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Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition)

Titel: Wolfswechsel - Aktionspreis für begrenzte Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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bekanntes Tier hinterließ eine solche Spur.
    Wir folgten ihr. Und wir taten es ganz offen. Kein Versteckspiel. Nichts. Sie würden wissen, dass wir kämen.
    Der Mann in dem blauen Frauenmantel muss uns zuerst gesehen haben. Starr vor Erstaunen stand er plötzlich vor uns. Sein rechtes Bein war ungeschickt mit Stofffetzen und Stöcken geschient worden. Er öffnete den Mund, brachte jedoch keinen Ton heraus. Catherina schoss ihm in den Kopf. Zuckend schlug er nieder.
    Irgendwo ertönte ein Schrei. Dann ein Schuss. Vor unseren Füssen stob Schnee auf. Wir rannten auf den Schützen zu. Ein zweiter Schuss. Ein heller, schmerzhafter Ton in meinem Ohr. Das muss die Kugel gewesen sein. Sie kann meinem Kopf nur um Zentimeter verfehlt haben. Ich hob Steffens Jagdgewehr und feuerte blind drauflos.
    Hinter zwei riesigen Ulmen ein verfallenes Gehöft. Von Scheune und Stall zeugten nur noch Grundmauern. Das Haus jedoch war besser erhalten. Sogar ein Teil des Daches hatte dem Zahn der Zeit widerstanden.
    Es war, als hätte sich vor mir eine riesige gläserne Wand erhoben. Abgesehen von dem Mann der auf uns schoss war ich blind für alles, was um mich herum geschah. Wieder Schüsse. Catherina fiel neben mir zu Boden. Doch ich nahm es nur wahr wie die Bilder eines Films. Eines Films der nichts mit mir zu tun hatte.
    Die Fensterlöcher des Hauses waren notdürftig mit Moos, Holzresten und Lumpen abgedichtet worden. Und statt einer Tür hing eine schwere Pferdedecke vor dem Eingang.
    Ich feuerte das Gewehr darauf ab. Die Pferdedecke ging in Fetzen.
    Ich stürmte ins Haus. Dunkelheit. Ich fiel zu Boden. Rappelte mich wieder auf. Lief einfach weiter. Gut möglich, dass ich dabei irgendetwas in die Dunkelheit hinein brüllte. Ein kleines Kind in einem finsteren Wald, das sich seiner selbst mit Hilfe eines Schreis versichern muss.
    Etwas, das vor mir am Boden lag brachte mich erneut zu Fall. Ich verlor das Gewehr. Vor mir Tritte und schweres Atmen. Ich blieb am Boden. Tastete panisch nach dem Gewehr. Es war leer geschossen und hätte mir höchstens noch als Keule genutzt. Aber soweit denkst Du nicht, wenn Du weißt, dass irgendwo im Dunkeln der Tod lauert. Da brauchst Du etwas, an dem Du Dich festhalten kannst. Und sei es bloß ein nutzloses Souvenir.
      Ich kroch mit der Nase in Dreck und Schutt auf einen fahlen Lichtschimmer zu, da wo weit über mir ein Loch im Dach klaffte. Ich wusste nicht, wo der Mann war, der auf mich geschossen hatte. Ich wusste nur, dass er noch da war und, dass er es wieder tun würde. Das war alles, was ich zu wissen brauchte. Das war alles, was zählte.
    Schließlich sah ich ihn. Er hockte halb hinter einem umgeworfenen Tisch, dabei seine Pistole nachzuladen. Er blieb, wo er war. Nur seine Bewegungen wurden hektischer. Wir sahen uns an, sahen dieselbe Angst in unseren Augen stehen. Die Pistole in meiner Tasche war geladen. Er brauchte zu lange. Ich schoss ihm ins Gesicht. Es zersprang in einem feinen Nebel aus Dreck, Staub und Blut.
    Ich sprang auf. Schrie. Lief auf ihn zu. Jagte eine zweite Kugel in seinen Körper.
      Als Catherina und ich wortlos loszogen, hatte ich keinen Gedanken daran verschwendet, weswegen ich tat, was ich tat – ich tat es eben.
    Jetzt den Mann vor mir, dem ich das Gesicht weggeschossen hatte, war es, als trat ich plötzlich aus einem langen dunklen Tunnel ans Licht. Was ich da sah war nichts, was ich sehen wollte. Da war es dennoch. Ich hatte nicht zum ersten Mal getötet. Aber hier war nicht das Lager.
    Ich sah durch das Loch im Dach zum Himmel auf. Trübes tiefes Grau.
    Allmählich klang das Adrenalin ab. Bleischwere Müdigkeit blieb. Meine Knie wurden weich, meine Hände begannen zu zittern. Es wurde schlimmer. 
    Meine Hände mochten zittern, doch mein Hirn blieb klar. Ich war nicht unschuldig. Ich war nicht sauber. Ich hatte zuvor schon getötet. In den Lagern war kein Platz für Ambivalenzen. Ich hatte mich fürs Überleben entschieden. Und Überleben hatte dort seinen Preis. Man geht nicht durch die Hölle ohne sich die Finger zu verbrennen. 
    All die Bilder kamen zurück. Eine Wand aus Licht und Glas, durch die hindurch meine Toten nach mir griffen. Als wollten sie über die Grenze zurück ins Leben treten, um sich an mir zu rächen.
    Das Licht am Ende dieses langen dunklen Tunnels war so unbarmherzig klar, dass ich fast darin erfroren wäre.  
    Catherina fand mich neben dem Toten. Seine Hand lag in meinem Schoss. Ich streichelte sie wie die eines Kindes.
    „ Es ist

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