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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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ließ sich der starke Geruch nach Katerurin nicht leugnen. Es war ein saurer, moschusartiger Gestank, der weder durch chemische Reinigungsmittel
noch durch schweres Parfüm zu beseitigen war.
    Überall lagen und saßen Katzen herum. Sie streckten sich und gähnten, putzten sich und beobachteten ihre Umgebung. Die Hunde lebten draußen in Zwingern, jedenfalls wenn das Wetter schön war.
    »Also«, meinte meine Mutter, als wir in der Küche waren. »Möchtest du etwas essen?« Die Küche war der einzige Raum im ganzen Haus, der nicht wie die Villa eines spanischen Grande eingerichtet war. Es handelte sich vielmehr um eine typische Küche der siebziger Jahre, die seitdem nie renoviert worden war – gelbe Wände, ein brauner Linoleumboden, ein avocadogrüner Herd und etwa fünfzig Magneten in Tierform, mit denen Fotos, Tierarztrechnungen, Wochenpläne und Einkaufslisten am Kühlschrank befestigt waren.
    Das Einzige, was hier ebenso wie im restlichen Haus dominierte, war der durchdringende Geruch.
    »Ja, gern. Wie wäre es mit einem Sandwich?«
    »Ich könnte dir auch ein Curry machen. Zum Beispiel aus Tomaten.«
    Meine Mutter war eine miserable Köchin, die das nur nicht einsah und zudem leider gern experimentierte.
    »Einfach nur ein Brot mit Erdnussbutter und Marmelade wäre super.«
    Ich sah meiner Mutter zu, wie sie mir ein Brot strich. »Grania scheint nett zu sein. Ist sie öfter da?«
    »Sie ist meine Geliebte«, erwiderte meine Mutter in einem Tonfall aus Sachlichkeit und Theatralik, der für Seifenoperndarsteller typisch war.
    »Verstehe.«

    »Soll das heißen, es passt dir nicht?«
    »Nein, das soll es nicht heißen. Es sollte nur ein Ausdruck meiner Verwunderung sein.«
    »Bist du etwas verwundert, weil ich eine Geliebte habe? Oder weil sie so jung ist?« Sie schob mir den Teller mit meinem Sandwich zu.
    »Du hast die Marmelade vergessen«, sagte ich.
    »Es gibt keine Marmelade. Hör zu, Abra. Wenn du mir etwas sagen willst, dann spuck es aus.«
    Gelassen biss ich in das Erdnussbuttersandwich. Die theatralische Ader meiner Mutter war mir nur allzu vertraut. »Hast du Saft da?«
    Wütend riss sie die Kühlschranktür auf. »Offensichtlich willst du dich nicht dazu herablassen, mir mitzuteilen, was du denkst. Hier ist dein Saft.«
    »Danke.« Ich nahm einen Schluck aus dem Glas, das sie mir hingeknallt hatte. Was ich dachte? Nun a, ich dachte, dass es wie immer um Piper LeFever ging. Selbst am Tag nach meinem Geburtstag. Selbst wenn ich zu Hause eine Krise durchzustehen hatte. Meine Mutter merkte nie, was mit mir vorging. Das war schon immer so gewesen.
    »Mein Gott, Abra. Du besitzt wirklich eine Begabung dafür, schlechte Laune zu verbreiten.«
    Ich zog meine rechte Augenbraue hoch und sah sie spöttisch an. »Ich glaube nicht, dass ich schlechte Laune verbreite, Mom.«
    »Vielleicht solltest du mal eine Therapie in Erwägung ziehen.« Sie zog eine Schublade auf und holte eine flache Schachtel heraus, die in lilafarbenes Glanzpapier eingewickelt war. »Hier. Das ist für dich. Wahrscheinlich gefällt es dir aber sowieso nicht. Als ich es sah, musste ich trotzdem
gleich an dich denken. Ich könnte mir vorstellen, dass es dir steht.«
    Ich riss das Geschenkpapier auf, klappte den Deckel der Schachtel hoch und holte ein Kleid aus violettem und tiefschwarzem Knittersamt mit Trompetenärmeln und einer korsettartigen Schnürung heraus. Es sah aus wie etwas, das Morgan le Fay zu einem Ball der Artusrunde getragen hätte.
    »Wow«, murmelte ich. »Es ist... es ist wirklich unglaublich.«
    »Handgenäht. Aber du wirst es sowieso nicht anziehen, wie ich dich kenne.«
    »Na ja, es ist so... so extravagant. Ich habe keine Ahnung, zu welcher Gelegenheit ich ein solches Kleid tragen könnte.«
    »Probier es an.«
    »Jetzt gleich?«
    »Natürlich! Komm schon, Abra, tu deiner Mutter den Gefallen.«
    Ich zog mein Oberteil aus.
    »Und den BH. Ein solches Kleid kann man nicht mit einem BH tragen.«
    Ich zog also auch meinen BH aus.
    »Sieh dir nur diese Brüste an! Ich verstehe nicht, warum du überhaupt einen BH trägst!«
    Ich zog das Kleid über meine Khakihose und drehte mich vor meiner Mutter hin und her. »Was meinst du?« Ich kam mir vor, als hätte ich mich für Halloween verkleidet.
    »Einen Moment.« Meine Mutter zog das Kleid oben herunter, bis meine Schultern entblößt waren und das Dekolletee kaum noch meine Brustspitzen bedeckte. »So ist es besser. Jetzt schau dich im Spiegel an.«

    Ich ging ins Badezimmer, wo

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