Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)
Mantel um die Schultern gelegt. In ihrer Hand Steffens Mauser, jagte sie jedem der toten Männer auf der Lichtung eine weitere Kugel in den Kopf.
Sie war völlig in sich selbst versunken. Als seien sie, die Toten und Steffens alte Mauser, allein auf der Welt. Auf eine verdrehte Weise hatte dieses Bild etwas Unschuldiges. Selbst dann als sie sich über den dritten und letzten Toten beugte, ihm die Pistole an den Kopf setzte.
Der nächste Schuss. Feiner roter Nebel, stieg von dem Toten auf.
Das Bild zerbrach.
Der Junge zog das Pferd hinter sich her auf die Lichtung. Ich bin ziemlich sicher, dass ihm seine toten Kameraden im Schnee egal waren. Was immer seinen Eifer hervorgerufen hat – er hätte besser bleiben sollen, wo er war. Sobald Catherina ihn zwischen den Bäumen aus dem Unterholz treten sah, hob sie die Mauser und jagte ihm eine Kugel in die Brust. Er vollführte eine Drehung, Blut spritze aus seinem Mund. Er hielt das Halfter des Pferdes noch in der Hand als er im Schnee aufschlug.
Vielleicht habe ich irgendetwas gerufen. Vielleicht versuchte ich Catherina daran zu hindern. Ich weiß es nicht.
„ Rühr ihn nicht an, Hauptmann!“
Ich stand zwischen ihr und dem toten Russen. Die Arme hilflos ausgebreitet. Mein Gesicht ein einziges Fragezeichen.
„ Warum hast du das getan?“
Sie steckte Steffens alte Mauser in die Manteltasche. Sah mich an. Da war keine Angst in ihren Augen. Kein Zorn, nicht einmal Erregung. Einfach ein langer völlig ausdrucksloser, scheinbar in sich selbst ruhender Blick.
Ich kannte diesen Blick. Im Lager nannten wir es Tunnelblick. Er war das Zeichen, an dem du todsicher erkennen konntest, dass einer kurz davor stand Schluss zu machen, indem er den Kopf in den Zaun steckte, oder plötzlich laut brüllend auf den Wachturm zuzulaufen. Wenn Du diesen Blick einmal gesehen hast, vergisst du ihn nicht mehr. Die Lager hatten lange nicht das alleinige Patent dafür.
„ Max ist tot – und Steffens.“ So etwas wie Leben kehrte in ihre Augen zurück.
„ Ich weiß. Ich habe sie gesehen.“ Ich wandte mich dem toten Jungen zu. Löste seine Hand vom Halfter und führte das unruhige Tier ein paar Schritte von der Leiche weg.
„ Was ist passiert?“
„ Das, wonach es ausgesehen hat.“
Als ich sie zu berühren versuchte schüttelte sie meine Hand ab.
„ Es gibt noch mehr von ihnen. Sie haben ein Lager. Irgendwo nördlich von hier.“
Seltsam, aber ich habe keine Sekunde darüber nachgedacht, was ihre Information bedeuten könnte, sondern nur das Gewehr geholt und nachgeladen.
„ Ich denke ich weiß, wo sie sich verstecken. Ein paar Kilometer von hier gibt es ein verlassenes Gehöft. Steffens hat mich mal hingeführt.“
PARIS /1969
Über eine Stunde hockte Rabier nun schon allein in dem Zimmer. Das passte nicht zu ihm. Molet machte sich ernsthaft Sorgen um seinen Chef.
Und als sei das nicht genug, ging ihm auch noch der Revierleiter auf den Geist. Der alle paar Minuten ankam, um sich zu erkunden, was zur Hölle nun mit diesem alten Mann und der Nutte passieren sollte, die er in seiner Verwahrzelle weggeschlossen hatte.
Nach dem fünften oder sechsten Anruf des Revierleiters hatte Molet endgültig genug. Er knallte den Hörer auf die Gabel und steckte sich eine Zigarette an.
„ Ich hab die Schnauze voll“, verkündete er der Sekretärin, stand vom Schreibtisch auf und durchquerte das Vorzimmer. Ohne anzuklopfen betrat er Rabiers Büro.
Zehn Minuten darauf bestellte Rabier über die Gegensprechanlage bei der Fahrbereitschaft des Innenministeriums einen Wagen.
„ Nein, keinen Fahrer. Ich fahre selbst.“
Ich versuchte gar nicht erst Catherina davon abzuhalten, nach dem Lager der Marodeure zu suchen. Sie befreite ihr Pferd von seiner Last und band es neben meinem an einen Baum.
Ich fragte nach dem Überfall. Keine Antwort. Nicht mal ein Kopfschütteln. Sie zog einfach weiter, Richtung Norden durch den Schnee. Die Hände tief in die Manteltaschen versenkt. Ich wusste, wann ich verloren hatte. Es war nicht die Zeit mit ihr darüber zu reden. Also ließ ich es bleiben.
Ich weiß nicht mehr wie lange wir uns so schweigend durchs Unterholz schlugen. Ich denke, es muss so gegen Mittag gewesen sein, als ich die Lichtung erreichte. Der helle Fleck am Himmel, wo sich hinter tief hängenden Wolken die Wintersonne verbarg, hatte sich bereits bedenklich nach Westen geneigt, als Catherina mich auf eine merkwürdig schleppende Spur im Schnee aufmerksam machte. Kein
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