Wolke 7 inklusive
hellen Himmel sehen. Als sie sich aufrichtete, stellte sie fest, dass auf der Strandpromenade schon rege Betriebsamkeit herrschte. Nur – was half ihr das? Solange niemand in die Nähe dieses Bootes kam, war sie ihrem mysteriösen Entführer ausgeliefert.
Tränen standen ihr in den Augen. Panik stieg auf. Was würde mit ihr geschehen? Wäre ihr Leben in Gefahr?
Sie dachte an Markus. An zu Hause. An ihr Geschäft und an Marion. Aber auch an Ian, seine reizende Großmutter.
An Oliver Bergstaller und Bert Schrader. Er schien auch ein ziemlich undurchsichtiger Typ zu sein. Aber mit ihrem Kidnapping hier auf Mallorca hatte er sicher nichts zu tun.
Vom Bootssteg her hörte sie Geräusche. Männer unterhielten sich, sie hörte spanische und englische Wortfetzen. Verzweifelt rief sie wieder um Hilfe – aber niemand hörte sie.
Drückend schwül war es heute! Und die Kunden – ätzend, einer wie der andere! Glaubten, sich alles herausnehmen zu können, nur weil sie am längeren Hebel saßen. Wie leid er das alles war! Wie er es hasste, sich jeden Morgen wieder in diese Tretmühle begeben zu müssen!
Nicht ein einziges positives Ergebnis hatte der heutige Tag gebracht. Im Gegenteil, ein Kunde war abgesprungen, weil Bert Schrader es nicht geschafft hatte, den gewünschten Fotografen für die Werbekampagne zu engagieren.
Damit war ein Dreißigtausend-Euro-Auftrag weg!
Und auch eine Grafikerin hatte gekündigt – dumme Zicke! Er soll sie sexuell belästigt haben! So ein Unsinn. Die sollte froh sein, dass ihr überhaupt jemand an die Wäsche ging! Er hatte mal nach ihren Titten gegriffen, gut und schön, aber das war doch nichts Besonderes! So, wie dieses blonde Nichts auch nichts Besonderes war. Weder als Frau noch als Grafikerin.
Fakt war jedoch, dass sie ihm jetzt fehlte und er sich mit
einer Grafikagentur in Verbindung setzen musste, wenn er nicht die beiden laufenden Aufträge verlieren wollte.
Bert tastete nach seinem Jackett – es mussten doch noch ein paar Pillen da sein!
Nichts mehr. Verdammte Scheiße!
Sein Dealer gab ihm nichts mehr, weil er total abgebrannt war. Nicht mal einen Fünfziger konnte er mehr lockermachen. Der Benzintank war bald leer, und die Stallmiete war ebenso fällig wie die Miete für sein Penthaus.
Er beschloss, den letzten Kundentermin einfach sausenzulassen. Der alte Weyer war ein Choleriker, den konnte er heute auf keinen Fall auch noch ertragen! Aber es wäre wohl besser, sich gar nicht erst in dessen Firma zu melden und irgendeine Ausrede zu gebrauchen. Ignorieren hieß die Devise!
Statt zu arbeiten, würde er erst mal versuchen, einen der Dealer zu erreichen, die immer an bestimmten Plätzen in der City herumlungerten. Es musste doch möglich sein, wenigstens ein bisschen Stoff auf Kredit zu ergattern. Schließlich hatte er auch was zu bieten!
Der Arzt fiel ihm ein. Dieser Dr. Bergstaller kam fast jeden Abend in den Stall. Ob er immer noch seine Arzttasche im Wagen liegen hatte? »Bestimmt«, murmelte Bert vor sich hin. »Die sind doch immer irgendwie im Dienst. Und wenn was aufgebraucht ist, wird aufgefüllt …«
Von einer Sekunde zur anderen änderte er seinen Plan.
Statt in die Stadt fuhr er zum Stall hinaus. Reitklamotten hatte er immer im Kofferraum.
Er war nicht allzu enttäuscht, dass das Auto des Arztes noch nicht zu sehen war. Der hatte sicher noch in seiner Praxis zu tun. Also würde er selbst erst mal ein bisschen ausreiten, dann versuchen, ein paar der Mädels aufzumischen …
Bert bekam nicht mit, dass der Stallbesitzer zum Telefon griff und eine Nummer der Polizei wählte. »Schrader ist wieder da«, sagte er. »Gestern war er nicht hier, aber jetzt reitet er aus.«
»Danke für die Information.« Jörg Ellersen, Kriminalbeamter und ein guter Bekannter von Dr. Oliver Bergstaller, machte sich auf den Weg.
Er erschien fast gleichzeitig mit Oliver.
»Hast du alles präpariert?«, wollte er wissen.
Der Arzt nickte. »Auf dem Nebensitz liegen zwei Packungen mit Aufputschmitteln – allerdings ist nur Pfefferminz drin. Und meine Tasche steht auf dem Rücksitz. Nie wäre ich in Wirklichkeit so leichtsinnig. Wollen wir hoffen, dass der Kerl keinen Verdacht schöpft, weil ich es ihm so leicht mache.«
»Warten wir’s ab.«
Die Geduld der beiden Männer wurde noch auf eine harte Probe gestellt. Erst einmal ritt Bert Schrader aus, dann amüsierte er sich mit einigen Leuten im Reiterstübchen. Er
gab zwei Runden aus, flirtete mit drei jungen Mädels
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