerrini arbeitete sich zäh voran, bis sie hinter einem Laster hängenblieben. Aber da waren es nur noch ein paar Meter bis zum Krankenhaus.
Irgendwie wollte er mit Laura nicht über Montelli reden. Nicht jetzt. Außerdem hatte er die Sache für sich selbst noch nicht geklärt. Er spürte nur diese undefinierbare Wut. Was hatte Altlander zu nahezu allen Leuten gesagt, die sie bisher befragt hatten? Dass ihn alles ankotze. Das traf ganz gut dieses unklare Gefühl, das Guerrini in Bezug auf Montelli mit sich herumtrug.
Laura hakte nicht nach. Er wartete darauf, aber sie tat es nicht. Erst als er ihr aus dem Wagen half, obwohl sie eigentlich keine Hilfe benötigte, denn alle ihre Glieder waren heil, brachte sie ein kleines Lächeln zustande und sagte:
«Wir sind beide ziemliche Einsiedlerkrebse, nicht wahr?»
Dottor Fausto – endlich hatte Guerrini die Zeit gefunden, den Arzt nach seinem Namen zu fragen – nähte persönlich Lauras Schnittwunde. Guerrini blieb bei ihr, schaute aber in eine völlig andere Richtung, weil er sicher war, dass ihm schlecht werden würde. Mit Nadeln, die in Fleisch stachen, hatte er seine Schwierigkeiten. Besonders wenn es sich um das Fleisch seiner Geliebten handelte. Der Dottore redete die ganze Zeit, berichtete geradezu euphorisch, dass es ihm gelungen sei, Elsa Michelangelis Zustand nachhaltig zu stabilisieren.
«Sie halten uns ganz schön auf Trab hier, Commissario. Vielleicht sollte ich eine spezielle Notfallaufnahme für Ihre Fälle einrichten.» Er verknotete den Faden, eine Schwester schnitt ihn ab. «Brava!», nickte er. «Also, wer ist der Nächste, Commissario?»
«Ich hoffe, niemand!» Guerrini schaute starr aus dem Fenster.
«Na ja, ich hätte nichts dagegen, den Kerl unters Messer zu bekommen, der Signora Michelangeli so zugerichtet hat, und er ist ja vermutlich auch derjenige, der Signor Altlander auf dem Gewissen hat. Habe ich recht?»
«Ist es nicht so …», Guerrini räusperte sich, «… ist es nicht so, dass ein Arzt alle gleich behandeln muss? Da gibt es doch diesen Eid des Hippokrates?»
«Aber natürlich!» Dottor Fausto zog die nächste Schlinge auf Lauras Stirn fest. «Aber auch wir Ärzte sind nicht gegen bestimmte Antipathien gefeit. Man kann sich mehr oder weniger einsetzen, Commissario. Ich sagte Ihnen ja schon, dass ich gegenüber Menschen, die mir sympathisch sind, sehr ehrlich bin. Es hat durchaus Vorteile, wenn ein Chirurg Sympathie für seinen Patienten hegt. Ich meine für den Patienten!» Diesmal schnitt Fausto selbst den Faden ab und lachte.
Während Laura unter der Dusche stand, telefonierte Guerrini mit Sergente Tommasini und bat ihn, seinen Bruder mit dem schwarzen Geländewagen auf Enzo Leone anzusetzen. Guerrini würde dafür in Zukunft sämtliche Freunde und Verwandte in dessen Osteria schicken und auch selbst dort essen. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass das Essen erstklassig sei!
«Aber
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