Wolfstraeume Roman
ausgesetzt war. Verdammt!«« Malachy Knox ließ die Schlüssel fallen, die scheppernd auf dem Betonboden landeten.
Man kann nur hoffen, dass du dir von diesem Mann nicht eines Tages irgendeine Krankheit einfängst, Abra. Die Warnung meiner Mutter hallte auf einmal in meinen Ohren wider, während ich mich nach unten beugte und den Schlüsselbund aufhob. »Welcher ist es?« Meine Stimme klang künstlich angespannt und gepresst.
»Der bronzefarbene.«
Ich sperrte die Tür zu einem kleinen, schlecht beleuchteten Labor auf. In einem großen Käfig an der gegenüberliegenden Wand befand sich ein Dalmatiner, in einem anderen ein deutscher Schäferhund. Beide Hunde schienen zu schlafen. Doch da sie durch unser Eintreffen nicht aufwachten, nahm ich an, dass man sie eher betäubt hatte. In dem Raum stand noch ein dritter Käfig, der jedoch leer war. Ich musste an Pia, den Wolfshybriden, denken. In der
Mitte des Labors befand sich ein OP-Tisch mit Gurten zum Festbinden der Tiere. Außerdem gab es noch einen kleinen Kühlschrank, einen Bunsenbrenner, eine Schleudermaschine, mehrere Glasfläschchen und Ampullen, ein Mikroskop sowie ein Gerät, das wie ein Mixer aussah.
»Ich dachte, Sie hätten nichts mehr mit der Forschung zu tun«, bemerkte ich so lässig wie möglich. In Wahrheit zitterte ich vor Nervosität. Meine Mutter hatte durchaus Recht gehabt, als sie mich als hypochondrisch bezeichnet hatte. Ich musste an das seltsame Verhalten meines Mannes in den letzten Wochen denken.
»Offiziell habe ich das auch nicht mehr.« Dr. Knox trat zu einem alten Computer. »Aber ich konnte doch nicht einfach meine Arbeit von Jahren wegwerfen, nur weil ein paar inkompetente Idioten das so wollten – oder?« Er tippte etwas ein. Auf dem Bildschirm erschien ein Bild – die Darstellung einer menschlichen DNS, eine doppelte Spirale. »Wussten Sie, dass das menschliche Chromosom Nummer siebzehn eine Ähnlichkeit mit dem Chromosom Nummer dreiundzwanzig der Canidae besitzt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.« Ich wusste natürlich, dass wir alle Säugetiere waren und einen gemeinsamen Vorfahren besaßen, wenn man weit genug zurückging. Aber ich hatte mich bisher nie näher mit genetischen Fragen auseinandergesetzt.
Malachy drückte auf eine Taste, und ein Teil des DNS-Strangs löste sich, drehte sich um die eigene Achse und wurde dann wieder an anderer Stelle eingesetzt. »Das weist daraufhin, dass es irgendwann einmal eine Mutation gegeben haben muss. Vermutlich eine Umkehrung.«
Hinter mir begann der Dalmatiner zu knurren. Offenbar
versuchte er, die Wirkung des Sedativs abzuschütteln. »Dr. Knox«, murmelte ich, um ihn auf das benommene Tier aufmerksam zu machen.
»Warten Sie. Sehen Sie sich erst einmal an, was passiert, wenn man weitere Gene versetzt.« Der DNS-Strang auf dem Bildschirm begann sich zu bewegen und neu zusammenzusetzen. »Hier ist sie – die DNS-Sequenz für Canidae.«
»Das geschieht ja auf der genetischen Ebene«, sagte ich, als mir klarwurde, was er meinte.
»Ganz genau«, erwiderte Malachy Knox. »Ich habe schon lange vermutet, dass der Lykanthropievirus alle Zellen betrifft und es durch eine Ansteckung sogar zu einer Veränderung der nuklearen DNS kommen könnte, wodurch sich eine Zelle wie eine andere Art verhielte. Doch erst vor kurzem habe ich begriffen, dass sich diese Veränderung in der mitochondrialen DNS abspielt.«
Ich sah Dr. Knox an. Auf einmal fragte ich mich, ob seine Krankheit wohl auch seine Fähigkeit zu denken beeinträchtigte. »Wenn Sie mir damit sagen wollen, dass mein Mann mit diesem Virus infiziert ist, hätte ich gerne gewusst, was das bedeutet.« Vor meinem inneren Auge liefen alle Werwolf-Filme ab, die ich jemals gesehen hatte, bis ich nur noch ein Bild vor mir sah: Hunter in der Rolle von Jack Nicholson.
Malachy Knox zog die Augenbrauen hoch. »Meine liebe Ms. Barrow, genau das versuche ich gerade herauszufinden. Keiner weiß genau, wie sich mitochondriale und nukleare DNS zueinander verhalten. Eines ist aber klar: Das Ganze ist höchst komplex. Bisher kann ich nur mit Sicherheit sagen, dass es einen genetischen und einen umweltspezifischen Faktor gibt. Ich glaube auf jeden Fall, dass es sinnvoll wäre, wenn mich Ihr Mann bald besuchen würde.«
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Hunter von einem solchen Vorschlag angetan wäre. »Ich glaube kaum...«, begann ich, wurde jedoch von einem lauten Klagelaut aus dem Käfig des Dalmatiners
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