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Wolfstraeume Roman

Wolfstraeume Roman

Titel: Wolfstraeume Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alisa Sheckley
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Wahrscheinlich
konnte dieser Hund sowieso riechen, wie es um mich bestellt war. Ich zwang mich dazu, mich so wenig wie möglich zu bewegen, und konnte nur hoffen, dass bald jemand kommen und mich aus dieser Lage befreien würde...
    Da tauchten ein zweiter und ein dritter Hund auf, die beide etwas kleiner waren und ein glatteres Fell als ihr Vorgänger hatten, aber ebenfalls losbellten.
    »Hallo? Istjemand zu Hause? Hallo?«, rief ich verzweifelt. Als der Himmel noch dunkler wurde, tauchte ein vierter Hund auf und stimmte in der Nähe einer Schubkarre ebenfalls in das Gebell mit ein. Ich brauchte einen Moment, ehe ich ihn erkannte. Es war Pia. Gütiger Himmel – alle diese Hunde sahen wie Wölfe aus!
    »Pia! Pia? Braves Mädchen. Kennst du mich nicht mehr?« Sie legte den Kopf zur Seite und fing an zu winseln. Auf ihrer Brust und ihren Läufen hatte sie schreckliche nackte Stellen. Mein Gott, was machte Jackie hier? War sie dabei, ein eigenes Wolfsrudel zu züchten? Nettes Hobby für eine Frau aus der Unterschicht, die sich vermutlich keine Alarmanlage leisten konnte und stattdessen auf die Hilfe einer wilden Meute setzte. Und wie ironisch es vom Schicksal doch war, dass gerade ich ihr geholfen hatte, Pia wieder zurückzubekommen!
    Die anderen Hunde hatten inzwischen einen Kreis um mich herum gebildet und schienen immer mehr in Rage zu geraten. Als ich aus Versehen einem besonders wütenden Tier in die Augen blickte, schaute ich daraufhin hastig zu Boden. Ich gab mich so unterwürfig und harmlos wie möglich. Verdammt, wo steckte nur Jackie? Ich malte mir bereits ihre Miene aus, wenn sie mich fand, während ich vor ihrer Haustür verblutete. Wahrscheinlich würde sie
sich dann zumindest keine Sorgen mehr machen, ob Red an mir interessiert war. Und Hunter konnte sich seine Scheidung auch sparen...
    Nein. Solche Gedanken waren – schlecht. Das waren ganz schlechte Gedanken...
    Der Hund, der jetzt auftauchte, war der erste, bei dem ich mir sicher war, dass er kein Wolfshund-Hybride war. Sondern ein Wolfskojote. Er landete in einem gewaltigen Sprung aus dem Nichts plötzlich vor mir. Ein Hirsch oder ein Reh wäre zu einem solchen Sprung vermutlich in der Lage gewesen, aber kein Hund. Er hatte große Kojotenohren und ein glattes rotgraues Kojotenfell, während sein gewaltiges Maul an einen Wolf erinnerte – zum Beispiel an den Wolf aus dem Märchen, der von Rotkäppchen darauf hingewiesen wird: »Ach, Großmutter, was hast du für ein großes Maul!« Obwohl er etwas kleiner als der Malamute und auch wesentlich schlanker war, hatte er bei dem Rudel eindeutig das Sagen. Er hielt sich nicht lange mit Schwanzwedeln oder unsinnigem Gebelle auf, sondern warf mir nur einen Blick zu, duckte sich und spannte alle seine Muskeln an.
    Verdammter Mist, jetzt war es also wirklich um mich geschehen...
    Ich wusste, dass ich keuchte, aber ich konnte nichts dagegen tun. Dann beging ich auch noch den Fehler, erneut aufzublicken. Vermutlich wollte ich instinktiv nur sehen, wann genau mein Hals nun zerfetzt werden würde. Dabei schaute ich dem Alphamännchen direkt in die Augen.
    Und zwar genau in dem Moment, in dem mir das Tier zuzwinkerte.

24
    Hunde zwinkern nicht. Wölfe oder Kojoten auch nicht. Jedenfalls nicht absichtlich auf diese Kleiner-Scherzzwischen-Freunden-Art. Vielleicht war dem Tier auch etwas ins Auge geflogen? Eine Mücke? Es musste überhaupt nichts bedeuten. Es bedeutete jedenfalls sicher nicht: Keine Sorge, ich werde dich nicht beißen. Also blieb ich regungslos stehen und wartete ab. Der rötliche Kojotenwolf zog die Brauen hoch und gab ein fragendes Jaulen von sich.
    »Was ist denn los, mein Starker?«, flüsterte ich. Die anderen Hunde setzten sich auf ihre Hinterläufe, um der neuesten Entwicklung der Show zuzusehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte.
    »Mensch, dich hätte ich hier aber wirklich nicht erwartet, Abra.«
    Ich drehte mich um und entdeckte Jackie. Sie trug eine Jeansjacke mit Fransen und begutachtete mich ziemlich misstrauisch. Ohne zu zögern trat sie zu dem Kojotenwolf und tätschelte ihm den Kopf. In dem dunkler werdenden Abendlicht hatte ich das Gefühl, als wollte sie sich mit ihm gegen mich verbünden – wie eine Ehefrau, die ihren Mann dazu auffordert, einen unerwünschten Gast so schnell wie möglich wieder loszuwerden.

    »Ich war spazieren«, erklärte ich. »Ich hatte keine Ahnung, dass du hier oben wohnst. Eigentlich bin ich nur vom Weg abgekommen.«
    Jackie betrachtete mich aus schmalen

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