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Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt

Titel: Wolfstod: Laura Gottberg ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Pflaster drüberkleben, meinte Dottor Fausto.»
    Laura nickte, spürte dem leichten Schmerz nach, den offensichtlich die Naht verursachte. «Ich habe übrigens inzwischen meinen Vater angerufen. Er ist immer noch irgendwo mit deinem Vater unterwegs. Sie sind in der Nähe von Volterra. Weißt du, was mein Vater gesagt hat? ‹Ich habe keine Ahnung, wann wir zurückkommen – mach dir also keine Sorgen, wir sehen uns morgen.› Irgendwie erinnert er mich an meinen Sohn Luca.»
    «Aber das ist phantastisch. Das bedeutet, dass die beiden sich wirklich etwas zu sagen haben. Wir schulden der Madonna viele Kerzen!»
    «Das können wir ja vielleicht heute Abend machen, Angelo. Wir haben viele Gründe, Kerzen zu spenden, findest du nicht?»
    Guerrini lachte leise und zog Laura an sich. Sie roch nach Mango oder Pfirsich, und er biss zärtlich in ihren Hals.

    «Borgo Ecclesia», sagte Laura nachdenklich, während Guerrini den Streifenwagen durch einen dichten Zedernwald lenkte, der die Sonne aussperrte und die schmale Straße in grünes Dämmerlicht tauchte. Hin und wieder öffnete sich der Wald, gab den Blick frei auf eine Villa, einen Palazzo, auf den Ausschnitt eines Parks, ein Tor, eine feudale Auffahrt. Sie überholten einen Jogger, der sich sichtlich gestört fühlte und aussah, als sei er bedeutend.
    Seltsam, dachte Laura. Irgendetwas am Haarschnitt, am Körperbau, an den Bewegungen, der Gesichtsform verrät unsere Klassenzugehörigkeit. Sie hatte Fotos von Giorgio Altlander studiert und genau diesen beinahe aristokratischen Ausdruck gefunden, den auch der ärgerliche Jogger ausstrahlte.
    «Wir sind gleich da», sagte Guerrini. «Wahrscheinlich werden sie uns nicht reinlassen. Das habe ich schon beim Telefonieren in meiner Rolle als Enzo Leone gemerkt.»
    War er ein bisschen schneller gefahren, um den Jogger einzustauben? Laura kam es so vor, es machte sie neugierig. Sie war froh, wieder unterwegs zu sein, fort von den Schrecken der letzten Stunden, hatte dem Impuls widerstanden, ihre Kinder anzurufen. Jetzt hoffte sie sogar, dass Baumann sich nicht melden würde. Sie kannte sich ganz gut, wusste, dass die Stimmen von vertrauten Menschen Dämme in ihrem Inneren brechen konnten. Weit weg von ihnen gelang es ihr besser, die Berührung durch den Tod zu bewältigen. Und sie war Guerrini dankbar für den Raum, den er ihr ließ. Er war da, und das genügte.
    «Warum sollten sie uns nicht reinlassen?», fragte sie.
    «Es ist eine Sache der Erfahrung. Ich habe solche Situationen schon öfter erlebt und fast immer mit Leuten dieser speziellen Klasse. Es macht ihnen Spaß, andere wie Idioten zu behandeln. Ganz besonders Vertreter der so genannten staatlichen Ordnung. Sie lassen dich spüren, dass für sie diese Ordnung nicht gilt.»
    «Alte Wunden?»
    «So kann man es nennen.» Guerrini ließ den Wagen vor einem üppig verzierten schmiedeeisernen Tor ausrollen. «Wir sind da! Borgo Ecclesia 23.»
    «Kennst du diesen Montelli?»
    Er hatte die Frage schon viel früher erwartet, war erleichtert, dass sie erst jetzt kam.
    «Könnte sein», murmelte er.
    «Du bist nicht sicher?»
    «Nein.»
    «Woher kennst du ihn?»
    «Aus der Schulzeit. Vielleicht.»
    Laura sah Guerrini von der Seite an. Sein Gesicht war angespannt. Jetzt schlug er mit der flachen Hand aufs Steuerrad.
    «Lass uns die Festung stürmen!»
    Er stieg aus, ging zum Tor, suchte nach einer Klingel, fand sie endlich an einem Seitenpfosten und betrachtete nachdenklich die beiden Kameras, die links und rechts der Einfahrt angebracht waren.
    «Buona sera!» Die laute Stimme schien von allen Seiten zu kommen. «Die Herrschaften sind nicht zu Hause. Wir bedauern, aber Sie müssen an einem anderen Tag wiederkommen und zuvor einen Termin ausmachen.» Es klang wie eine automatische Ansage, wie die Stimme eines Roboters in einem Science-Fiction-Film. Wütend drückte Guerrini noch einmal auf den Klingelknopf, lange diesmal. Wieder erklang die blecherne Ansage, im Park bewegte sich nichts. Da stellte Guerrini sich vor eine der Kameras. «Hier spricht Commissario Guerrini. Ich fordere hiermit die Herrschaften auf, sich in der Questura von Siena zu melden. Ich habe einige wichtige Fragen, die nur Sie selbst beantworten können! Buona sera! »
    Einen Augenblick lang dachte Laura, dass er auf den Boden spucken würde, doch er beherrschte sich und stieg schnell zu ihr ins Auto. Ruppig stieß er zurück, ließ den Motor aufheulen, dann aber fuhr er im Schritttempo an dem hohen Zaun entlang.

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